-->

Ein Feiertag nur für die Schweizer — Woher kommt der Berchtoldstag

  • Viele Namen für einen Feiertag
  • Es gibt nur wenige Tage im Jahr, an denen man sich als Deutscher in der Schweiz darüber von Herzen freut, nicht mehr im „grossen Kanton“ zu leben, sondern von den echt Schweizerischen Feiertagen zu profitieren zu können. Dazu zählen neben dem 1. August (siehe Blogwiese:) natürlich der verlängerte Start ins neue Jahr mit dem „Berchtoldstag“.

    Dieser Feiertag hat nicht nur eine Reihe von unterschiedlichen Namen, er findet auch nicht immer am gleichen Tag statt:

    Der Berchtoldstag (Bechtelstag, Bechtle, Bechtelistag) ist ein Feiertag in Gegenden mit alemannischer Bevölkerung, insbesondere im Elsaß und in der Schweiz.
    Er fällt in den verschiedenen Gegenden bald früher, bald später an den Jahresanfang, ist aber jeweils ein unbeweglicher Feiertag. Meist werden an dem Tag nur noch Kinderfeste gefeiert. Es werden Gaben gesammelt und an ärmere Leute vergeben, vielleicht als Erinnerung an das altdeutsche Opferfest im Januar (Bechten, Pechten). (Quelle Wiki:)

    Jedenfalls hat der Tag nichts mit Berthold von Zähringen zu tun, dem Gründer der Zähringer Städte Bern, Freiburg im Breisgau und Fribourg en Suisse.

    Von Frau Holle, Perchta, Berchta und Bertold
    Der Berchtoldstag hat einen heidnischen Ursprung und geht auf die altgermanische Dämonin „Perchta“ hin, die es bis in die Märchen der Gebrüder Grimm als „Frau Holle“ geschafft hat:

    „Bächtele“, „Berchten“ bedeutet „heischen, verkleidet umgehen und schmausen“; es weist hin auf „Perchta“, eine altgermanische Dämonin, die zu Wotans (Odins) „Wildem Heer“ gehört, mit diesem in den „Zwölf Nächten“ oder „Rauhnächten“, den dunkelsten des Jahres, ihr Unwesen treibt und in vielerlei Bräuchen wie z. B. dem Perchtenlauf (…) nachahmend gebannt wird: schrecklich vermummte Gestalten toben durch die Nacht und müssen mit Gaben, die sie einfordern, besänftigt werden. (Auch der bis vor kurzem allgemein lautstark und mit z.T. zerstörerischem Schabernack „gefeierte“ Schulsilvester ist davon ein Abbild).
    (Quelle:)

    Der Berchtoldstag findet mitten in den Rauhnächten statt, heisst es. Ob das besonders kalte und raue Nächte sind? Nein, es kommt vom „Rauch“, vom „Weihrauch“, mit dem man im Mittelalter die bösen Geister zu vertreiben suchte. „Den Rauch reinlassen“ sagt man heute noch, wenn man das Böse vertreiben möchte:

    Rauhnacht
    Unter den 12 Rauhnächten verstand man die Zeit zwischen dem 24. Dezember (ursprünglich 21. Dezember: Thomastag) und den 6. Jänner. Sie war charakterisiert durch eine besondere Andacht und Arbeitseinschränkung. Die Zeit galt als besonders heilig, gleichzeitig war es eine Zeit, in der vermehrt Bräuche stattfanden. Man glaubte, daß in den Rauhnächten die Percht, eine Sagengestalt, durch die Gegend schleicht. Deshalb stellte man für sie Milch und Brot vor die Tür. (…)
    Der Begriff „Rauhnacht“ leitet sich vom „Ausräuchern des Hauses“ ursprünglich wahrscheinlich durch einen Priester ab. Durch diese Segnung glaubte man im Spätmittelalter, Geister und Dämonen abzuwehren. (Quelle:)

  • Das kleine Rauchopfer
  • Heute wird nur noch ein „kleines Rauchopfer“ gefeiert, wie es der Chinese im Roman „Briefe in die Chinesischen Vergangenheit“ von Herbert Rosendörfer bezeichnet. Gemeint hat er damit das Abbrennen von Zigaretten.

  • Am Berchtoldstag nach Aldi
  • In der Not setzen sich viele Schweizer an diesem Feiertag ins Auto um in das benachbarte Ausland zum Einkaufen zu fahren, denn dort sind alle Geschäfte geöffnet. So trifft man sich dann bei Aldi in Jestetten, in der Not, denn sonst würde man ja nie auf die Idee kommen, hier hin zu fahren, von wegen der schlechten Qualität der Lebensmittel und so…

    

    11 Responses to “Ein Feiertag nur für die Schweizer — Woher kommt der Berchtoldstag”

    1. Urs Müller Says:

      Das mit dem Ausräuchern der Häuser haben heuer ja auch wieder ein paar Leute zu wörtlich genommen. Man soll ja auch nicht den Weihnachtsbaum, sondern die Kerzen darauf anzünden.
      Im Ernst, das Thema „Räuchern“ hat meine Neuronen zum Feuern gebracht und irgendwie den Begriff „Hausräuke“ zum Sprachprozessor gesandt.
      Google findet unter diesem Begriff ein paar Seiten. Ich selbst kann aber auch nicht sagen, wie häufig und wo der Brauch in der Schweiz noch gelebt wird.

    2. Videoman Says:

      Es ist nicht bei allen frei am 2. Januar. Hier im Kanton Schwyz müssen wir heute arbeiten. Wir haben ja am 6. dann frei.

    3. eggestei Says:

      Oder man fährt ins Shopping Center Spreitenbach, die haben dieses Jahr das erste Mal am 2. Januar geöffnet und kündigen dies auch mit grossem Plakatwerbeaufwand an.

      es guets Nois btw… und mach weiter so, es ist immer ganz amüsant deine Blogs zu lesen

    4. Andreas Says:

      Ja, Frau Holle. Laut „Die Wolfsfrau“ von Clarissa Pinkola Estés, kennt man selbige wiederum auch noch als Baba Yaga, welche viel in Osteuropäischen Märchen auftaucht und ihre Ursprünge ebenso in vorchristlichen Religionen hat. Angeblich leitet sich „Holland“ auch von Frau Holle ab.

    5. mimei Says:

      Mein Arbeitskanton SG hat heute auch nicht frei, aber mein Wohnkanton Zürich schon, und da ich ein Frühaufsteher bin und vergessen habe das heute der Sonntagsfahrplan gilt war ich heute eine Std zu früh an der Haltestelle, Frust? ja!

    6. Peter Says:

      Der Berchtoldstag wird in der Stadt oft einfach als zusätzlicher Feiertag am Jahresanfang angesehen, auf dem Land wird aber schon noch gefeiert. Normalerweise trifft man sich zu eher ruhigeren Veranstaltungen in geselligem Umfeld von Bekannten. Mit Schwatzen, Spielen und Essen geht die Zeit vorbei. Typische Mahlzeiten sind Gerstensuppe, Geräuchtes, Schüblig, kalte Platte etc.. In Bülach kann man auch von Kneipe zu Kneipe ziehen. Viele heimatkundliche Vereine veranstalten ihren Neujahrsapero am Berchtoldstag.

    7. Janine Says:

      Also gestern in Singen beim Wal-Mart war gähnende Leere, obwohl wir mit einer schweizerischen Invasion gerechnet hatten – so wurde es dann zum gemütlichen Einkaufsbummel…
      Dafür herrschte an unserem Wohnort Rafz Remmidemmi bis in die Puppen und ich frage mich wer bei diesen Temperaturen und diesem Wetter wirklich auf Festzelt abfährt ????

    8. clarissa Says:

      Und ich hätte schwören können, dass der Berchtoldstag (hier auch „Bertelitag“ genannt) immer am 2. Jänner ist. Hatte vermutet, dass das der Namenstag des hl. Berchtold ist. *gg*
      Schon wieder was dazu gelernt! Sehr interessant!
      Btw. In BS / BL (oder in Teilen davon) wird am Berchtoldstag ganz normal gearbeitet.

    9. Georges Says:

      Die ganz korrekte und vollständige Liste der Schweizer Feiertage findet man bei google mit Eingabe des Suchwortes:

      jours_feries_en_suisse_2005.pdf

    10. Sandra-Lia Says:

      öh, also ich kenne viel wo au i aldi fahret, wels der halt ca. 50% billiger isch.

    11. animei Says:

      Ich lese als eine in Berlin lebende Schweizerin immer wieder gerne die Blogwiese. Und habe mich gefreut über die Erwähnung der Percht – die übrigens gerne auch durch Brandenburg streift „zwischen den Jahren“. Zu den Rauhnächten gibt es bei Wikipedia wichtige (und meiner Ansicht nach richtige) Definitionen, die noch einiges älter sind als die erwähnten, christlichen aus dem Mittelalter. Und wenn wir schon beim Brauchtum sind, dann bliebe doch noch der wunderbare Dreikönigskuchen zum Abschluss der Rauhnächte zu erwähnen. Diesen muss ich mir in Berlin leider jedes Jahr selber backen …