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Ein Jahr am Südpol — Wenn es richtig kalt ist

  • Das Hörspiel am Zürichsee
  • Die Meteorologen haben für die nächsten Tage eisige Temperaturen vorausgesagt. In der Schweiz und in Süddeutschland noch etwas abgemildert durch den Hochnebel. Dieser Nebel sorgte zum Jahreswechsel in Zürich dafür, dass die zahlreichen Besucher des Feuerwerks am See, welches wie jedes Jahr pünktlich um 00:20 Uhr begann, wann sonst in dieser Nacht, nur ein eindrückliches „Hörspiel“ erlebten.

  • Akustik im Nebel
  • Es knallte im Nebel, ab und zu war ein Blitz zu erkennen. Ganz schlaue waren auf den Uetliberg oder auf den Züriberg gestiegen, dort soll die Akustik des Feuerwerks ganz phänomenal gewesen sein. Am besten gefiel uns allerdings die Live-Übetragung auf Tele-Züri: Alles weiss in weiss.

  • Sind minus 20 Grad schon kalt?
  • In Norddeutschland soll das Thermometer in diesen Tagen des Nachts auf minus 20 Grad fallen. Ist das kalt? Ein Freund von uns verbrachte einst ein Jahr am Südpol. Dort gibt es 6 Monate lang Sommer, ohne Dunkelheit, und 6 Monate Winter, ohne Sonnenschein. Im Winter liefert nur der Mond etwas Licht. Zwei Wochen sieht man ihn, zwei Wochen ist es komplett dunkel, und natürlich kalt. Sehr kalt. Minus 70 Grad in der Nacht sind normal. Unser Freund erzählte uns, dass das Wasserlassen in der Nacht vor dem Wohncontainer einen ziemlich Krach machte, weil der gefrorene Urin in Form von Eisstäben zu Boden fiel und dabei laut klirrte.

  • Friert die Spucke in der Luft, ist es kalt
  • Man misst die Kälte, ganz wie in Jack Londons Romanen beschrieben, durch Spuken auf den Boden. Friert die Spucke erst auf dem Boden, dann ist es nicht so kalt. Friert sie im Flug in der Luft, dann ist es kalt. Friert sie schon am Bart fest beim Ausspucken, dann macht man besser sein Testament, denn dann ist es es wirklich kalt.

  • Der Club der 180 Grad
  • Aus Kalifornien stammend gehörte es zur Kultur und Lebenseinstellung unseres Freundes, auch bei den tiefsten Temperaturen im T-Shirt und in Shorts herumzulaufen. Wenn das Versorgungsflugzeug kam, um Vorräte abzuwerfen, dann stand er draussen in Shirts bei minus 40 Grad und winkte dem Piloten zu, vorauf dieser glaubte, dass auf der Forschungsstation alle übergeschnappt waren. Auch eine Sauna gab es, auf plus 110 Grad heizbar, und die Mitarbeiter der Station gründeten den „Club 180“. In ihn wurde aufgenommen, wer von plus 110 Grad hinaus in die Kälte auf minus 70 Grad gewechselt hatte, manchmal mehrmals hintereinander. Gut aufgeheizt kann ein Mensch 30-60 Sekunden in der Kälte aushalten.

    Die Station wurde durch Diesel-Generatoren mit Energie beliefert. Damit der Diesel nicht einfriert, liegen grosse Heizdecken auf den Tanks. Fällt der Generator aus, dann hat man genau 30 Minuten Zeit, ihn wieder in Gang zu bekommen. Falls das nicht gelingt, ist der Diesel gefroren, man kann keinen mehr Strom erzeugen, und fertig ist die Laube.

  • 10 Jahre alte Cola
  • Um sich beim Spazierengehen in der Eiswüste nicht zu verlaufen, wurde im Abstand von 100 Meter Pfähle in den Boden gerammt, in eine Richtung ca. 2 Km weit. So konnten die Mitarbeiter von Pfahl zu Pfahl laufen, wenn sie Bewegung haben wollten, und nach 20 Pfählen umkehren. Einmal wollten sie noch weiter laufen, zu einem Flugzeugwrack, das dort 200 Meter entfernt liegt. Das war ein ziemliches Risiko, denn ohne Orientierung läuft jeder Mensch im Kreis, und einen Kompass kann man am Südpol nicht verwenden, denn in alle Richtungen ist Norden. Sie fanden das Wrack und wurden durch tiefgefrorene Coke-Dosen belohnt. Die waren 10 Jahre alt und fanden sich im Landeraum des Frachtflugzeugs.
    Ich gehe jetzt mal in den Garten zum Ausspucken um zu sehen wie kalt es ist.

    

    8 Responses to “Ein Jahr am Südpol — Wenn es richtig kalt ist”

    1. Thomas Says:

      Achtung Fehlerteufel: Ist das deutsch?: „Ein Freund von uns verbrachte vor ein Jahr am Südpol“
      Und es stimmt, dass es die nächsten Tage kalt ist/wird, die Wetterlage sah allerdings vor 4 Tagen noch kälter aus. So wird es nur noch kalt und (leider) nicht mehr eisig. Die Sache mit dem schockgefrieren scheint tatsächlich zu stimmen, ne heisse Tasse Kaffee im 1. Stock aus dem Fenster geschüttet, kommt, gemäss PD an der Uni (deutscher, der auch ne Saison dort unten war), unten gefroren an. Der Meteorologe in mir klugscheisst, dass ja auch heisses Wasser schneller gefriert als kaltes, resp. die extrem niedrige Luftfeuchtigkeit dort unten dazu führt, dass viel vom Kaffee auch einfach verdunstet, was ja bekanntlich kühlt.

    2. Georges Says:

      Mein Kommentar zum Silvester-Feuerwerk:

      Vor 20 Jahren (und vielleicht auch noch vor 10 Jahren) war es so, dass man um 23h55 dem Ausläuten des alten Jahres zuhören konnte, dann war es eine Minute mucksmäuschen still und dann hörte man den Glockenschlag zum Einläuten des neuen Jahres.

      Das ist nun wohl für immer vorbei, man hört hauptsächlich das Knallen des Feuerwerks.

      In Deutschland würden sich die Ureinwohner in solchen Fällen wohl unter dem Stichwort „Leitkultur“ gegen solche Unsitten wehren, in der Schweiz machen sogar die Behörden bei diesem Unsinn mit.

    3. Matt Says:

      Hallo, Deine Skala für Temperaturmessungen erinnert mich doch an etwas, das ich gerade gestern erst gesehen habe: http://xkcd.com/526/ .

      Bin erst kürzlich auf Deinen Blog gestoßen und werde diesen aber jetzt als zukünftiger Gastarbeiter in Zürich eifrig verfolgen.

    4. vorgestern Says:

      Wirklich klasse!

    5. Inda Says:

      Achtung Fehlerteufel: Ist das deutsch?: “…dass ja auch heisses Wasser schneller gefriert alles kaltes…“ 😉

    6. Thomas Says:

      @Inda: ? ich habe nicht alles geschrieben? Wo ist der Fehler?

      [Anmerkung Admin: Habe ich schon behoben. Danke für jeden Hinweis auf Rechtschreibfehler, gern auch per Mail. Kann sie dann rasch korrigieren. ]

    7. Gery us Büüli Says:

      Zum Thema Kalt fällt mir da folgendes ein: Wer schon mal bei minus 25 Grad Celsius 3 Stunden draussen sinnlos umher lief und nichts zu tun hat. (Militär-wache), dem frieren tatsächlich Finger und Zehen ab. Durfte ich im Schweizer Militär während meiner Aktivdienstzeit miterleben und habe auch selbst geschlottert.
      Auch wenn einem bei minus 25 Grad Celsius die Finger an Metallrohren oder sonstigen Metallischen Gegenständen festfrieren, bezeichne ich das als wirklich kalt. Vor etwa 15- 20 Jahren waren das eben noch richtige Winter, und nicht so Pseudowinter wie zur Zeit. Ich geniesse die herrlich kühlen Tage momentan sehr, denn ich bin kein Freund des Sommers.
      Solange es nicht mindestens minus 10 Grad ist, ist es noch nicht wirklich kalt und ein Pullover / Jacke genügt völlig.

      So und jetzt geh ich noch ein bisschen in die frische, kühle Luft und geniesse die eisige Brise.

    8. Guggeere Says:

      @ Gery us Büüli
      Stimmt schon, was du schreibst. Wir sind in den letzten drei Jahrzehnten vom Winter fast immer im Stich gelassen worden. Wer bei einstelligen Minusgraden in der Schweiz über den kalten Winter meckert, ist ein Weichling.
      In den sechziger Jahren konnte ich auf dem Schulweg durch ein Industriequartier so viele Schneebälle auf Eiszapfen an Fabrikdächern abfeuern, bis der rechte Arm lahm war, die Schulglocke in der Ferne läutete und ich trotz minus fünfzehn Grad zu einem langen Endspurt ansetzen musste. Wir spazierten und kletterten den steifgefrorenen Dorfbach hinauf, warfen feuchtwarme Fausthandschuhe anderer Kinder an Strassenlampen hinauf in der Hoffnung, sie blieben in möglichst grosser Höhe sofort angefroren kleben, hatten täglich das Kuhnageln in Fingern und Zehen sowie eine «Schnudernase» bis zu den Knien hinunter. Ganz Mutige liessen die Zunge am metallenen Skistock anfrieren und sagten so beispielsweise ein Gedicht auf. Es gab die Geschichte über den Lausbuben Heiner aus der Nachbarschaft, der diesen Trick fatalerweise an der Türfalle des Gartentores ausprobierte und dann mit Hilfe zweier Kollegen ganz, ganz vorsichtig inklusive ausgehängten, aber angefrorenen Gartentores ins geheizte Haus gehen musste. Ob diese Geschichte wirklich stimmt, weiss ich noch heute nicht, sie ist trotzdem gut, gäll?