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Die Hassliebe zu den Deutschen — Roger de Weck befragt Thomas Maissen

In der Sendung „Sternstunde Philosophie“ des Schweizer Fernsehens brachte am 7.12.08 ein Gespräch zwischen Roger de Weck und dem Schweizer Historiker Thomas Maissen. Es ist eine kleine „Nachhilfestunde“ in Sachen Schweizer-Deutsche Geschichte, sehr sehenswert!

Die Hassliebe zu den Deutschen. Roger de Weck befragt den Schweizer Historiker Thomas Maissen

Steuerstreit mit der Bundesrepublik und ihrem Finanzminister, Flughafenstreit rund um Zürich-Kloten, Warnrufe vor der «Verdeutschung der Hochschulen: Der »grosse Kanton« weckt nach wie vor Ressentiments. Früh wollten sich die Eidgenossen, vor allem die Deutschschweizer, vom Deutschen Reich absetzen: eine Konstante der helvetischen Geschichte. Zugleich aber ist die Intensität der Beziehungen zwischen den beiden Ländern einzigartig. In der Schweizer Wirtschaftsgeschichte spielten Deutsche – wie der Frankfurter Apotheker und Nestlé-Gründer Heinrich Nestle – eine Schlüsselrolle.

Ebenso wurden ETH und mehrere Schweizer Universitäten im 19. Jahrhundert von deutschen Professoren grossgezogen. Heute ziehen bestausgebildete Deutsche in die Schweiz. Umgekehrt machen unzählige Schweizer Karriere in Deutschland, zum Beispiel Josef Ackermann, Chef der Deutschen Bank. Und doch stellt sich die Frage: Kennen sich eigentlich die Nachbarn, die so viel miteinander zu tun haben und trotzdem unverdrossen Klischees und Feindbilder pflegen? Thomas Maissen kennt wie wenige Geschichte und Gegenwart des Wechselspiels zwischen zwei ungleichen, wiewohl nicht unähnlichen Nachbarn.

Die ganze Sendung gibt es zum nachträglich anschauen hier:



9 Responses to “Die Hassliebe zu den Deutschen — Roger de Weck befragt Thomas Maissen”

  1. Egon Says:

    Ich weiss nicht, die Schweizer reden immer so viel. Im Deutschen Fernsehen wird nicht halb so viel geplappert.

    http://www.youtube.com/watch?v=-lW7xKkuiHM

  2. TAFKAN Says:

    Hallo ich bin die Ulli. Wahrscheinlich sind bei dem Video alle eingeschlafen und darum meldet sich keiner. Hier eine Zusammenfassung der Sendung in nur 17 Sekunden:

    http://www.youtube.com/watch?v=i5CIspS7xiM&feature=related

    Und endlich haben wir den einEIigen Zürcher enttarnt. Zudem noch in der Badewanne:

    http://www.youtube.com/watch?v=8A0RCDGhDqk

  3. Simone Says:

    Die Geschichte mit der Alpenunion wird eher selten genannt. Gerade die würde aber m. E. Vorurteile unterstützen. Das war schon ein ziemlicher Hammer von guten Herrn Strauss (Gott habe ihn selig).

  4. Egon Says:

    Wie kein zweiter beherrscht Roger de Wecks die Kunst des angeregten Interviews. Auch das Wort Inter – View erlangt visuelle Kraft. Nur de Wecks vermag gleichzeitig auf seinen Diskutanten, dessen Krawatte und das Karaoke Textfeld im Hintergrund, möglicherweise auch auf einige Discotanten zu blicken.

    Zwar gibt es bessere Interviews oder Verhöre:

    http://www.youtube.com/watch?v=cUk7-DXCVMg&feature=related

    aber das darf auch nicht darüber hinwegtäuschen, dass niemand sonst eine derart platzen wollende Eintönigkeit beherrscht . Es ist die hohe Fertigkeit der packenden Monotonie, die jegliches Übel der Kurzweiligkeit zu eliminieren versteht. Zu Recht ist er Mitglied im Penn Club.

    Auch privat – das gehört vielleicht nicht hierhin – springt der Funke der lodernden Begeisterung ektatischer Begierde nach Lebendigkeit aus dem Meister des Big Talk. Jede freie Minute verbringt er mit seinem Labrador, den beiden Zwerghasenkindern und dem gemeinsamen Frauchen an den Pennsylvanischen Seen in Rumgähnien.

    Ein Donnerschlag erWeckt uns. Die Habsburger. Kaum zu glauben, dass sich ein Gespräch, welches eher einer Kondensation, denn einem Dialog gleicht eine solche Dichte aufbauen kann. Stellen wir uns nur einmal aus nutzlosen Erwägungen* vor, diese Thematik wäre von Jörg Pilawa im Vorabendprogramm in „das Quiz“ zur Erörterung gelangt.

    Etwa mit der Frage: „Was mussten alle eingeladenen Kinder und Erwachsene einschliesslich der Body Guard beim Geburtstag von Madonnas Sohn Rocco John essen“. Und dann guckt Pilawa erst einmal so mit dieser gelangweilten Freude mit der man den dritten Mal in Folge die Fields Medaille verliehen bekommt, nachdem er so eben auf dem WC sämtliche denkbare dreidimensionale Räume sortierte. Und dann wird er wiederholen: „Madonnas Sohn Rocco John“.

    Und bevor die Werbepause greifen kann, stöhnt der sechszehnjährige Clearasil Abonnent in sein Mikrofon „Ich … ich … habs, Burger“. Richtig Habs Burger. Und dann ist das Thema durch und zwar richtig und es gibt gleich noch 5000 Euro dafür.

    Das gibt es bei Herrn de Wecks nicht. Der, so haben wir oben gelesen, der de Wecks wohnt „gegenüber“ in Deutschland. Ja nur gegenüber von was denn eigentlich.

    *Diese medienanalytische Methode stammt nicht von mir. Sie ist anerkanntes Instrument der Folter: http://www.stefan-niggemeier.de/blog/jorg-pilawa/ (beachte auch weitere Verlinkung in Kommentar 2, ab hier muss man suchen und Kommentar 3)

    [Anmerkung Admin: Soweit ich weiss wohnt Roger de Weck in Frankreich, in der Nähe von Genf ]

  5. Eric Says:

    Jedes Land schafft sich seinen nationalen Mythos um die eigene Existenz zu rechtfertigen. In der Deutschen bzw. deutschsprachigen Welt ist dies besonders anschaulich. Noch zu Urgroßvaters Zeiten hat sich jeder Salzburger eigentlich als Bayer gefühlt, und zusammen mit dem Bayer als Deutscher. Nach dem Krieg für den ein Herr aus Österreich maßgeblich verantwortlich war hat man dann das Kunststück geschafft sich in die Opferrolle zu bringen und gleichzeitig einen eigenen Nationalstaat aufzubauen der mit „den Deutschen“ (die es in der heutigen Form als Staat gerade einmal seit 1949 gibt!) nichts zu tun hat (Ausland!), folglich auch nicht mit „deren“ Verbrechen und „deren“ Faschismus (freilich war das noch ganz anders solang die Wehrmacht Erfolge feierte und der Reichskanzler seine Heimat „heimholte“ in das Reich). Seit dem Zweiten Weltkrieg besteht ein Großteil der nationalen Identität der Österreicher aus Abgrenzung gegenüber den „Daitschn“. Keine ZiB Sendung im ORF bei dem nicht irgendwas mit Deutschland verglichen wird, natürlich immer zum Vorteil von Österreich. So geht das in jedem Lebensbereich weiter.
    Paar Jahrhunderte früher war es ganz ähnlich mit den Niederländern die zwar heute noch in ihrer Nationalhymne von „deutschem Blut“ (Duitsen bloed) singen aber sonst natürlich mit den „Duitsen“ nichts zu tun haben wollen und sie, man ahnt es, verachten. So ist es mit Schweizern im Prinzip auch.
    Zurück zu der Kriegssache, auch in der sog. „Deutsch-Deutschen“ Geschichte war dies so. Die DDR hat die gesamte Kriegsschuld auf den faschistischen Westdeutschen abgeladen (darum ja auch der antifaschistische Schutzwall), schon in den Schulen ein Hassbild aufgebaut indem ganz gezielt die Geschichte so hingedreht wurde dass es noch keine direkte Lüge war aber eben manches fortgelassen wurde etc. so dass der Eindruck entstand, es war schon richtig so dass es die DDR gibt und mit dem Klassenfeind hat die ohnehin nicht viel gemein. Hätte es nach dem Mauerfall nicht direkt die Wiedervereinigung gegeben und man hätte die DDR als unabhängigen Staat belassen, ich wette heute (20 Jahre danach) hätte sich dort bereits ein Nationalbewusststein entwickelt und man könnte die selben Abwehrmechanismen gegenüber den „Wessis“ beobachten wie gegenüber den „Schwobn“, den „Piefke“ oder dem „Mof“ wie man in Holland sagt.

    Mir persönlich ist dies alles egal wie suspekt. Wer mal die Welt bereist wird merken wie nichtig und kleinkariert dieses ganze Regionalgetue ist. Die Great Lakes in den USA sind so groß wie ganz Mitteleuropa. Alaska, einer von 50 Bundesstaaten der USA, ist größer als Westeuropa (mit weniger Einwohnern als Zürich). Das Universum hat Milliarden Galaxien mit jeweils Milliarden Sternen. Und hier auf diesem winzigen Fleck im kleinen Europa haben wir nichts besseres zu tun als uns gegenseitig dafür zu hassen ob jemand Semmel, Brötchen, Wecken, Weckli, Stulle, Bemme oder was-weiss-ich-was sagt.

    Bei der Geschichtsstunde hab ich soeben vor allem eines gelernt, wie erschreckend kleinkariert dies alles ist und wie lang dieser Schmarn schon so geht. Ich mach da nicht mehr mit, den nächste der mir mit irgendwelchen Klischees kommt oder mir irgend eine Flagge vor die Nase hält um mich zu provozieren lass ich einfach stehen und geh weiter. Das macht der dann dreimal und dann lässt er es und wir können vielleicht irgendwann mal anfangen uns mit echten Problemen zu befassen.

  6. Brun(o)egg Says:

    @ Egon

    Ein bisschen verschwurbelt und bemüht originell dein Text. Findest Du nicht?

  7. Egon Says:

    @ Brun(o)egg

    verschwurbelt (schönes Wort) aber nein, liegt wie meistens im „Auge des Betrachters“. Zumindest verstehe ich auch beim zweiten Durchlesen eigentlich alles.

    Aber natürlich erkennst Du genau die Symbolik, die dahinter steht. Und man hätte diese auch in die Worte fassen können, die Eric in seinem Comment gebraucht hat.

    Klar ist es unfair, de Weck auf die gleiche Ebene wie Pilawa zu hiefen. Nur die ganze „Deutsch – Schweiz ; Schweiz – Deutsch“ Diskussion hat doch auch etwas von einem „Schmarrn“ 😉

  8. jo-SR Says:

    „Nur die ganze “Deutsch – Schweiz ; Schweiz – Deutsch” Diskussion hat doch auch etwas von einem “Schmarrn” “

    Jetzt kann ich dir folgen 😉

    @Jens, zu deinem Anti Spam Filter
    0 x 0 ist nicht definiert, & minus ! davon ebensowenig

  9. Hans Says:

    @ Eric
    Eric says:
    „Bei der Geschichtsstunde hab ich soeben vor allem eines gelernt, wie erschreckend kleinkariert dies alles ist und wie lang dieser Schmarn schon so geht. Ich mach da nicht mehr mit, den nächste der mir mit irgendwelchen Klischees kommt oder mir irgend eine Flagge vor die Nase hält um mich zu provozieren lass ich einfach stehen und geh weiter. Das macht der dann dreimal und dann lässt er es und wir können vielleicht irgendwann mal anfangen uns mit echten Problemen zu befassen.“

    Ich kann den diesen emotionalen Aufbrauser nachvollziehen, aber ich glaube, dass er eine Haltung zeigt, die zu manchen Fehlschluessen fuehren kann. Ich bin mit einer Franzoesin verheiratet und hatte / habe mit Vorurteilen gegenueber den Deutschen zu kaempfen. Wobei kaempfen nicht das richtige Wort ist : auseinandersetzen waere besser. Wir haben uns der Vergangenheit zu stellen, auch wenn man wie ich nicht beteiligt war. In den Koepfen der meisten wird man einer geschichtlichen Phase zugeordnet bzw. man bekommt bestimmte Stereotype auf die Stirn geklebt. Das wird einem nicht offen gesagt; es ist aber gut, diesen Sachverhalt sich immer vor Augen zu halten. Die politischen Sonntagsreden ueber Freundschaft zwischen den Voelkern sind ein Schmarren: da man mich sehr haeufig fuer einen Franzosen haelt, verlaesst man den konfliktfreien und nutzbringenden Small-Talk und zeigt seine wahre Meinung ueber die Deutschen.
    Kurz, damit muss man leben und sich keinen Illusionen hingeben! Ich schreite nur noch ein, wenn man mich persoenlich in diese Stereotypenkiste packen will.