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Schweizerdeutsch für Fortgeschrittene (Teil 10) — Von Werwölfen und Werweissen

Am 29.11.05 lasen wir auf der Titelseite des Tags-Anzeigers:

„Das Werweissen um die Reaktion der Swisscom auf die abrupte Strategieänderung des Bundes gefällt den Anlegern gar nicht“

Schon früher lasen wir an gleicher Stelle:

„Werweissen um abgestürztes Flugzeug“

Nur wie das so ist: Einmal gelesen und schon wieder vergessen, was das mag heissen, das „Werweissen„? Hat es vielleicht was mit „Werwölfen“ zu tun? Oder mit der Pflanze „Wermut„, die man auch lecker trinken kann, dann natürlich als „Wermutstropfen„.
Wermut wird auch Absinth genannt
Wermut wird auch Absinth genannt und wurde als Alkohol verboten:

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde Absinth jedoch in fast allen europäischen Ländern verboten. Es wurde behauptet, Absinth verursache Absinthepilepsie und bei Absinthtrinkern sei ein verstärkter Hang zu Selbstmord und Wahnsinn zu beobachten. Konkreter Anlass für dieses Verbot war der sogenannte Absinthmord des Schweizers Jean Lanfray, der im Jahre 1905 nach dem Konsum einiger Flaschen Absinth in Kombination mit Wein, Creme de Menthe und Weinbrand seine Familie erschoss.
Durch das Verbot wurde Absinth fast den Rauschdrogen gleichgestellt, wobei das im Wermutkraut enthaltene Neurotoxin „Thujon“ durchaus Drogencharakter haben kann, wie übrigens fast alle (Arznei-) Pflanzen. Deswegen sind heute nach der Aromenverordnung maximal 10 mg Thujon pro Liter Alkohol bei einem Alkoholgehalt über 25% erlaubt. Damals war teilweise die bis zu fünffache Menge in handelsüblichem Absinth enthalten. (Quelle)

Ja, die Schweizer, wenn die mal zu viel trinken, erfolgt sofort ein Europa weites Alkoholverbot deswegen. Doch jetzt wissen wir immer noch nicht wer es weiss, also zurück zu unserem „Werweissen„:
Ist ziemlich beliebt, dieses Wort, in der Schweiz, denn Google verzeichnet knapp 462 Fundstellen

Wer weiss was „werweissen“ heisst?
Der Duden, unser Standardwerk zu allen Fragen der Rechtschreibung, hilft wie immer weiter:

werweissen“ = hin und her raten.

  • Ich werweisse, Du werweisst, er hat gewerweisst
  • Warum habe ich das nicht gewusst? Wollen wir zusammen werweissen, bis wann ich das wieder vergessen habe? Wer weiss …

    So ist das mit diesen total Deutsch klingenden Schweizer Ausdrücken: Man mag als Deutscher beim Hören oder Lesen einfach nicht zugeben, das man absolut keine Ahnung hat, wovon hier mal wieder die Rede ist. Schliesslich ist das doch auch Deutsch, also unsere Muttersprache. Warum verstehen wir es dann nicht?

    

    8 Responses to “Schweizerdeutsch für Fortgeschrittene (Teil 10) — Von Werwölfen und Werweissen”

    1. Spooky Says:

      Weil Schweizerdeutsch in unseren Ohren immer noch wie ein Dialekt klingt und es immer so bleiben wird vermutlich. *g*

    2. Fabian Says:

      Ja ja, die bösen Helvetismen. Perfektes Deutsch zu lernen, ist Schweizern wohl etwa gleichermassen unmöglich wie den Deutschen das perfekte Erlernen eines Schweizer Dialekts. Die 100% wird man nie erreichen. 95% hingegen halte ich nicht für ausgeschlossen. 😉

    3. Phipu Says:

      Ist Absinth denn immer noch verboten? Das Werweissen über die mythische Künstlerdroge geht weiter. Oder auch nicht.
      http://www.lafeeverte.ch/absinthenews/

      Allen, die es nicht so kennen, kann ich nur empfehlen, mal ins Val de Travers (NE = Kt. Neuenburg/Neuchâtel) zu reisen. Da entdeckt ihr auch mal eine andere Ecke der Schweiz. Es muss nicht immer Alpen und industrielles Mittelland sein. Es gibt auch Juralandschaften mit ganz eigenem Charme. Vielleicht kommt ihr dann sogar mit einem flüssigen Souvenir heim.

      Wie sieht es ennet der Grenze aus? Wer weiss, ob in (dem Val de Travers nahen) Frankreich oder im grossen Kanton dieser Alkohol schon legal ist?

      http://www.absinthe-order.com/Absinthe_die_Muse/Absinth_Aufhebung_der_Verbote.htm

    4. Albert Says:

      absinth (oder auch grüne fee) ist nicht mehr verboten! in der schweiz darf das wohlschmeckende destillat wieder ganz legal getrunken werden – jetzt ist nur noch halb so lustig 😉

    5. Scheich Says:

      Da sind wir doch froh, daß Absinth in der Schweiz wieder erlaubt ist. Dann wird an der Grenze wenigstens nicht mehr beschlagnahmt. Der Nachteil ist aber auch zugegebenermassen, daß der Flair des Verbotenen fehlt.

    6. Béatrice Mons-Martyr Says:

      Eh bien, la fée verte en Suisse…
      wahr ist zwar, dass sie dort heimisch ist trotz zwischenzeitlicher Probleme mit ihren Landsleuten. Unwahr ist hingegen, dass sie sich in anderen Weltgegenden nicht auch wohlfühlen kann.
      Béa

    7. sirdir Says:

      Nur, dass der “Thujon” (?) – Gehalt im erlaubten Absinth nicht so hoch sein darf. Ich wette, wer bisher auf Absinth geschworen hat, besorgt sich auch weiterhin schwarz gebrannten.

    8. Gizmo Says:

      Wer das (wirklich schöne) Val de Travers zu Ende fährt, gelangt irgendwann mal nach Pontarlier in Fronkraiiisch…. Dort ist die Destillerie Francois Guy ansässig, und leicht zu finden. Pontarlier gilt als die Heimatstadt des Absynth und man kann in der Destille zusehen wie das nass aus den Kupferdestillen läuft. Tip: Besuchen!

      Das Gebräu was die dort machen zählt im übrigen zu den Favoriten oder Geheimtips unter den Absynthsäufern.. ah Geniessern….