Gügeln, googeln oder kübeln?
(reload vom 15.04.06)
Uns wurde von einem Aussendienstmitarbeiter ein sensationeller Aufmacher aus dem BLICK zugeschickt:
(Quelle: blick.ch vom 7.4.06)
Natürlich sticht in diesem Aufmacher sofort das Verb „gügeln“ ins Auge, es wird ja sogar durch original Schweizer «Anführungszeichen» als „nicht ganz schriftfähig“ gekennzeichnet. Wir denken bei dem Wort gleich an unsere Lieblingsbeschäftigung. Nein, die ist nicht „Saufen“, so wie sie jetzt meinen, sondern „Googeln“, welches mit 827.000 Einträgen bei Google selbst gar nicht so schlecht vertreten ist . Könnten wir doch gleich mal die Häufigkeit gewisser Tätigkeitsverben bei Google untersuchen:
„Saufen“ gibt es 1.63 Millionen Mal, nur damit Sie beruhigt sind.
„Bumsen“ kommt 1.14 Mill. Mal vor, das synonyme Wort mit fi.. am Anfang 6 Mill. Mal
„Denken“ finden wir 31 Mill. Mal,
„Arbeiten“ 52 Mill. und
„Lernen“ 41 Mill. Soviel zum intellektuellen Anspruch von Webseiten. Wie oft „Sex“, „Liebe“ und „Computer“ bei Google vorkommt, müssen Sie jetzt selbst nachschauen. Sie wissen ja, wie man googelt.
Wir finden nur 28 Belege für „gügeln“, alle scheinen eine Eindeutschung von „googeln“ zu bezeichnen. Nur ein Beleg bei Google-Schweiz weisst eindeutig in die Richtung „saufen“, so wie sie der BLICK-Aufmacher meinte.
Das heisst für uns, dass nur die Schweizer dieses Wort im Sinne von „saufen“ gebrauchen, und dass diese Verbform mächtig unter Druck kommt durch die Neuschöpfung „googeln-gügeln“. Rein lautlich erinnert uns das Wort an „kübeln“, und das ist auch in Deutschland eine salopper Ausdruck für „schnell viel trinken“. Es kann ausserdem „wie aus Kübeln schütten“, und wenn jemand nicht trinkt sondern „kübelt“, dann verwendet er dazu meist ein etwas grösseres Glas, vielleicht sogar einen Kübel, damit es schneller geht, bis er keinen Bock mehr hat aufs Kübeln und zum Küblböck wird. „Kübeln“ ist nämlich in Deutschland auch die Gegenbewegung, wenn das soeben Getrunkene wieder nach draussen will. Aber jetzt wird das irgendwie unästhetisch.
Nur in der Schreibung „gügele“ finden sich mehr 70 Belege bei Google-Schweiz.
Diese Schreibweise findet sich bereits im Wörterbuch von Grimm:
GUGELN, vb., um sich schlagen: mit den geberden, mit dem rauhen scharren, poltern, drowen, sawr sehen, mit händen und füszen guglen und zittern vor zorn C. HUBERINUS viertzig predig (1567) G 1a, wohl dasselbe wort, das heute noch als gügeln im schwäbischen gebräuchlich ist, besonders in der verbindung das herz gügelet mir hüpft vor freude; unklar ist der einmal belegte reflexive gebrauch: also (wie beim turmbau zu Babel) tuend vil der layen hie, die gügeln sich gar hoch enbor und wissend nit die rechte spor HERMAN V. SACHSENHEIM mörin 4378 Martin; das wort begegnet auch in den nachbarmundarten: gügelen vor zorn zittern STAUB-TOBLER 2, 159; gügeln schaukeln HALTER Hagenau 155; als gugen schwanken, schaukeln SEILER Basel 153; MARTIN-LIENHART 1, 204.
(Quelle: Grimm)
Die Schwäbische Variante „das Herz gügelet mir vor Freude“ finden wir besonders appart.
Der eigentlich Fund für uns in diesem Artikel auf Blick-Online ist jedoch der Teil nach dem Wörtchen «gügeln»: Weniger als auch schon. Das erklären wir dann morgen!
März 18th, 2009 at 10:44
gügele ist saufen, aber ohne gleich in Ohnmacht zu fallen.
Evt. damit verwandt ist „Güx“ was ein Synonym für Alkohol ist.
März 18th, 2009 at 11:12
„gügele“ ist nicht dasselbe wie „schnell viel trinken“ – „gügele“ heisst eher dauernd und gleichmässig eine ordentliche Menge trinken, sodass man nie volltrunken ist, aber nie nüchtern.
März 18th, 2009 at 15:30
In Bayern meint „Gugl“ was ganz anderes:
http://www.guglmann.de
Wikipedia sagt dazu:
ie Guglmänner sind ein bayerischer Geheimbund, dessen Mitglieder sich als Hüter der Monarchie verstehen und zum Weiterleben der Verschwörungstheorien und Legenden um den Tod König Ludwigs II. von Bayern 1886 beitragen.
Bei öffentlichen Auftritten (nach einer Tradition bei den Bestattungen der bayerischen Könige) tragen sie ähnlich wie die Teilnehmer von Prozessionen in Spanien eine – allerdings schwarze – Mönchskutte mit einer den Kopf völlig verhüllenden Kapuze (bayerisch Gugl).
Ihre politische Forderung ist die Autonomie Bayerns. Sie stehen somit der separatistischen Bayernpartei nahe. Sie fordern unter anderem auch, dass es bayerische Euromünzen geben soll, auf denen König Ludwig II. abgebildet ist, anstatt des Bundesadlers, da dieser ein preußisches Symbol sei und für die Unterdrückung Bayerns stehe.
März 18th, 2009 at 15:58
Bei uns ist „gügele“ das Verb für Alkoholiker sein. Es klingt harmloser „saufen“ oder „Alkoholiker“, ist es aber überhaupt nicht.
(Übrigens: Die Aussprache von „gügele“ ist meilenweit entfernt von „googlen“ oder Dialekt „google {guugle}“)
März 18th, 2009 at 22:02
Was Mare und Cocomere schreiben, kann ich nur unterstützen.
Im Vorfeld der Schlacht bei Sempach (1386) zwischen Herzog Leopold von Habsburg und den Eidgenossen, fand im heutigen Schweizer Mittelland der Guglerkrieg statt. http://de.wikipedia.org/wiki/Gugler und http://hls-dhs-dss.ch/textes/d/D8731.php
Die Gugler hiessen so wegen ihrer Helmform, quasi eine Kugel mit einer Öffnung. Gugel (siehe Kommentar von Ric) hat auch im Bayrischen wohl eine ähnliche Herkunft.
Und da ist ja noch der Gugelhopf, eine Kuchenform in Süddeutschland und der Schweiz. Vielleicht stecken auch da die selben Wurzeln dahinter.
März 19th, 2009 at 8:36
@ Thomas
Güx ixt immer Schnaps. Kafi mit Güx, bis man schräg „güggslet“, was dann vom Schnaps kommt aber sprachlich nicht mit ihm zu tun hat.