Zum Frühstück einen Schweizer anknabbern — Was frisst Sie an?
(reload vom 22.02.07)
Wenn in Deutschland ein Kind etwas Dummes angestellt hat, dann sagt man von ihm, es habe „etwas ausgefressen“. Niemand denkt an Kuchen oder andere Leckereien, die vielleicht ursprünglich „aufgefressen“ wurden, als der Hunger besonders gross war. Essen kann man in Deutschland eine ganze Menge Menschen. So den bekannten „Berliner“, den „Hamburger“, den Bremer bei der Nordsee, den „Amerikaner“ in schwarzer oder weisser Version, aber auch die in Freiburg im Breisgau offerierte „Studentenschnitte“.
(Quelle Foto: das-rezeptbuch.de)
Altmeister und Chaos-Comix Zeichner Gerhard Seyfried erfand dann noch in den wilden 80ern die „Bulletten“ neben der „Freakadelle“ ( „Freakadellen und Bulletten, Elefanten Press, Berlin 1979).
(Quelle Foto: Poster aus Seyfrieds Cannabis Collection 2003)
Die Schweizer brauchen das nicht. Wenn sie Hunger verspüren oder eine sonstige Leidenschaft an ihnen nagt, werden sie zu Kannibalen. Sie nagen sich dann selbst an oder werden von anderen Dingen angenagt und sind dann einfach „angefressen“.
So lasen wir im Tages-Anzeiger vom 03.02.07:
«Ich denke, man muss bei dieser Arbeit regelrecht vom Schnee angefressen sein.»
(Quelle: Tages-Anzeiger)
Oder hier, ebenfalls im Tagi in einem Artikel über Mädchenfussball:
Désirée Stäbler bleibt noch ein Jahr. Sie ist die Jüngste im Ausbildungszentrum, 14-jährig. Und fussballhungrig. «Ich bin total angefressen», sagt sie. Fussball sei cool, und die, die Fussball spielten, «sind eben coole Mädchen».
(Quelle: Tages-Anzeiger)
Auch im Migros-Magazin, das schon lange keine Brücken baut aber aus traditionellen Gründen von vielen immer noch „Der Brückenbauer“ genannt wird, lasen wir:
Das «Highlight des Tages» sei jedoch die
Fahrt mit dem Snowboard gemeinsam mit den
Kollegen hinunter ins Tal. Die freien Tage,
nutzt der mittlerweile angefressene Boarder
natürlich ebenso für seinen Sport.
(Quelle Migros-Magazin 05-2007, S. 8)
Beim zweitliebsten Nachbarland der Schweizer in Österreich ist das hübsche Wort eher mit einer negativen Bedeutung bekannt. Wir fanden in einem Wörterbuch:
(Quelle: osterarrichi.org)
„Ich bin total angefressen“ kann man laut Google sein von Hunden, von einem Verhalten, von RPGs, von Unihockey u. v. m, aber man sollte immer schön in der Schweiz bleiben dabei. Dieses eidgenössische Fressverhalten hat sich bisher offenbar nicht über den Rhein fortgepflanzt. Anstatt sich von Trendsportarten anfressen zu lassen klagt man dort eher über zuviel angefressene Kilos.
Juli 16th, 2010 at 12:28
…passende Ergänzung dazu wäre : „es schisst mi aa!“
Oh ja…was ist buuredütsch doch sooo schö…gelledsi!
Juli 16th, 2010 at 21:42
Wenn ich von etwas angefressen bin, fahre ich total darauf ab.
Angefressene Snowboarder verbringen z. Bsp. jede freie Minute auf ihrem Bügelbrett.
Juli 20th, 2010 at 9:17
es gibt in Deutschland auch total blöde Umgangssprache. Ich kann dieses „ich bin ja totaaaal *insert random thing*-Fan“ weder nachvollziehen noch ernstnehmen. Ob Holland, Latte-Macciato, Flirt-Limo…. egal -.-
„ich bin ja totaaal Holland-Fan“ (und nein, nicht die Fussballmannschaft ist gemeint sondern das Land) *kopf-tisch*