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Was wir als Deutsche in der Schweiz vermissen — Die Pommesbuden

(reload vom 13.11.05)

  • Alle 600 Meter eine Pommesbude
  • Wir vermissen die Pommesbuden. Sie sind ein wichtiger Teil nordwestdeutscher Lebenskultur. Falls Sie mal mit der Strassenbahn oder dem Auto von Bochum nach Gelsenkirchen durch das Ruhrgebiet fahren sollten, werden sie auf 12 Km nur durch Stadtlandschaft fahren. Der Ruhrpott ist ein einziger „Städtebrei“, eine Grossstadt geht nahtlos in die andere über, und irgendwann ist plötzlich Schluss und es beginnt das Münsterland. Unterwegs können Sie sich die Zeit mit „Pommesbuden-Zählen“ vertreiben. Wir kamen beim Zählen auf 20, was einen mittleren Abstand von 600 Metern zwischen zwei Pommesbuden bedeutet.

    Dazwischen findet sich jeweils eine „Trinkhalle„, so heissen hier die Kioske oder „Büdchen“ für den Flaschenbier Verkauf. Früher wurden die Schnellimbiss-Lokalitäten, in denen man sich sogar hinsetzen kann und gepflegt mit Messer und Gabel von Tellern speist, von Deutschen betrieben, später übernahmen die Griechen das Geschäft, führten Gyros und Pitta in die Ruhrgebietsküche ein, und heute sind diese Lokalitäten meist fest in türkischer Hand.

    Die traditionelle „Currywurst“ mit heisser roter Sosse ist geblieben, egal wer da gerade die Friteuse bedient.
    Eine echte Currywurst
    (Quelle Foto: www.golocal.de)

    Pommes Rot-Weiss“ ist eine Portion Pommes Frites mit Ketschup und Mayonnaise, gerne auch „Pommes-Schranke“ (denn die Bahnschranke ist auch rot-weiss gestreift) genannt. „Rot-Weiss“ heisst auch ein Fussballverein: Rot-Weiss Essen. Dazu eine echte Currywurst, das sind hier die Klassiker (und ich kriege schon Hunger, wenn ich nur darüber schreibe).
    Pommes Rot-Weiss

  • Die Entdeckung der Currywurst
  • Der Hamburger Uwe Timm hat darüber ein tolles Buch geschrieben: „Die Entdeckung der Currywurst„. Kein Sachbuch, sondern eine ganz fabelhaft erzählte Novelle, die sogar auf Englisch übersetzt wurde. Etwas, dass sehr selten geschieht in der Deutschen Literatur. Einige tausende Titel werden jährlich aus dem Englischen ins Deutsche übersetzt, aber nur wenig hundert Sachbuchtitel und noch weniger Literarisches findet den Weg zurück in den Englisch-Amerikanischen Markt.
    Die Entdeckung der Currywurst von Uwe Timm
    Nebenbei bemerkt: Wie das Rezept für die Currywurst entdeckt wurde, das erfahren Sie auch in dem Buch, aber es ist nur eine ganz kleine Geschichte am Rand. Eigentlich ist es eine ganz ausserordentliche und ungewöhnliche Liebesgeschichte in den letzten Tagen des 2. Weltkriegs in Hamburg.

  • Wo gibt es Pommes Frites in der Schweiz?
  • In der Schweiz haben wir da nur MacDo und ab und zu einen Döner-Kebab, der sich auch in Sachen „Currywurst“ versucht. Etwas Bratwurst mit Ketschup und Currypulver soll dann unseren Ansprüchen genügen. Keine Chance!
    Currywurst vom Wurststand am Zürcher Hauptbahnhof isst man als Deutscher auch nur genau ein Mal: Viel zu fett, die Wurst wurde nicht auf dem Rost gebraten sondern in der Pfanne in Fett, und dazu wird eine bananen-gelbe Sosse als „Curry“ gereicht, die vielleicht besser zu Reis und Huhn passen würde. Noch dazu das Ganze doppelt so teuer wie in Deutschland.

    Die „Pommes-Kultur“ ist übrigens absolut kein gesamtdeutsches Phänomen. Im Schwabenland um Stuttgart werden Imbiss-Stuben schon um 18.30 Uhr geschlossen, also ziemlich genau dann, wenn der normale Norddeutsche gerade mal anfängt, Lust auf eine „Portion Pommes Schranke“ zu bekommen. Es gibt da mächtige Unterschiede zwischen dem Norden und Süden in Deutschland. Der Schwabe geht abends lieber heim und „schlotzt“ sein Viertele Wein allein vor dem Fernseher, während weiter nördlich an Rhein und Ruhr die Eckkneipe bei vielen zum zweiten Wohnzimmer wird und die Imbiss-Stuben bis um Mitternacht geöffnet sind. Aber jetzt krieg ich Heimweh und höre besser auf zu schreiben. Reich mir doch mal die Kleenex-Schachtel…

    

    19 Responses to “Was wir als Deutsche in der Schweiz vermissen — Die Pommesbuden”

    1. Chrisbo Says:

      Cevelat-(?) oder Kalbsbratwürstchen, natürlich Swiss Quality, damit man auch die Chauvis als Zielgruppe nicht aus den Augen verliert, dazu eine schlonzige, fein abgestimmte Currysauce und fertig ist die Schweizer Currywurst. 🙂

      Als Alternative die Teutonen Currywurst, die im Unterschied dazu mit importierten teutonischen Rostbratwürstchen ihr Dasein fristet. 🙂

      Eine solche Franchise-Kette fehlt in der Schweiz.

    2. eHeldin Says:

      Hallo Herr Wiese,
      seit nunmehr einem Jahr bin ich auch in der Schweiz und fühle mich sehr angekommen. Wenn ich jedoch diesen Beitrag lese, vermisse ich die früher als ungesund verschmähte Currywurst schon auch. Kennen Sie denn einen wirklich guten Verkauf in Zürich, Bülach oder Umgebung? Ich wäre ihnen für jeden Tipp sehr dankbar!
      Beste Grüsse,
      eHeldin

    3. Yogi-TheBear Says:

      Der SCHWEIZER kennt halt nur seine CERVELAAAAAAAAA!

    4. Yogi-TheBear Says:

      …hab ich noch vergessen: Mit unbekanntem INHALT! Separatorenfleisch?

    5. R.Schaedeli Says:

      In NW deutschen Krimiserien sieht man diese Pommesbuden jedesmal und es scheint als ob die Kommissare sich nur von Currywurst ernähren.Die lieben Kommissare hatten nie die Gelegenheit eine richtige St.Galler Wurst zu geniessen. die sehr gut schmeckt ohne eine Schmiere darüber.Bin froh ,dass wir in der Schweiz auf derlei Frass verzichten können.

    6. AnFra Says:

      Für manch einen Schweizer mag es ein erhebendes Gefühl gewesen sein, nach dem Genuss der St. Galler Dickwurst mehr Hirn im Bauch als in der Birne zu haben. Mahlzeit und an Gueten.

    7. pfuus Says:

      St.Galler Bratwurst – ja, wenn da nicht die Roten vom Freiburger Münsterplatz wären! ;-P

    8. Yogi-TheBear Says:

      HOI…R.Schaedeli! Die heissgeliebte St.Galler! Weiss man da inzwischen eigentlich ganz genau, was da eigentlich wirklich drin – bzw „reingewurstelt“ ist???
      ICH galube NICHT!

    9. digitus73 Says:

      Die beste Currywurst in Züri gibt’s am Bellevue. Mit Brot statt Pommes, 1 oder 2 Stangen und der Abend kann kommen. Sternengrill heisst er, und manch einer behauptet gar, dass sei die beste Wurstbude auf dem alten Kontinent.

    10. Chrisbo Says:

      Für manch einen Schweizer mag es ein erhebendes Gefühl gewesen sein, nach dem Genuss der St. Galler Dickwurst mehr Hirn im Bauch als in der Birne zu haben. Mahlzeit und an Gueten.

      😀 Ein bischen krass formuliert, aber im Zuge der hier vertretenen Promillenz, scheint die Schlussfolgerung zutreffend zu sein. 🙂

      Es wäre eine echte Herausforderung, das Curry-Aroma auf das Cervelat-Aroma abzustimmen, weil üblicherweise das Curry-Aroma im Vordergrund steht.

      Aber es gibt noch Hoffnung Herr Wiese. Ich habe erst kürzlich einen Eidgenossen in meiner Lieblingsfrittenbude rasten sehen. Die besteht schließlich auch erst seit schlanken 40 Jahren.

    11. AnFra Says:

      @Chrisbo

      Nein, nicht Promillenz, eher Schluderenz. Dank für den Hinweis wg. „…Schweizer…“ bezüglich des Hirns im Bauch. Da ich vor dieser obigen Schreibe in einem anderen Blog mit einem Schweizer ein leichtes Gefecht über Qualität schweizerischen und deutschen Art hatte, hat sich auf freudsche Unart anstelle des gewollten „Genießer“ halt dieser „Schweizer“ reingeschlichen. Achtung: Das ist keine politische Entschuldigung, nur eine sachliche Richtigstellung!

      Habe schön öfters diese St.-Galler-Dickwurst genossen. Die zugesicherten und erstrebten kulinarischen Höhepunkte sind immer ausgeblieben, aber der gerühmte „Bauchverstand“ hat merklich eine Steigerung erfahren. Dank des „Hirns“? Ist halt auch nur eine „Hirnwurst“, diese Cervela.

    12. Brun(o)egg Says:

      Stellt euch mal eine Currywurst ohne Curry vor?! Geht Richtung alter Fahrradschlauch. Das einzig posotive an der Curraywurst ist, dass esfür deutsche Verhälnisse mal keine „Sahne“ dran hat.

    13. tyrannosaurus Says:

      @Schaedeli: Sie denken da wohl an die beiden Tatort-Kölner Freddy Schenk (Dietmar Bär) und Max Ballauf (Klaus J. Behrendt):

      http://www.stern.de/kultur/film/max-ballauf-und-freddy-schenk-koelsch-und-bratwurst-sind-immer-mit-dabei-540930.html

      Also andere Currywurstabhängige Teutonenkommissare wären mir eigentlich nicht bekannt…

    14. freakmode Says:

      Als kleiner Tipp, eine für Schweizer Verhältnisse gute Currywurst gibts in Zürich am Goldbrunnenplatz bei Curry One. Nicht so unverschämt teuer und auch qualitativ besser als der Sternengrill am Bellevue. Die Pommes könnten etwas besser sein, aber man nimmt ja nach langen Entzug auch Kompromisse in Kauf ;). Auf der Langstrasse nähe Limmatplatz in Zürich gibt es noch das Körry. Hab ich selbst noch nicht probiert da, aber er importiert die Wurst aus Deutschland und bietet wohl auch original Thüringer Rostbratwurst an.

    15. Chrisbo Says:

      Nein, nicht Promillenz, eher Schluderenz. Dank für den Hinweis wg. „…Schweizer…“ bezüglich des Hirns im Bauch. Da ich vor dieser obigen Schreibe in einem anderen Blog mit einem Schweizer ein leichtes Gefecht über Qualität schweizerischen und deutschen Art hatte, hat sich auf freudsche Unart anstelle des gewollten „Genießer“ halt dieser „Schweizer“ reingeschlichen. Achtung: Das ist keine politische Entschuldigung, nur eine sachliche Richtigstellung!

      Politisch war die Aussage sowieso nicht, sie richtete sich nur an den Dünkel, den betroffene Person zu Tage fördert. 🙂

      Stellt euch mal eine Currywurst ohne Curry vor?! Geht Richtung alter Fahrradschlauch. Das einzig posotive an der Curraywurst ist, dass esfür deutsche Verhälnisse mal keine “Sahne” dran hat.

      Eher in Richtung fruchtige Tomatensauce mit Bratwurstgeschmack. Nur nicht vergessen, Aromat anzubieten. 😀

    16. AnFra Says:

      @Chrisbo

      Nun, Eure hochwohlgeborene Wurstilenz, sind in der CH die Cervelas, diese sagenhaften „Hirnwürste“, ausgegangen? 🙂

    17. tobi Says:

      Also die „Pommesbuden“ vermisse ich wirklich nicht. Was mir hingegen wirklich fehlt, sind griechische Restaurants, wo man ein einfaches Gyros mit Salat zum kleinen Preis bekommt. An jeder Ecke gibt es eine Dönerbude … wo sind bloss die griechischen Gastronomen in der Schweiz?

    18. Hans Nötig Says:

      Willst du nicht auch Mejones schreiben?

    19. Oliver Says:

      Es ist tatsächlich schwierig eine lecker Currywurst zu finden. Vor allem aus nicht-Zürich! CurryWurstWüste Schweiz 🙂
      Immerhin bin ich nicht alleine mit dem Problem.

      Ich habe das Selbermachen nun aufgegeben. In der Schweiz fand ich nicht die richtige Wurst und auch kein vernünftiges Rezept für die Sauce.

      Ich habe deshalb damit begonnen, Würste zu importieren: darf ich hier http://www.currymeister.ch empfehlen?

      …. jesses ist Kopfrechnen anstrengend 🙂