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Wollen wir abmachen? — Fürs Rendezvous braucht der Schweizer kein Werkzeug

(reload vom 7.7.06)

  • Wenn die Schweizer etwas abmachen
  • Manche Formulierungen der Schweizer sind für uns in den letzten Jahren völlig normal geworden, auch wenn wir sie immer noch nicht aktiv verwenden würden. Dazu zählt sicherlich die Angewohnheit, ständig etwas abmachen zu wollen. Wir denken da nach wie vor an Schraubendreher und anderes Werkzeug, mit dem man was los machen kann, denn das ist für uns abmachen. Etwas lösen.

    Der Duden meint dazu

    abmachen (sw. V.; hat):
    1. (ugs.) von etwas loslösen und entfernen:

    den Rost abmachen.; das Schild [von der Tür] abmachen.;
    Übertragung: das mach dir man ab, Vater! Schnaps kriegst du nie mehr (Berlin.; das schlag dir aus dem Kopf!; Fallada, Jeder 327).
    (Quelle: duden.de)

    Abmachen tun wir grundsätzlich sehr gern, denn wir sind gern, wenn irgendwo was los ist. Die Deutschen verwenden das praktische Verb freilich auch im Sinne von „vereinbaren“, dann aber nur in der 2. Partizip Form. Das ist die mit dem „ge“ dazwischen:

    2.
    a) vereinbaren:
    einen neuen Termin, eine dreimonatige Kündigungsfrist abmachen; wir hatten abgemacht, dass jeder die Hälfte zahlen soll; es war zwischen ihnen noch nichts abgemacht worden; (häufig im 2. Part.) (bekräftigend, zustimmend in Bezug auf den Abschluss einer Vereinbarung:) abgemacht!;

  • Am Abmachen erkennen Sie den Schweizer
  • Während die Deutschen nur eine „Abmachung treffen“, wenn es sehr förmlich zugeht, treffen sich die Schweizer, wenn sie was abmachen. Das „was“ ist dabei absolut unwichtig, denn es geht auch ganz direkt und zwanglos in der Schweiz. Die Frage: „Wollen wir abmachen“ ist eine durchaus akzeptierte Form des Anbändelns:
    In Schweizer Internet-Foren findet man das mit schöner Regelmässigkeit:

    Bike Treff/Tour in Luzern

    @ Kyle
    Wann und wo wollen wir abmachen?
    (Quelle: traildevis.ch/forum)

    Spielst Du auch Tennis?
    Wollen wir abmachen?
    (Quelle: fcbforum.ch)

    Wenn Sie diesen Satz in einem ansonsten recht anonymen Forum lesen, dann können Sie sicher sein, dass der Schreiber oder die Schreiberin Schweizer(in) ist. Deutsche würden eher fragen: „Wollen wir uns treffen?“ oder „Hast Du Lust auf ein Bier“, „Gehen wir Tauben vergiften im Park?“, ach nee, das war ja der Wiener Georg Kreisler, der das bei den Wienern populär machte.

    

    3 Responses to “Wollen wir abmachen? — Fürs Rendezvous braucht der Schweizer kein Werkzeug”

    1. Ingo Says:

      Also in meiner Heimat (Siegerland) ist „abmachen“ in der Bedeutung auch völlig normal – allerdings immer mit einem „was“ dabei…

    2. AnFra Says:

      Abmachen? Ja, aber natürlich brauchte es zum Rendezvous ein Werkzeug / Gegenstand!

      Um diesen scheinbaren Widerspruch zu ergründen, muss man in die verschlungenen, komplizierten und extrem ritualisierten Minne-, Werbungs- und Liebes-Bräuche des ritterlichen Mittelalters mit den vielen Bräuchen, Gesten und Ritualen hineintauchen.

      Das Liebes- und Paarungsverhalten dieser in der unteren adeligen Hierarchie befindlichen Ritter wurde z. B. im sog. ritterlichen Kampf des Turniers auf einen äußersten Punkt getrieben. Der strahlende und hoffentlich am Leben befindliche Ritter durfte von seiner angebeteten oder einer anderen Jungfer einen obligatorischen Siegeskranz, Ring oder das persönliche Tüchlein mit seiner Lanzenspitze oder dem Schwert abholen.

      Durch „anmachen“ der Siegestrophäe bekundete die Jungfer damit ihre seelische und emotionelle Zuneigung gegenüber dem siegreichen Ritter. Sie zeigt dadurch vor allen Augen an, dass sie durch diese Handlung dem Ritter in ihrem Inneren und ihrem Körper wohlgefallen ist.

      Und nun der springende Punkt:
      Der Ritter bekundet durch „abmachen“, d. h. loslösen, entfernen und besitzen des aufgesteckten Siegeszeichen von seiner Waffe: Das folgende „Rendezvous“ zwischen den beiden Menschen ist hiermit „abgemacht“!
      Das ist jetzt eine gültige Abmachung! Das „Stelldichein“ ist gesichert. Man muss sich nur noch zum Treffpunkt hin begeben.

      Nach der Auflösung / Beendigung der Ritterschaft ab dem 15./16. JH ist dieses Ritual und demzufolge auch der Sinninhalt in der Versenkung etwas untergegangen. Ab ca. 1700, in der Zeit der ersten Aufflammung der idealisierten Ritterzeit, taucht diese Begrifflichkeit sowie der damals neuere Begriff „Rendezvous“ auf.
      Die städtisch-merkantil orientierte Bürgerschaft übernimmt etliche Sinnbegriffe aus dem ritterlichen Umfeld, jedoch mit einem etwas verschoben Sinninhalt. Nun in der Inhaltlichkeit von etwas fertig machen, abschließen oder vereinbaren wie z. B. die Vertragsverhandlungen, Kaufverträge, Miet- und Pachtvereinbarungen uam. sowie zum Abschluss bringen oder auch übereinkommen, bereiten, erledigen usw.

      Aber in der ewigen Liebe gilt immer noch die ritterliche Frage:
      Wann können die Liebenden ihr erstes Rendezvous „abmachen“?

      Wenn die Angebetete jedoch keine Jungfer mehr sein sollte und ein Ehegesponst hat, so kann der liebestolle Ritter dann mit seiner Angebeteten vereinbaren, wann, wo, wie, womit, weswegen sowie warum und ggf. mit wem er diesen Störfaktor im Turnier oder auch im Hinterhalt „abmachen“ kann!

    3. Simone Says:

      @Anfra:
      Super Story, gratuliere!
      „Abmachen“ versteht man als Deutscher relativ schnell und weiß, was gemeint ist. Insgesamt verwundert mich die relativ einfache Wortkonstruktion, bestehend aus dem Prefix „ab“ und Verb „machen“. Unternehmen Schweizer etwas gemeinsam, wird´s häufig vornehm. Man kann beispielsweise an einer Weindegustation teilnehmen, bei der verschiedene Weine offeriert werden. Bei der winzigsten Verfehlung entschuldigt man sich höflich mit „excuse-moi“ bzw. „excusez-moi“, auch, wenn man mit der Person per Du ist. Vor der Veranstaltung hat man eine Offerte erhalten, in der die Konditionen abgeklärt werden und Wein weist selbstverständlich nicht nur eine gute Qualität auf, sondern eine feine.
      Von daher springt mir immer wieder dieses Gefälle von einfachen und sehr komplexen Wortkonstruktionen ins Auge, die selbstverständlich nebeneinander gebraucht werden. Wurden wir doch bereits in der zweiten Grundschulklasse dazu angehalten, „sein“, „haben“, „tun“ und „machen“ zu umgehen. An der Entschlüsselung von „Degustation“ und „offerieren“ habe ich eine Zeit lang geknabbert.