Kennen Sie auch einen Gummihals? — Neue hübsche Wörter für die Deutschen
(reload vom 7.11.06)
Die wenigsten Deutschen wissen, wie man so über sie spricht im Ausland. Und wenn sie es wüssten, müssten sie es erst noch verstehen. Von den Franzosen werden sie liebevoll als „Les Boches“ tituliert, was irgendetwas aus der Rinderzucht sein mag, zumindest hört es sich an wie in Salz eingelegtes Rindfleisch, zusammen mit dem Adjektiv „sales“. In Wirklichkeit ist das eine seit 1889 bekannte Verkürzung von „Alboche, Allemoche“, einem französischen Argo-Ausdruck für „Allemand“, gebildet nach „tête de boche“ = tête de bois (Holzkopf). Aber es gab auch „les Frisés“, „les Fridolins“ oder „le Fritz“ als hübsches Schimpfwort für die Deutschen, wenn wir unserem 3 kg schwerer „Petit Robert“ Glauben schenken wollen. Zumindest Fridolin ist schon längst wieder ein beliebter Vorname.
Die Amerikaner und Briten pflegen das Klischee der Kräuterfrau, die mit ihren vielen Kräutern bei jedem Wehwehchen ein Kraut zur Hand hat. Drum nennen sie die Deutschen „Krauts“, oder sind es doch „Crowds“, weil sich die Deutschen so gern in den Ferien an der Hotelbar oder auf dem Campingplatz zusammenfinden, als „crowd of people“?
Kürzlich wurde uns ein weiterer Begriff zugetragen, der offensichtlich in der Schweiz gelegentlich über die Deutschen gesagt wird: „Gummihals“. Und nun suchen wir den Grund oder die Herkunft für diese aparte Bezeichnung.
Sicherlich, wir kennen den „Wendehals“. Einst war er Vogel des Jahres, dann wurde er wegen seiner extrem guten Fähigkeit, den Hals zu verdrehen, eine Spottbezeichnung für alle Politiker, die bei einer „Wende“ unrühmlich den Hals jeweils in die richtige Richtung gedreht haben. Der Ex-Aussenminister und Meister aller Segelohren Hans-Dietrich „Genschman“ Genscher wurde genauso tituliert wie gewisse Staatsratsvorsitzenden, die noch schnell in „the wind of change“, im Wendewind ihren Hals drehten und langmachten wie aus Gummi.
Als Wendekanzler wurde Helmut Kohl bezeichnet – vorwiegend ironisch von seinen politischen Gegnern, als die versprochene „geistig-moralische Wende“ ausblieb, respektive Formen wie die der Parteispendenaffären u.ä. annahm.
(Quelle: Wikipedia)
Eine Vorlage für langgezogene Gummihälse gibt es z. B. in den beiden Kaminfeuer Figuren der Dining Hall des Christ Church Colleges in Oxford. In diesem Speisesaal dinieren immer noch dreimal täglich die Stundenten mit ihren Lehrern, unter Aufsicht des Deans. Ein Anblick, der dann für den ersten Harry Potter Film fotografiert und computertechnisch vergrössert wurde. Der Speisesaal von Hogwarths ist mit Aufnahmen der Dining Hall des Colleges entstanden, genau wie auch das Rippengewölbe des Treppenaufgangs als Treppe zu den Schlafgemächern in Hogwarths diente.
Diese Kaminfiguren
mit den extrem langen, wie aus Gummi gezogenen Hälsen dienten schon Lewis Caroll, einst Lehrer an diesem Colleges, als Vorlagen für Figuren in seinem Meisterwerk „Alice im Wunderland“.
(Quelle Foto: migraine-aura.org)
Werden damit also Deutsche bezeichnet, die ihren Hals wie aus Gummi immer wieder in den richtigen Wind drehen, ihn damit verlängern und unschön missgestalten? Der einzige „Wendehals“, der darauf stolz war und zumindest eine kurze Zeit lang auch ganz gut verdient hat, war „Gottlieb Wendehals“ alias Werner Böhm, dem Sänger der Karnevalsklamotte „Polonäse von Blankenese“ (ja, das reimt sich sogar!) mit dem klasse Vers: „jetzt geht es los, mit ganz grossen Schritten, und Paul fasst der Erna von hinten an die Schultern… ja das gibt Stimmung“.
Haben Sie Mitleid mit diesem Künstler, er musste das Lied noch Jahre lang singen, auf jeder Autohauseröffnung, bei jeder Altenfeier, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen, bis er als Ex-Promi 2004 in das Dschungelcamp einfuhr und auf den noch begnadeteren Star Daniel Kübelböck traf, bevor der mit dem Auto einen Gurkenlaster traf. Der fehlbare Lenker ohne Führerausweis beim Selbstunfall.
Als Ehrenrettung dieses alternden Stars noch ein paar Fakts aus Wikipedia:
Von 1970 bis 1971 war er Jazz-Pianist in Hamburg u.a. im „Jazz House“ (Knuds), „Riverkasematten“, „Logo“, „Dennis Swing Club“, „Cotton-Club“, „Remter“ und im legendären „Onkel Pö“, der Hamburger Szene. Er begleitete am Flügel Musikergrößen wie Louis Armstrong, Ella Fitzgerald, Erroll Garner. Ende 1974 startete er als selbständiger Musiker, Texter und Komponist und gründete das „Werner Böhm Quintett“ mit dem „Teufelsgeiger“ Lonzo Westphal, Udo Lindenberg am Schlagzeug (…)
Der Mann hat 1. ) die Rentnerband mitgegründet und war 2.) von 1981-89 mit Mary Roos verheiratet (nein, nicht Marianne Rosenberg, das war die andere).
Nach soviel Nostalgie zurück zum „Gummihals“, den Werner Böhm in Form eines Gummiadlers immer bei sich trug. Wir finden den Ausdruck belegt um umgarnt mit vielen anderen netten Bezeichnungen im Züri-Slängikon-Eintrag zum Stichwort „Deutscher“:
E Bockwurscht, eine vom grosse Kanton, en Ballermann, en Bolle-Chopf, en Gummihals, en Günther, en Horscht, en Knutlinger, en Neckermann, en Prüüss (Preusse), en Schnäll-Schwätzer, en Schwab, en Storch (wegen der grossen Klappe und den ewigen Drang nach Süden), es Deutschländer Würstchen
(Quelle: Züri-Slängikon
Ja gibt es denn in der Schweiz keine Bockwurst? Den „Horscht“ und den „Storchen mit dem ewigen Drang nach Süden“ müssen wir uns merken. Schweizer Urlauber fahren bekanntlich lieber an die Nordsee.
Momentan versuchen wir uns krampfhaft daran zu erinnern, ob uns in Deutschland jemals ein Schimpfwort für Schweizer genannt wurde. „Kuhschweizer“ jedenfalls nicht, das mag in historischen Texten vorkommen, aber nicht in der Gegenwart.
Wir finden ein paar in einem Bericht über den Beitritt Basels zur Eidgenossenschaft 1501:
Schimpfwort «Schweizer»
Schimpfworte wie «Milchsüfer, Milchstinker, Chuefigger oder Chueschnäggler» haben sich nicht nur von ungefähr bis in die heutige Zeit erhalten. Sie dürften um 1500 allgemein gebräuchliche Schimpfwörter gewesen sein, nicht nur innerhalb von Basel, sondern auch in der nichtschweizerischen Nachbarschaft, insbesondere im österreichischen Rheinfelden. «Nach 1501 hat sich die Bevölkerung von Basel auseinanderdividiert. Wer sich mit der Zugehörigkeit Basels zur Eidgenossenschaft nicht anfreunden konnte, ist in den Sundgau oder nach Rheinfelden ausgewandert», erzählt der Historiker Claudius Sieber-Lehmann. Die Schweizer hätten damals als geldgierige Emporkömmlinge mit rauem Charakter gegolten, und der Beitritt Basels zur Eidgenossenschaft sei um 1500 stark umstritten gewesen.
(Quelle: Basler Zeitung vom 8.1.2001)
Geldgierige Emporkömmlinge mit rauhem Charakter? Kinders, wie die Zeit vergeht und sich die Menschen doch ändern können…
Januar 12th, 2010 at 11:08
>Drum nennen sie die Deutschen „Krauts“, …
Die „Krauts“ kommen nicht von Kräutern, sondern vom Sauerkraut, dass man der Legende nach in Deutschland tagtäglich isst.
Mit Kräutern verbinde ich dann doch eher Ricola und das kommt ja bekanntlich aus der Schweiz.
Januar 12th, 2010 at 11:31
krauts nicht wegen den kräutern sondern wegen dem kraut 😉
(zb krautsalat)
http://www.kochen-mit-freude.de/files/u1/kmf/krautsalat.jpg
🙂 lustiger beitrag!
Januar 12th, 2010 at 14:52
Zu den „Gummihälsen“ hab ich noch ne andere Erklärung gehört: Gemeint sind damit die älteren Deutschen Paare in den Ferien, die um 07.00 einen Liegestuhl am Strand per Ablage eines Badetuchs okkupiert haben und nun um 09.30 nach dem all-inclusive-Frühstück wieder am Strand auftauchen und, ihr Badetuch suchend, die Hälse verdrehen.
@dennis &Mista lovalova: Deshalb nennt man einen wütenden Deutschen im Englischen auch „Sauerkraut“ 😉
Januar 12th, 2010 at 17:15
@SamWeise
Na dann gehen Sie mal in ein schweizer Schnellrestaurant. Der gemeine Schweizer geht in der Regel zuerst einmal einen Platz aussuchen und reserviert den durch Stuhl an den Tisch lehnen oder Jacke an den Stuhl hängen. Dann wird gemütlich das Essen besorgt. 1000mal erlebt!
Januar 12th, 2010 at 20:41
@mista lovalova:
„Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod“
@Zürcher:
Je weiter man nach Norden kommt, desto mehr verallgemeinert sich der Begriff „Nazi“ weg vom Deutschen, sondern steht vielmehr als als Verköperung eines Menschen mit Lederhosen und rotkariertem Hemd. Lesen Sie mal Per Nilssons „So lonely“ (erschienen bei dtv pocket, wo man gemäß des Verlagsprogramms nicht nur liest, sondern auch nachdenkt und mitredet), da erscheint Ihnen dann plötzlich ein junger Mann aus der Schweiz in der Rolle des Gegenspielers zum Protagonisten. Und der wird vom eifersüchtigen Protagonisten dann immer wieder „Nazi-Hans“ genannt.
„Gummihals“ finde ich relativ kreativ, erinnert mich tatsächlich an „Wendehals“. War es nicht nur Gottlieb Wendehals, der bei jeder Faschingsfeier für Stimmung sorgte. Einer meiner Lieblingskanons, den wir im Schulchor immer sangen, endete auf „Johann Jakob Wendelhals.“
Januar 12th, 2010 at 20:56
@ tholm: Echt?? Ist mir bis anhin nicht aufgefallen, bin halt nicht so oft bei Mägg Fress, war aber schon bei Mägg Fress Konstanz. Muss ich das nächste Mal drauf achten.
@ All: Die Schweizer – Deutsche Freundschaft macht Fortschritte,in wenigen Tagen kommt unser kleiner Eidgenosse mit 100% Deutscher Mami auf die Welt.
Januar 12th, 2010 at 21:52
@zürcher
Und natürlich swizzlybear, weil er so drollig daherkommt.
Ich hau ihn nicht Ziaud-du ihn! 🙂
Januar 12th, 2010 at 22:49
@ tholm: Und das wäre dann die Erklärung für was genau? Gesucht war die Herkunft der Bezeichnung „Gummihals“. Damit wollte ich Ihnen nicht aufs Badetuch… auf den Schlips treten;) Ich empfehle Ihnen allerdings, nicht so häufig bei McDonalds zu essen. Das schadet nämlich der Gesundheit.
@Smilla: Ich vermute ja, dass der Mythos von den Lederhosen tragenden Schweizern von den Simpsons kommt. Dort ist der deutsche Junge in der deutschen Synchronfassung plötzlich zum Schweizer mutiert… und trägt Lederhosen.
Januar 13th, 2010 at 9:32
@ tholm
Hä? Du hast dir schon 1000-mal in einem Fast-Food-Laden diese Beinahe-Nahrung zuleide getan?
Bitte, bitte, hör auf damit! Das Leben ist doch so schön!
Januar 13th, 2010 at 20:00
@Tholm:
In Sachen „Simpsons“ kenne ich mich nicht aus. Mir fällt nur auf, dass man im Unterhaltungs- bzw. Jugendkulturbereich relativ undifferenziert mit dem Begriff „Nazi“ umgeht.
Januar 13th, 2010 at 20:25
„offensichtlich ob meines guten Aussehens und erotischen Wirkung auf Frauen“
nein, wegen des perfektes grammatikalische Ausdruckstärke, manchmal erinnern Sie mich an Herrn A. Thiel, wisssen Sie, der ist ebenso verklemmt und kann auch nicht richtig deutsch
Januar 14th, 2010 at 3:02
Ich glaub „Schluchtenscheißer“ gilt eher dem Ösi. Dem Schweizer sagt man eher „Nazigoldverstecker“.
Januar 14th, 2010 at 17:14
Also ich kenne Gummihals als „Opportunist“. Gummihals, weil er halt den Kopf in jede mögliche Richtung dreht…
Januar 14th, 2010 at 17:15
Ach ja, und meiner Meinung nach gibt 2 mal 0 weniger 1 = 2 * 0 – 1 = 0 – 1 = -1.
Aber der Blog sieht das anders??
Januar 14th, 2010 at 20:49
„ob meines erotischen Wirkung“ – langsam laut lesen dreimal täglich achtzehn Mal bitte in der Tram durch den Lautsprecher geben
MUhhhhahahahahahahaa…………………… Kapiert, …nee ist zwecklos. Nimm die Erbse raus, dann kannst Du fliegen.
Januar 14th, 2010 at 22:13
@En Schwiizer:
Diese Interpretation könnte passen, ich finde sie genial! Vor allen Dingen schreit man aus vollem Hals und die Deutschen schreien sich ja bekanntlich gerne die eigene Meinung aus dem Hals.
Januar 14th, 2010 at 23:44
@zürcher
Heute im Tagi, hat das was mit Ihnen zu tun?
„In Zürcher Wohnungen kriechen derzeit ungewöhnlich viele «Stinkkäfer» aus den Ritzen.“
Januar 15th, 2010 at 17:48
na ja, die wirklich Obrigkeitshörigen dürfte man ja wohl in grosser Anzahl in der Schweiz finden. Zumindest ist die vermeintliche eigene Stärke leider zu häufig nur ein Sturm im Wasserglas, garniert mit den üblichen Entrüstungsfloskeln wie „bin verwundert“ , wir sind „erstaunt“ und mit „Irritation“. Dann macht man doch brav alles wie aufgetragen und hat die Zeit nur gebraucht, um irgendeine tolle Begründung: „und vor allem wir haben dabei kein Geld verloren“ zu finden.
Gibt aber Ausnahmen. Nur bestimmt nicht in Form dieser Grammatikschnepfe „ob meines Wirkung“. Aber was passiert mit einem Walliser Gastwirt, der mal ausschert und was anderes denkt und auf den Filz aufmerksam macht? Na, wieder alle bestens informiert – nur nicht über das eigene Land.
Januar 15th, 2010 at 21:00
aha verstehe: „meines der“ :ja ja, deutsches sprack, schwäres sprack, is nix gut für zürcher pack.
Januar 18th, 2010 at 0:41
Da staunt der Fachmann, der Laie wundert sich….
http://www.ex-press.ch/collection/2308
http://reckon.files.wordpress.com/2007/06/geronimo-last-stand-bytrekkelly.jpg
Januar 18th, 2010 at 8:11
Kurze Frage noch: ihres Latrine oder einen öffentlichen ? Und noch im Vertrauen bei Ihnen fehlt noch mehr als nur ein „der“
Januar 18th, 2010 at 17:15
@ pfuus
aha, wie man unschwer am Schlüsselanhänger erkennen kann, hat Dr. Zweifel von Orthopädie auf Neurochirurgie umgesattelt.