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To be or not to be at the «Chilbi»

(reload vom 10.6.06)

  • Sommerzeit ist Chilbi-Zeit
  • Die Schweizer „Chilbi“ kommt nicht von „Hillbilly“ = dem Hinterwäldler Fest der Amerikaner, und hat auch nichts mit ab-„chillen“ in der Chille zu tun, vielmehr findet es sich, mit streng knackig-konservativem „k“ im Anlaut geschrieben, im Duden:

    Kilbi, die; -, Kilbenen [zu alemann. Kilche = Kirche] (schweiz. mundartl.):
    1. Kirchweih.
    2. Fest, [private] Feier:
    Als endlich das Haus erbauet war, zogen sie hinüber … und gaben als … Hausräuki eine Kilbi, die drei Tage lang dauerte (Gotthelf, Spinne 103).

    Es gibt diese „Kirchweih“ auch als

    Kirtag (Österreich)
    Kirchtag (D-südost)
    Kirbe (D-südwest)
    Kirmse (D-nordost)
    Kirta (D-südost) oder
    Rummel (D-ost/nord)
    (Quelle: Variantenwörterbuch DeDruyter S. 163)

    Die Schweizer fügen mitunter noch die Alpen hinzu zum „Älperchilbi“ oder einen Sennen zur „Sennenchilbi“.

  • Jedem Ort seine Kirmes
  • Jedem sein eigenes Wort für dieses Fest also, welches zudem noch in jeder Stadt einen eigenen Namen haben kann. In Hamburg heisst die Kirmes der „Hamburger Dom“ , in Stuttgart der „Cannstatter Wasen“ und in Zürich das Knabenschiessen, und in Bern „Frühjahrsession„, um nur eine kleine Auswahl zu nennen.

  • Haifisch mal ganz leicht essen
  • Die sechs Wochen Fifa-WM-Zeit waren in der Schweiz genau wie in Deutschland bei gutem Wetter absolute „Biergarten“ und „Draussen-Fussball-Gucken“ Zeit. Vielerorts wurden Feste veranstaltet. Ohne Grossleinwand lief da gar nichts mehr. Am Zürisee entdeckten wir damals diese hübsche Ankündigung in Thalwil:
    highlights in Thalwil
    (Quelle: Hafenfest Thalwil)
    Uns wundert bei diesen „highlight’s“ nur, dass sie nicht konsequent mit „ai“ geschrieben wurden, wie „Hai-Lite’s“, als „Haifischflosse auf die leichte Art“ zubereitet. Die falschen angelsächsischen Genitive werden überhaupt nirgends mehr wahrgenommen. Neulich lasen wir auf einer Speisekarte auch das Versprechen: „Stet’s frische Speisen“ serviert zu bekommen. Nein Danke. So frisch können die nicht sein, wenn hinten schon das „s“ abfällt.

  • Dröschschürtor und Halbrännärs
  • In Stadel im Zürcher Unterland öffnete vom 9. – 11. Juni das „Dröschschürtor“. Zweimal „sch“ in einem Wort plus zwei Umlaute, da wird es dann heikel für uns Deutsche, wenn wir nicht beherzt das Wort einfach laut vorlesen. „Dreschen“ ist eine alte landwirtschaftliche Tätigkeit, dazu braucht es einen „Dreschflegel“. Oder geht es hier um „Dressur“ in der Toreinfahrt?
    Dröschschürtor und Austrinkete
    (Quelle Zürcher Unterländer 08.06.06 Seite 9)

    Wir wissen es nicht. Jedenfalls spielte dort eine Musikgruppe namens „Halbrännärs“. Oder war das gar keine Musikgruppe, und nur eine Verkaufsstand für halbe Vorbrenner der Mantafahrer im Unterland, bzw. halb gebrannte Schnäpse? Aus der Website der Halbränners wurden wir jedenfalls nicht schlau, was diese Halb-Brenner mit nur einem „b“ eigentlich machen. Sie stecken vielleicht mit den „highlight’s“ in Thalwil unter einer Decke, denn auch hier gibt es Plural-S als Genitiv:
    flyers mit Plural S
    flyer’s
    (Quelle Foto)

  • Was tut man auf einer „Austrinkete“?
  • Auf der Chilbi in Stadel fand dann am Sonntag um 11:00 Uhr die „Austrinkete“ statt. Sie kommen bestimmt nicht drauf, was man da so tun muss. Na, austrinken, was denn sonst! Ob die restlichen zwei Festtage die Gläser grundsätzlich nur halb leer getrunken wurden durften, entzog sich unserer Kenntnis.

    

    5 Responses to “To be or not to be at the «Chilbi»”

    1. Guggeere Says:

      «Die falschen angelsächsischen Genitive werden überhaupt nirgends mehr wahrgenommen.»
      Nun, das stimmt nicht ganz…

      Die Leute aus dem Umfeld dieser Kilbenen (im St.Galler Dialekt aufwachsend, lernte ich dieses Wort übrigens erst kennen, als ich als kleiner Bub das Buch «Mit Globi an der Chilbi» las) können offenbar weder Deutsch noch Englisch noch Mundart:
      – Wir begegnen dem berühmten Deppenapostroph (Flyer’s, Highlight’s).
      – Die blödsinnige phonetische Transkription von «Halbrenner»: Niemand, das behaupte ich jetzt einfach, bei uns Alpenalemannen spricht die unbetonte Endung -er wirklich als -är aus. Nicht mal im Zürchär Untärland.
      – Kein einziger Halbrenner (d.i. eine Art alltagstaugliches Halb-Rennvelo) nirgendwo zwischen Flensburg, Lüttich, Bozen und Wien bekommt in der Mehrzahl ein s angehängt.
      Wer sich also unbedingt als Hinterwäldler (Chilbi-Hillbilly?) outen möchte, traktiere die Mitmenschen am besten weiterhin mit solchem «Deutsch».

    2. ymotux Says:

      Die Halbränners bezieht sich vermutlich auf einen Halbrenner. Dies ist ein halbes Rennfahrrad (Rennvelo). Halb in dem Sinn, dass es nur 5 Gänge statt 10 (wie früher üblich bei Rennvelos).

    3. Austrinker Says:

      Beim Austrinken geht es eben nicht um die Gläser, die wurden auch schon vorher leer getrunken. Sondern am Ende des Festes müssen eben auch alle angefangenen Bierfässer, Weinharasse oder -flaschen, etc. geleert werden, da man die ja nicht halb voll zurückgeben kann.

    4. Michi Says:

      http://www.myheimat.de/gersthofen/beitrag/17171/viel-gute-laune-bei-der-gersthofer-kirchweih/

      „Südost“ ist wohl ihre Umschreibung für Bayern.
      Wie Sie zB an der Gersthofer Kirchweih („Kerrwei“ ausgesprochen, meine Heimatstadt) ersehen können ist es damit aber auch nicht getan. Mit Kirche hat das Fest freilich gar nichts zu tun. Da ist nicht einmal eine in der Nähe. Laut Wikipedia sind wir übrigens schwäbische Rumänen, denn laut dem entsprechenden Artikel über „Kirchweih“ ist unsere Ausspracheform bei den „banater Schwaben“ üblich.

      Man sieht also dass man sich damit abfinden muss dass in südlicheren Gefilden die sprachliche Vielfalt unüberschaubar ist und schon von einem Ort zum nächsten Ort Begriffe und Mundart anders sein können. Nicht nur innerhalb der Schweiz.

    5. Guggeere Says:

      @ Troll
      Langsam beginne ich zu begreifen, weshalb Trolle so sind, wie sie sind: Sie können Begriffe wie Deutsch, Plural, Englisch, Genitiv, Mundart usw. nicht voneinander unterscheiden und weder mit Apostrophen noch diakritischen Zeichen umgehen. Führt zu kümmerlichem Sprachrepertoire und engem Horizont. Vielleicht ist die Ursachenkette aber auch umgekehrt.

      http://www.deppenapostroph.de/