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Gruust es oder gruselt es Ihnen?

(reload vom 13.09.06)

  • Gruust es oder gruselt es Ihnen?
  • Im württembergischen Tübingen sahen wir einst eine Unterführung mit dem apokalyptischen Graffiti „Stell Dir vor, vorne und hinten ist zu“. Es gruselt uns heute noch, wenn wir daran denken. Den Schweizern gruust es derweilen ohne „e“ und „l“. Auch schick. 205 Funde verzeichnet Google-CH für „es gruust“. Den Deutschen graust es weniger, ihnen gruselt es mehr.

    Menschen nördlich des Rheins dürfen sich mal bis morgen daran versuchen, folgenden Auszug aus einem Schweizer Forum ins Neumitteldeutsche zu übersetzen. Die anderen verharren wissend und wartend auf das Unheil, dass da kommen wird:

    s hüülerli isch go schaffe aber i glaub sie meint, dass d’Fraue immer bhaute es gruust sie ned aber wenn s de druf a chunt denn …
    ooooder si isch verrucht, das findi aber erscht hüt zabig use
    (Quelle: guggenmusik.ch)

    P.S.: Die Amerikaner setzten im Zweiten Weltkrieg Navajo Indianer ein um unknackbare Codes zu entwickeln:

    Sie dienten bei den Nachrichtentruppen und übermittelten in ihrer Muttersprache unverschlüsselt Befehle und Meldungen. Das sparte nicht nur viel Zeit, sondern brachte den japanischen Geheimdienst fast zur Verzweiflung. Wie sollte dieser auch auf die Idee kommen, dass die abgehörten Nachrichten nicht in einer genialen Geheimsprache durchgegeben wurden, sondern in einer den Japanern unbekannten Sprache eines Indianerstammes?
    (Quelle: welt-der-indianer.de)

    Bräuchten die Schweizer Navajos? Quatsch, die würden sich ein paar Walliser aus den hintersten Tälern holen, und schon wäre der Geheimcode perfekt. Uns bringt das alles nicht zur Verzweiflung, denn wir trainieren eisern weiter Bärndütsch.

    

    10 Responses to “Gruust es oder gruselt es Ihnen?”

    1. Juere Says:

      Wenn wir Berner etwas gruusig finden, dann ist damit eine äussere Eigenschaft gemeint: – z.B. Dä Schnägg da isch de gruusig:
      http://www.golyr.de/stiller-has/songtext-gruusig-560469.html

      Wenn wir uns jedoch vor etwas gruseln, dann verwenden wir das Wort gfürchig.

      Jüre

    2. Ric Says:

      …muss man bloß laut vorlesen, wo ist das Problem. Die Schweizer haben halt die Eigenart im Internet ihren Dialekt lautschriftlich hinzuschreiben (natürlich mit hochdeutscher Phonetik, ein sch bleibt ein sch, ein ch bleibt ein ch, und so weiter).

      Ein Spiegel Artikel, der Spiegel ist ja aus Hamburg, wäre kaum lesbar wenn der Autor statt der Standardschreibung seinen norddeutschen/hamburgrischen Lautstand verwenden würd.

      Hier tuts mir weder grusn noch grausn (des scho eher), es is höchstens greislig.

      Und einmal mehr beweist sich dass Schweizerdeutsch lediglich ein regionaler Akzent ist, aber dennoch Hochdeutsch. In Österreich und Bayern sagt man nämlich „entrisch“ („Eam is entrisch“ – „Ihn grusel’s“). Also wieder einmal gänzlich eigenes Vokabular. Aber nachdem der Rhein den bairischen Sprachraum nicht einmal touchiert fühl ich mich eh nicht angesprochen.
      Entrisch – Da braucht jetzt sicher auch Herr Wiese ein Wörterbuch. 😉

    3. Egon Says:

      was soll daran schwierig sein. Entrisch ist vermutlich sächsisch. Man sitzt in der Kneipe, kimmt von da Doofe – s hadnnmaooma – un fühlt sisch malade un als gommunigatiwe Schnattergusche duht ma so rehdn, isch fühl misch so endrisch.

      Wahrscheinlich so genuschelt, dass es eigentlich endlich heisst. Das ist wieder gar nicht so weit weg von der althochdeutschen Bedeutung (entrisc) uralt und altertümlich.

    4. Egon Says:

      und noch die Uebersetzung:

      die Bordsteinschwalbe geht anschaffen, aber i glaub sie meint – was könnte das denn heissen, ist ja sauschwer, hab ich noch nie gehört: i glaub, sie meint. Dieser Dialekt ist kaum zu übersetzen – wahrscheinlich bildlich gemeint für eben „völlig unverständlich“. Hab ich mich verlesen, da steht ja gar nicht s huerli sondern s hüülerli.

      Also das heulende Elend ist gen, wahrscheinlich gegen, also gegen das Schaffen, dass die Frauen immer behäuten. Ich will ja nichts behaupten, aber wie kann man sich behäuten und es gruust sie ned, irgendeiner grüsst sie, sagt nett hallo, aber wenn es dann drauf kommt. Was soll da drauf kommen? Ja klaren die B- Haut, die A – Haut ist von Natur aus und die B – Haut ist eine Tätowierung. Jetzt wednen wir diesen einfachen Satz mal ins Schriftdeutsche:

      Weiber sind das heulende Elend, reden unverständliches Zeug, sind gegen die Arbeit und grüssen die Tätowierung nett, bis sie drauf kommt.

      Na also, geht doch. Den zweiten Teil tun wir nicht uebrsetzen. Sieht ja jeder ist irgendwas mit Schweinskram, steht ja hinten dran dieser Sexshop.
      …und Berndeutsch ist das, glaube ich, nicht. Na ja vielleicht so n Seitental.

    5. Guggeere Says:

      Gefunden in «Erlkönig» von J.W. Goethe, letzte Strophe:

      «Dem Vater grausts; er reitet geschwind,…»

      Sofern man denn «grausen» als schweizerisch betrachtet: Pfui! Ausgerechnet der Dichterfürst hat einen Helvetismus verwendet! Wäää, daisch grüüsig!

      Der Text aus guggenmusik.ch ist übrigens wieder mal ein Beispiel dafür, wie schlecht Mundartschreiberlinge ihre Sprache beherrschen. Häufig fällt dann der Spruch, Mundart könne jeder schreiben, wie es grad so komme. – Nun, Guggenmusiken machen ja auch schlechte Musik…

      [Admerkung Admin: Dazu muss man nur wissen, dass „gruusig“ von „grausen“ kommt. Danke für die Aufklärung! ]

    6. freiheitistunteilbar Says:

      was soll daran schwierig sein. Entrisch ist vermutlich sächsisch. Man sitzt in der Kneipe, kimmt von da Doofe – s hadnnmaooma – un fühlt sisch malade un als gommunigatiwe Schnattergusche duht ma so rehdn, isch fühl misch so endrisch.

      Wahrscheinlich so genuschelt, dass es eigentlich endlich heisst. Das ist wieder gar nicht so weit weg von der althochdeutschen Bedeutung (entrisc) uralt und altertümlich.

      Klar Herr Altphilologe 😉

    7. solanna Says:

      Ich möchte Juere unterstützen und darauf hinweisen, dass es für uns Deutschweizer „gfürchig“ ist (in etwa „Furcht erregend“ im wahren Sinn der Wörter, wobei nicht sicher ist, dass der/die Person in dieser Situation sich selber wirklich fürchtet), während es die Deutschen gleich höchst persönlich gruselt.

    8. Egon Says:

      „Wenn wir uns jedoch vor etwas gruseln, dann verwenden wir das Wort gfürchig.“

      „Ich möchte Juere unterstützen und darauf hinweisen, dass es für uns Deutschweizer “gfürchig” ist“ („in etwa“ „Furcht erregend“ wobei nicht sicher ist, dass der/die Person in dieser Situation sich selber wirklich fürchtet)

      also wenn man sich gruselt dann fürchtet man sich nicht. Gewissermassen blinder Alarm. Wir sagen dann nur, dass es uns gruselt.

      Das ist ja furchterregend .. Nein , das ist grauenvoll oder fürchterlich, vielleicht auch furchtbar. Haarsträubend. Da sieht man Gespenster, gruselt sich ist gfürchig und gleichzeitig auch wieder nicht. Und das, „während es die Deutschen gleich höchst persönlich gruselt“.

      Jetzt haben wir das endlich verstanden: „Wenn, wie gar nicht selten, die SchweizerInnen sagen, es mache Ihnen Angst, dann tut es das gar nicht, zumindest ist das gar nicht sicher.

    9. banjo1071 Says:

      und seit „Windtalker“ wissen wir auch was die Amerikaner im Falle einer drohenden Gefangennahme der Funker vorhatten………….

    10. Peter Says:

      Mit Bernerisch einigermassen vertraut, versuche auch mal eine Übersetzung:


      Die kleine Heulsuse ist nun auf dem Weg zur Arbeit aber ich glaube sie meinte vorhin dass die Frauen immer behaupten, es ekele sie nicht, aber wenn’s darauf an kommt dann…
      oooder sie ist mir böse, aber das werde ich erst heute abend herausfinden.

      „hüülerli“ könnte man mit „Heulerchen“ übersetzen. Es handelt sich wahrscheinlich um einen Kosenamen.

      „bhaute“ könnte auch „behalten“ bedeuten. Aus dem Zusammenhang ergibt sich hier das „behaupten“ gemeint ist, was bernerisch ziemlich ähnlich ausgesprochen wird.

      Mit „gruuse“ ist hier „sich ekeln“ gemeint. „Gruusig“ kann „eklig“ oder auch „dreckig“ meinen.

      „verrucht“ macht wohl auf Standarddeutsch Sinn aber Schweizerisch ist das nicht. In den meisten Schweizer Dialekten wird das Wort wie „verruckt“ ausgesprochen. Damit ist nur sehr selten „verrückt“ gemeint, sondern meistens „böse auf jemanden oder etwas zu sein“ oder „sich über jemanden oder etwas zu ärgern.