Was ist ein Küchenkasten? — Rätsel um ein Schweizerdeutsches Wort
(reload vom 18.8.06)
Ja, wir haben es jetzt begriffen: Chuchichäschtli oder Chochichäschtli oder Kuchikäschtli ist eine „Küchenkasten“, versteht doch jeder. Aber was um alles in der Welt ist ein „Küchenkasten“?
Wir sind erstaunt, was uns unser Duden zum Kasten alles ausspuckt:
Kasten, der; -s, Kästen, selten auch: – [mhd. kaste, ahd. kasto, wahrsch. verw. mit Kar]:
1. rechteckiger, aus Holz od. einem anderen festen Material hergestellter [verschließbarer] Behälter zum Aufnehmen od. Aufbewahren von etw.:
ein hölzerner K.; ein K. aus Blech, für die Asche; der K. steht offen, ist verschlossen.
Im Standarddeutschen selten gebräuchlich, häufig durch „Kiste“ ersetzt. Seit es keine Kohleöfen mehr gibt, sind auch die „Aschenkästen“ selten geworden.
2. zum Transport von Flaschen vorgesehener, in einzelne Fächer unterteilter offener Behälter:
Kästen mit Bier und Limonade; ein K. Limonade; ein K. bayerisches Bier; mit zwei Kästen bayerischem Bier/(geh.:) bayerischen Biers.
Die wichtigste Form von Kasten, finden wir, in der Schweiz komplett durch „Harasse“ ersetzt. (vgl. Blogwiese).
3. kurz für Aushängekasten, Schaukasten:
Vor dem Filmpalast sah sich Jenny Bilder an … Wir schauten Bilder in einem anderen K. an (Grass, Hundejahre 276); im K. hängen (landsch.; [vom Aufgebot 2] im Aushängekasten hängen, um öffentlich bekannt gemacht zu werden).
Schaukasten ist in der Schweiz garantiert nur als „Vitrine“ bekannt, klingt so wunderbar eingedeutscht von Campe 1871.
4. (ugs.) kurz für Briefkasten:
der K. wird morgen früh geleert; einen Brief in den K. stecken, werfen, zum K. bringen.
Spricht den wirklich jemand „ugs“ = Umgangssprache in Deutschland? Ich dachte, die sind alle mit poliertem und gestochenem Hochdeutsch völlig ausgelastet?
5. (landsch.) kurz für Schubkasten:
den Kasten herausziehen.
Gibt es unter den wenigsten Betten von Ikea, und wenn, dann heissen die „Schublade“.
6. (ugs. abwertend)
a) großes, unschönes Gebäude:
Das Hotel, in dem wir frühstückten, war ein pompöser alter Kasten (Koeppen, Rußland 121);
b) großes, unförmiges, meist altes Verkehrsmittel:
zwei Fahrzeuge, von denen das eine … ein schwerfälliger alter Kasten aus Reichswehrzeiten … war (Kuby, Sieg 20); Die Tirpitz war das Gespött der Stralsunder … Es roch ziemlich muffig in diesem alten Kasten (Fallada, Herr 51).
Als „Kastenwagen“ selten im Einsatz:
7. kastenförmiger Aufsatz auf dem Fahrgestell bestimmter Kraftfahrzeuge u. Pferdewagen.
8. (ugs. abwertend) kastenförmiges, meist größeres Gerät (z. B. Radio, Fernsehapparat, Kamera o. Ä.):
mach doch endlich den K. aus!; Mein Klavier habe ich verkauft … Der alte Kasten hat hundert Mark eingebracht (Remarque, Obelisk 343); Wir haben die Aufnahmen ja schon im K. (Hörzu 9, 1973, 124).
Eine Aufnahme „im Kasten“ haben ist gebräuchlich, obwohl die zeitgenössische Antwort lauten müsste. „Habe ich schon gespeichert“ oder „schon auf der Festplatte“.
9. (südd., österr., schweiz.) Schrank:
hohe Kasten mit vielen flachen Schubfächern und beschriebenen Zetteln standen in seinem Zimmer (Musil, Mann 342); Waltner macht Ihnen alle Kästen …, denn Waltner ist nicht nur Möbelhändler, sondern auch Möbelerzeuger (Vorarlberger Nachr. 22. 11. 68, 3).
Damit klärt sich das Rätsel um den „Küchenkasten“. Nur in Süddeutschland, Österreich und in der Schweiz ist das Wort als Synonym für „Schrank“ gebräuchlich. Im Norden kennt das wieder kein Schwein.
Wenn im Norden von Deutschland ein „Kasten“ erwähnt wird, dann meistens, weil man etwas drauf hat:
14. * etw. auf dem Kasten haben (ugs.; intelligent, befähigt sein; wohl in Anspielung auf den Kopf als Kasten, in dem der Verstand sitzt, vgl. Gehirnkasten).
(Alle Zitate aus duden.de)
Und schliesslich ist da noch unser geliebtes „Chochichästli-Orakel„, mit dem sich die Herkunft eines jeden Schweizers genau bestimmen lässt:
August 31st, 2009 at 10:06
„Was ist ein Küchenkasten? — Rätsel um ein _Schweizerdeutsches_ Wort“
„(_südd._, _österr._, schweiz.) Schrank“
Das nennt man auch ein Oxymoron 😉
August 31st, 2009 at 11:22
Zefix, gemäß des Chochichästli-Orakel bin ich aus Schmitten im Kanton Graubünden. Weiss ich da was nicht? 😀
August 31st, 2009 at 16:52
Das „Chuchichäschtli“ gibts gar nicht, ätsch! Es wurde nur erfunden um den Integrationsgrad von Immigranten in der Schweiz zu testen.
Nicht wahr?
Dann erwarte ich hier von gestandenen Schweizern und solchen die meinen sie seine es, eine Beschreibung des „Chuchichäschtlis“!
August 31st, 2009 at 22:21
Bin im Tirol schon damit traktiert worden. Die Tiroler erheben Alleinvertretungsanspruch. Hauptsache man kann über die Touristen aus dem Norden lachen!
September 1st, 2009 at 6:50
„Chaschte“ bedeutet auch ziemlich muskulöser/breiter Typ…
September 1st, 2009 at 13:20
@ fabu
Wenn wir schon dabei sind: Auf Frauen bezogen, bedeutet «en grosse Chaschte» nicht Muskeln…
September 1st, 2009 at 19:32
Und ich erlebe immer wieder in Berlin, dass ich beim Kochen nach einer Pfanne frage und eine Bratpfanne gereicht bekomme. Wenn ich also eine Schweizer Pfanne will (nicht die, in die man sich legt) muss ich einen Topf verlangen. Aber der ist in der Schweiz bestenfalls Blumentopf oder höchstens ein Aufbewahrungebehälter für Speisefett….
September 1st, 2009 at 21:48
@hampi52
Ein „Topf“ ist auch ein Goal im Fussball (Eishockey, Handball etc.)!
September 2nd, 2009 at 9:16
@ Kreis7
«Ein “Topf” ist auch ein Goal… »
…oder auch eine Pfanne; zumindest in meiner Ostschweizer Mundart.
Armer Hampi in Berlin, arme Deutsche in der Schweiz!
September 2nd, 2009 at 9:19
(Tschuldigung: Sollte heissen: Ein Goal ist auch eine Pfanne…)
September 2nd, 2009 at 11:24
@hampi52:
Das ist normal.
Denken Sie nur an’s Englische, da gibt es die Unterscheidung auch nicht, es gibt nur „pan“.
Es gibt dann noch Spezialbegriffe wie „saucepan“ (wörtlich „Saucenpfanne“) oder „cooking pot“ (wörtlich „Koch-Gefäß“) aber „pan“ kann allerlei sein. Das finde ich eigentlich immer unpraktisch, und bevorzuge die größere Differenziertheit im Hochdeutschen.
Naja und Dialekt.. wie ist das? Der Berliner ist in Berlin ein Pfannkuchen, in Bayern und Österreich ein Krapfen, der Pfannkuchen ist in Berlin widerrum ein Eierkuchen, in Bayern und Österreich ein Palatschinken.. und wie heißt er in der Schweiz? Das ist halt Küchensprache, die ist immer stark regional aber „passiv“ versteht dann trotzdem jeder was mit den anderen Begriffen gemeint ist darauf kommt es doch an.
Wer sich in Berlin da begriffsstutzig anstellt der hat entweder die Baumschule besucht oder kokettiert damit damit Sie ihm „erklären“ was Sie damit meinen damit er sich drüber amüsieren kann oder sonstwie. In Berlin hab‘ ich oft Sprach-Oberlehrer erlebt, wenn man im Laden nach einer Glühbirne verlangt heißt es „Wir verkofn kein Obst, ick kann Ihnen nua ene Glühlampe anbiet’n“, oder in der Drogerie wenn man nach einem „Shampoo für trockene Haare“ fragt dann heißt es „Mir ham nua was gech’n trock’ne Haare“.
Das gehört also in die Kategorie der „grammar nazis“ (wie solche Leute im Englsichen genannt werden).
September 8th, 2009 at 16:03
Chuchichäschtli :DD
das gefällt mir besonders gut
September 9th, 2009 at 10:23
@Ric:
Nonsense! Pan ist Pfanne, Pot ist Topf. So isset!