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Zum Rauchen einen Verein gründen — Die Nöte eines Rauchers am Klotener Flughafen

  • Verzweifelt auf dem Laufband
  • Vor kurzem sprach mich im Flughafen Kloten ein Mann aus der Westschweiz an und fragte, ob ich Französisch spreche und ihm helfen könnte. Er war, aus Genf kommend, in Kloten gelandet und wartete auf seinen Flug nach Übersee. Wir standen während unserer Unterhaltung auf einem dieser automatischen Laufbänder, die durch das lange Terminalgebäude zur Gepäckausgabe führen. Der Mann hielt eine nicht angezündete Zigarette in der Hand und fragte verzweifelt auf Französisch: „Wo darf ich hier rauchen?“ Nirgends, denn die wenigen dafür reservierten Raucher-Lounges befanden sich weit entfernt im Transitbereichs des Flughafens. Der Mann tat mir richtig leid in seiner Verzweiflung.

  • Der Rausch im Raucherabteil
  • Noch vor wenigen Jahren konnte man, um morgens preisgünstig in den Genuss eines Cannabis-Rausches zu kommen, einfach das Raucher-Abteil der S41 von Bülach nach Winterthur aufsuchen, das bis auf den letzten Platz gefüllt mit Schülern und Lehrlingen war. Man tat gut daran, ein scharfes Messer mitzunehmen, um sich einen Weg durch die dichten Rauchschwaden im Abteil zu schneiden. Dann wurden die Züge der SBB plötzlich rauchfrei, ganz ohne Referendum und Gegenvorschlag.

    Di Caprio mit Zigarette im Film
    (Quelle Foto: bluemovierevues.com)

  • Rauchen im Kino
  • Noch läuft in den Schweizer Kinos das amerikanische Ehedrama „Zeiten des Aufruhrs“ bzw. „Revolutionary Road“, in dem sich Leonardo DiCaprio und Kate Winslet die Lunge schwarz rauchen. Man hat ihnen sicher extra Schmerzensgeld für die vielen Zigaretten bei den Dreharbeiten gezahlt, die sie konsumieren mussten. Die Handlung spielt in den 50ern, als noch im Büro, in der Kantine, daheim in der Küche, im Zug, im Flugzeug und auch sonst überall gnadenlos geraucht werden durfte. Heute ist Rauchen im Kino verboten, weil davon die Leinwand kaputt geht. Ha, wenn die Lunge kaputt geht hat das früher auch niemanden interessiert

  • Rauchverbot als Wort des Jahres
  • Und heute? Irland und Italien machten 2004 den Anfang mit den Rauchverboten für Pubs und Restaurants, die Schweizer Züge sind seit dem 11.12.2005 rauchfrei. Der Begriff „Rauchverbot“ war 2006 das Wort des Jahres. Deutschland folgte erst im September 2007 mit Rauchverboten in Zügen. In Norwegen darf man selbst unter freien Himmel in bewohnten Gebieten nur an speziellen Orten rauchen. Die Norweger steigen verstärkt um auf Kautabak, um sich den Weg hinaus in die Kälte zu sparen.

  • Vereinsgaststätten haben Zulauf
  • Findige Gastwirte in Deutschland wandelten ihre Kneipen um in „Raucherclubs“, nur für Mitglieder geöffnet, und konnten so die Verbote umgehen. Der den Raum betritt, unterzeichnet eine Beitrittserklärung und wird Mitglied. Allein in München gibt es 800 dieser Lokale, deutschlandweit sollen es 15‘000 sein (Quelle: Wikipedia). Denn wenn es drei Menschen gibt, die in Deutschland das gleiche Hobby haben, dann gründen sie erst mal einen Verein. Einer wird Vereinsvorsitzender, der zweite sein Vertreter und der dritte Kassenwart, so will es das deutsche Vereinsgesetz. Wir hätten uns also in Kloten auf dem Laufband nur noch einen dritten Mann suchen müssen.

    

    15 Responses to “Zum Rauchen einen Verein gründen — Die Nöte eines Rauchers am Klotener Flughafen”

    1. Dennis Says:

      Für mich als deutscher Raucher war der Wochenendaufhalt in Zürich vor einiger Zeit recht angenehm. An den S-Bahnsteigen wurde man nicht wie im großen Kanton in Raucherbereiche gezwängt und in Bars und Restaurants durfte geraucht werden.
      Habe mich leider sehr schnell wieder an „die alten Zeiten“ gewöhnt 🙂

    2. Chris Says:

      Da das Schweizerische Zivilgesetzbuch (ZGB) keine Zahl nennt, sind die Meinungen in der schweizerischen Rechtslehre zur minimalen Anzahl Personen, um einen Verein zu gründen, geteilt. Es gibt viele Autoren, die dafür halten, dass nur schon 2 Personen ausreichen. Ihr hättet also auf dem Laufband sogleich einen Verein gemäss Art. 60 ff. ZGB gründen können 🙂 Nur bedarf es dazu noch eines Vereinslokals und das hätte euch der einzigartige (oder eigenartige?) Flughafen Unique wohl kaum zur Verfügung gestellt.

    3. Phipu Says:

      Zur Vereinsgründung gehört noch mehr dazu. Da müssen Statuten erarbeit werden. Auf dem Flughafen kann man das natürlich auch, besonders wenn man einen Notizblock oder englisch ein „Notebook“ dabei hat.

      Vor der offiziellen Vereinsversammlung sollte man auf traditioneller (aber nicht juristischer) Seite ein Apéro abhalten. Alkohol kaufen und trinken ist für Personen ab 16 Jahren sogar an rauchfreien Orten wir Flughäfen möglich.

      Nach dem offiziellen Akt sollte auch noch ein 2. Teil, auch „gemütlicher Teil“ genannt, stattfinden. Dafür eignen sich Flughafenrestaurants nicht besonders. Mit vielen Vereinsmitgliedern braucht man sowieso ein eigens reserviertes Sääli. Aber vielleicht halten einige auch das Anstehen am Check-In-Schalter für gemütlich.

      Weitere Gesetzestexte und Hilfen zur Vereinsgründung hier:
      http://www.alumni.uzh.ch/organisationen/associationbestpractices.html
      http://www.staefa.ch/xml_1/internet/de/application/d11/f188.cfm
      http://www.admin.ch/ch/d/sr/210/index1.html#id-1-2-2
      http://www.admin.ch/ch/d/sr/101/a23.html
      für ungeübte Ohren ungewöhnliche Wörter wie Apéro und Traktandum/Traktanden können in der Suchfunktion der Blogwiese ergoogelt werden.

      Dann noch zum Rauch:
      Heute sind die Schweizer (und praktisch überall in Europa) Fernverkehrszüge zwar rauchfrei, dafür aber nicht mehr so pünktlich. Für diese Verspätung sind natürlich in erster Linie die Raucher die Sündenböcke. Man braucht nur die türblockierenden Raucher auf Bahnhöfen wie Bern, Sargans, Bellinzona, Lausanne, Fribourg, Arth-Goldau, etc. zu beobachten, um zu begreifen, dass es nicht für alle nikotinsüchtigen Leute möglich ist, 45 – 90 Minuten in einem rauchfreien Zug ohne Halt auszuharren. Leider planen nichtrauchende Schreibtischstrategen der Bahngesellschaften an solchen Orten teilweise immer noch nur realitätsfremde 1 Min. Aufenthalt ein. Der theoretische Fahrplan wird vor allem für Züge voller Rekruten zur Makulatur. Man könnte fast glauben, die Fahrplanmacher achten auf viele andere Kriterien als ausgerechnet auf die Raucher.

      Die klassischen französischen Haltedurchsagen bekamen vor ein paar Jahren mit der Einführung von ganzen Nichtraucherzügen eine ganz neue Wichtigkeit: „Nous arrivons à Dôle, Dôle, deux minutes d’arrêt“ (Wir treffen in Dôle ein, Dôle, zwei Minuten Aufenthalt). Ich konnte noch nicht in Erfahrung bringen, ob zum Aufholen einer Verspätung auch manchmal der fahrplanmässige Aufenthalt in der Praxis verkürzt wird.

      Was ich mir als Nichtraucher tatsächlich auch schon vorzustellen versucht habe: Was machen eigentlich diese armen Abhängigen in Langstreckenflügen oder französische TGV-Zügen, wo man über mehrere Stunden nicht ans frische Nikotin kommt?

      [Anmerkung Admin: Sie benutzen Nikotinpflaster, Kautabak oder Pillen. Zigaretten essen ist hingegen lebensgefährlich, den Nikotin ist ein hochwirksames Gift, das nur in ultra-kleinen Portionen eingenommen werden kann, also in Form von Lungenzügen, gut vermischt mit viel Luft]

    4. solanna Says:

      Ich geniesse das Rauchverbot in Restaurants ungemein, das in meinem Wohnkanton seit Neujahr in Kraft ist: Endlich kann auch ich wieder in den seit je her legendären Treffpunkt-Beizen etwas trinken gehen, ohne bald husten zu müssen, gegen brennende Augen zu kämpfen, danach fast so zu stinken wie die Raucher selbst und in Extremfällen Kopfschmerzen zu bekommen.

      Ich habe feststellen müssen, dass der Geruchssinn regelmässiger RaucherInnen gar nicht mehr in der Lage ist, zu riechen, wie sehr sie nach jeder Zigarette stinken! Oft, wenn Rauchende nach einer Zigarettenpause in einen rauchfreien Raum zurückkehren, muss ich mir Mühe geben, dass man mir nicht anmerkt, wie unangenehm ihr Geruch ist, wenn sie auf Dialognähe kommen. Ihr Stinken dauert manchmal mehrere Minuten lang an. Leider merken sie das selber nicht. Darum verstehen sie vermutlich auch die Abneigung der Nichtrauchenden gegen Rauchende nicht. Beziehungsweise die Erleichterung über gesetzliche Hilfe für uns.

    5. Thomas Says:

      @Dennis: auch Zürich wird rauchfrei. Wobei eigentlich recht lustig ist, dass es offenbar fast 2 Jahre braucht, um in jedem Restaurant die Aschenbecher vom Tisch zu räumen 🙂
      @Chris: braucht ein Verein nicht Statuten?

    6. Simone Says:

      Ich bin überzeugter Nichtraucher und geniesse es, zunehmend mehr vor Rauch geschützt zu werden. Dennoch, Raucher leben zwar ungesund, tun dies aber aus freien Stücken heraus. Man sollte entsprechende Räumlichkeiten, in denen geraucht werden darf, flächendeckend anbieten. In Zügen und in Fliegern muss es nicht unbedingt sein.

    7. Brun(o)egg Says:

      In unserer Familie flemmen alle, inkl. der Töchter. Und wir hatten eigentlich noch nie Probleme mit den Rauchverboten, erlegen uns sogar solche selber auf und halten uns an bestehende.

      Was nervt sind die gläubigen, verbiesterten Nichrauchter, die sich für die absolut besseren Menschen halten. Und Flughäfen die den Rauchern mit unsinnigen Lokalitäten das Rauchen erschweren. Ist fast wie die Stadt Zürich, die versucht mit dauernd neuen Baustellen, den Autofahrern das fahren zu vermiesen.

    8. Mare Says:

      Früher sagte man: „Im Raucherabteil weiss man wenigstens, wonach es stinkt.“

    9. Texaner Says:

      Wie sich die Zeiten aendern: Ich bin in der Schweiz als einziger Nichtraucher in einer Raucherfamilie aufgewachsen. In den Zuegen bin ich immer in Raucherabteilen gesessen da die Luft in den Nichtrauchern so komish war!

    10. Stephan Marti Says:

      … musst es halt wie mit dem Champagner machen!

    11. pit vo lissabon Says:

      am einfachsten ist, man hört auf zu rauchen. bei der nächsten erkältung oder grippe hört man automatisch auf zu rauchen. wichtig ist, dass man sich vornimmt nach der genesung sich keine mehr anzuzünden. es geht – ich habs probiert und unsere ganze familie auch.

    12. Stella Says:

      Hallo Brun(o)egg! ich fühle mich als Nichtraucherin gar nicht als besserer Mensch, aber ich fühle mich ohne Rauch eindeutig wohler! Seit wir im ganzen Kanton rauchfreie Restaurants haben, gehen wir wieder viel häufig auswärts essen. Hatten wir vorher total eingestellt, weil ich finde, ich müsse nicht dafür bezahlen, dass ich als „Gegenleistung“ dafür nach jedem Restaurantbesuch drei Wochen Bronchitis habe. Raucher sollen gerne rauchen wo sie mögen, aber bitte nicht meine Luft verpesten. Die Grenze beginnt nämlich dort, wo die Grenze eines anderen beginnt. Aber das ist vielleicht zu abstrakt für Rauchende. Egal! mir ist total wohl in rauchfreien Zügen und rauchfreien Restaurants. Höchstens wenn so eine „Rauchsäule“ ins Lokal oder ins Coupé kommt, überkommt mich Übelkeit und ich denke an die alte Reklame für rauchfreie Luft: kiss a non-smoker and smell the difference! oder umgekehrt (würde ich zwar nie tun): küsse einen Raucher und schmecke den Unterschied…..

    13. Matthes Says:

      Als Vater eines einjährigen Sohnes bin ich froh ab 1. Mai ohne sorgen in einem Restaurant die Windeln wechseln zu können. Als ehemaliger Raucher wäre mir der Qualm noch egal, aber meinem Freund den Glimmstengel habe ich durch den Kühlschrank ersetzt…:-) Jetzt gibt es kein zurück mehr.
      Ende Feuer es lebe die Eiszeit.

      Ein spannenden Kommentar habe ich noch auf
      http://www.stauffacher.tv gefunden. Thema: Anzeigen von Rauchern im Restaurant.

      Lieber Gruss
      Matthes

    14. Allmechtna Says:

      @solanna

      Sie haben das Essen vergessen, das früher immer im Nikotinsiff eingelullt war.

    15. Martin Says:

      Wie lange wollen sich Raucher noch diskriminieren lassen???????

      Die Rauchverbote schießen wie Pilze aus dem Boden. In immer mehr Betrieben herrscht komplettes Rauchverbot und sogar Personalchefs bevorzugen vermehrt Nichtraucher. Von der Gastronomie brauchen wir erst gar nicht zu reden…

      Wie lange wollte ihr das noch mitmachen??????

      Für ein besseres Leben
      Martin