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Haben Sie auch einen Spiess daheim? — Die Waffen der Schweizer im Alltag

  • Die Schweizer Garde verwendet Spiesse
  • Die Schweiz war nicht immer ein Einwanderungsland wie heute. Junge Schweizer zogen früher zuhauf in die Welt hinaus um sich als Söldner in fremden Heeren zu verdingen. Ein bekannter Exportschlager der Schweizer ist die Schweizer Garde des Papstes, seit 1505 im Einsatz: (Foto aus Wikipedia)
    Spiesse der Schweizer Garde

    In der damaligen Zeit waren Gardeeinheiten aus Söldnern nicht ungewöhnlich. Besonders viele dieser Berufssoldaten kamen aus der – bis in das 19. Jahrhundert – recht armen und dazu bergigen Schweiz. Schweizer oder Schweitzer war eine allgemeine Bezeichnung für einen fremden Soldaten. Der König von Frankreich unterhielt z.B. die Einheit der „Cent-Suisses“.

    Später, im 20. Jahrhundert wurde die Schweiz dann reich und die Berge verschwanden? Jedenfalls lernten die jungen Schweizer in der Garde den Umgang mit dem Spiess. Eine praktische Waffe, die sie offensichtlich nach Ende der Dienstzeit mit in die Schweiz nehmen dürfen.

  • Die Forderung nach gleich langen Spiessen im Schweizer Alltag
  • Leider sind die Spiesse, die die jungen Gardisten da mitbrachten, nicht immer gleich lang. Dieser Umstand wirft in der Folge Probleme auf, mit denen die Schweizer häufig zu kämpfen haben. Wie kämpft man mit ungleich langen Spiessen?

    Die Arbeitsgruppe ist zum Schluss gekommen, dass der Bundesrat in beiden Phasen über gleich lange Spiesse verfügen muss. (Quelle)

    Wettbewerb mit gleich langen Spiessen. (Quelle)

    Mit gleich langen Spiessen in beiden Verwaltungen ebnen wir zusätzlich die Bereitschaft für gemeinsame Lösungen. (Quelle)

    Ich könnte noch 537 weitere Beispiele von Google Schweiz liefern, die aufzeigen, dass Spiesse eine im Alltag der Schweizer durchaus häufig verwendete Waffen sind.

    Die Spiesse müssen bei solchen Auseinandersetzung natürlich gleich lang sein, das ist eine alte Erfahrung, die die Jungs der Schweizer Garde zurück in die Heimat mitgebracht haben. Sonst ist ein Kampf ungerecht. Je länger ein Spiess, desto besser.

    Das erinnert uns an eine Aussage des Kochs aus Bertold Brechts Stück „Mutter Courage und ihre Kinder“:

    Wer mit dem Teufel frühstücken will, muss nen langen Löffel haben

    Wer also mit einem Schweizer streiten will, sollte einen längeren Spiess als der Schweizer haben.

  • Ist es angesehen, mit Spiessen zu argumentieren?
  • Nein, die Schweizer haben da ein besonders Adjektiv für die Menschen, die immer mit ihren langen Spiessen daher kommen, anstatt sich echte Argumente auszudenken. Sie nennen sie ganz einfach „spiessig„. Das ist keine sehr nette Bezeichnung für einen Schweizer. Erinnert sie ihn doch daran, dass wahrscheinlich der eigene Spiess zu kurz ist.

  • Wohin mit den Spiessen bei einer Zugfahrt?
  • Kein Problem, die SBB bietet dafür passend einen eigenen Wagon an. Dort können Sie während der Fahrt Ihre Spiesse unbesorgt zurücklassen. Fragen Sie den freundlichen „Kondukteur“ doch einfach nach dem „Spiesswagen„. Es muss aber ein Schweizer Kondukteur sein, und kein deutscher Schaffner. Der würde Ihr Anliegen nicht verstehen. Meistens liegt der zwischen der ersten und er zweiten Klasse, der Wagon jetzt, nicht der Kondukteur, damit auch begüterte Reisende mit dem „GA“ = General-Abo der 1. Klasse ihre Spiesse parkieren können.

  • Auch zum Essen werde Spiesse verwendet
  • Wenn die Schweizer „in den Ausgang gehen„, d. h. zum Beispiel das beliebte „go“ essen gehen, dann vergessen sie auch hier nicht, ihre Spiesse mit zunehmen und betonen am Ende der Mahlzeit:
    Wir haben gut gespiesen. (Quellen)
    Hierbei ist dem Spiess über dem Grillfeuer im Eifer des Gefechts leider ein „s“ abhanden gekommen. Denn es sollte ja wohl eigentlich „gespiessen“ heissen.

    Erst aufspiessen, dann wird es gespiesen
    Fazit: Hat der Schweizer einmal etwas aufgespiesst, ist es bald darauf auch gespiesen.

    

    17 Responses to “Haben Sie auch einen Spiess daheim? — Die Waffen der Schweizer im Alltag”

    1. Barbara Says:

      Zum Glück wurde ich noch nie im „Spiesswagen“ vom einem spiessigen Kellner aufgespiesst..wohl deswegen weil ich „Spiëssli“ (falls im Angebot und mit betontem „e“) im „Spiiiswage“ esse :). Wir speisen dort und spiessen höchstens die Spiesser auf – sind wir nicht ein gesittetes Volk?

    2. Administrator Says:

      Hi Barbara,
      Danke für den Hinweis… ich weiss ich weiss.. aber sonst käme der Joke nicht so gut rüber. zwischen „Spiis“ und „Spiess“ hört der gemeine Deutsche bekanntlich keinen Unterschied, es ist die alter „Monophthong“ und „Diphthong“ Geschichte, wie bei Muesli und Müsli auch, oder bei Grüezi und Grützi, wir sind da einfach nicht drauf trainiert.
      Gruss, Jens

    3. Barbara Says:

      ich dachte schon, dass du weisst… doch musste ich ein wenig Spiessertum ausleben;)…
      Ach und da gibt es ja auch noch den Fall der Einbahnstrasse, die aber nicht zur „IIbahnstrasse“ im CH-Deutsch wird – auch schon aus deutschem Munde gehört! Wir mögen es wohl einfach kompliziert!

    4. StefanP Says:

      Kleine Randbemerkung:
      Jedes Unternehmen in der Schweiz, das einen Kundendienst rund um die Uhr anbietet, kennt für die Bereitschaft während der Randzeiten und am Wochenende den Begriff ‚Pikettdienst‘. Hat ja auch etwas mit Spiessen zu tun..

    5. R.B. Says:

      Zum Glück sind die Schweizer mit jeweils eigenen Spiessen aus der Ferne zurückgekehrt, anders als Deine vorherigen Asylgeber:
      http://gutenberg.spiegel.de/grimm/maerchen/7schwabn.htm
      😉

    6. Godlike Says:

      Die richtige Bezeichnung für diese tödliche Waffen ist Hellebarde.

    7. Mikki Studer Says:

      Haha Barbara.
      Ja, das ist immer köstlich, wenn die Deutschen dann zuviel Anpassungswillen zeigen. Da gabs die Geschichte meines deutschen Arbeitskollegen, dem ich nach ca. 2 Monaten dann erfolgreich beigebracht hatte, dass es Migro – und nicht wie geschrieben Migros heisst.
      Da kam er dann auch eines Tages und meinte er hätte im TschElmoli (Betonung auf Grossbuchstaben) was Tolles gekauft. Er meinte den JelmOli. Ich habs dann aufgegeben…

    8. Voll Krank Says:

      Ebenfalls ein Schenkelklopfer, wenn die „Dschudokämpfer mit dem Yumbo aus dem Trainingslager von MaLLorka zurückkehren“. Vor Dscharen mal gehört im ORF.

    9. Phipu Says:

      Diese beiden Links erklären noch die „Spiess“ genannte Waffe des Fussvolks

      http://de.wikipedia.org/wiki/Spie%C3%9F

      und die edlere Hellebarde auf dem Bild in den Händen des Schweizergardisten. Schon damals war die fast so vielseitig wie ein heutiges „Sackmässer“ (Taschenmesser). Damit konnte man sicher auch schon Konservendosen und Bierflaschen öffnen und in den Zähnen stochern.

      http://de.wikipedia.org/wiki/Hellebarde

    10. Dan Says:

      Also Spiesse im Restaurant sind Spiessli, hingegen Spiesse das was immer gleich lang zu seien hat. Ich frage mich, ob die Schweizer frueher Schlachten abgebrochen haben, wenn die Spiesse nicht gleich lang waren. Aktueller Fall ist der eingeschraenkte Nordanflug zum Flughafen Zuerich. Man koennte behaupten, es sei Pech der Zuercher, den Flughafen so nah an die deutsche Grenze gelegt zu haben und darauf zu bauen, dass es den Anwohnern dort egal ist, was ueber ihre Koepfe braust. Hier bedeutet Spiesse gleichlang, dass der Flughafen Muenchen in Zukunft so tun sollte, als laege das Erdinger Moos im Kanton Schaffhausen.

      Es funktioniert allerdings nicht umgekehrt. Sollte der deutsche Finanzminister etwa gleich lange Spiesse in der Steuerpolitik fordern (Steuerhinterziehung als eine Straftat in der Schweiz und nicht bloss als Vergehen) wuerden hier viele die Koepfe schuetteln. Also kurz um, der Gegner hat gleich lange oder kuerzere Spiesse zu verwenden.

      Gruss Dan

    11. HaegarCH Says:

      Und hier noch etwas Geschichtskunde.

      Den Schweizern wurde von Napoleon verboten an jegwelchen kriegerischen Handlungen teilzunehmen. Somit hat er faktisch den Beruf des Söldners verboten. Erlaubt war einzig eine Armee zur eigenen Verteidigung. Napolen ist auch geschichtlich für die Neutralität der Schweiz verantwortlich. Im Gegenzug hat er dann der Schweiz ihre Selbstständigkeit belassen.
      Ähnlich wurde dann ja mit den Österreicher nach dem 2. Weltkrieg umgegangen. Auch ihnen wurde die Neutralität „aufgezwungen“. Im Gegenzug wurden sie dann nicht unter die „Obhut“ der Aliierten gestellt.

    12. Louis Says:

      Hallo Jens
      Bezüglich des Speisens: Heisst es nicht: „Wir haben gut gespeist?“ Züritüütsch würde es aber ungefähr stimmen: „Mer händ guet gspise.“ Ich würde aber eher sagen: „S’isch guet gsi!“
      Und übrigens: Wo isst Du denn gerne? Im MIGROS-Self oder im Schicki-Micki-umgebauten-Bahnhofbuffet? Wäre ich in Deutschland, müsste ich diesem Wort mal nachgehen, finde es absolut härzig!
      Gruss Louis

    13. sirdir Says:

      A propos, wenn wir den Deutschen schon mal etwas ‚zurück geben‘ können, so von wegen Mallorca, Jumbo und so… Ganz schlimm ist ja auch ‚Michelin‘, der kleine Michel, sozusagen.
      Ah a propos, eine Arbeitskollegin war auch mal gut: Die dachte unser Arbeitskollege ‚Pesche‘ heisse ‚Peugeot‘ 🙂
      Ach ja, ‚Gnocchi‘ sprach sie ‚Gnodschi‘

    14. Simone Says:

      Heisst es nun ‚Hast Du gut gespeist‘ oder ‚Hast du gut gespiesen‘ …….
      Aber einne hab ich auch noch: Ein Kollege sagte immer ‚morn, morn‘ was aber nichts mit dem norddeustchen ‚moin, moin‘ zu tun hat. Er hat halt gelernt, dass ‚Morgen‘ als ‚Morn‘ gesprochen wird. Ich klärte ihn auf, dass es in dem Fall (konnte ich das auch noch anwenden) dann eben ‚Morn Morge‘ heisst – LOL – überhaupt nicht kompliziert!

    15. bobsmile Says:

      @Simone
      spei|sen [V.1, hat gespeist] I [o. Obj.; geh.] die Mahlzeit einnehmen, essen; zu Abend s.; mit jmdm. s. II [mit Akk.] 1 jmdn. s. [geh.] jmdm. Speise geben, zu essen geben; Arme s. […]

      Quelle: http://www.wissen.de/

      Apropos:
      […] etwas mit etwas (Flüssigkeit Strom) s. versorgen; ein Gerät mit Strom speisen;
      Da wären wir dann wieder bei http://www.blogwiese.ch/archives/99
      🙂

    16. Ru Says:

      Wer kennt nicht die Geschichte von Winkelried in der Schlacht von Sempach 1386. Die Schweizer standen der Phalanx der langen Spiessen der Oesterreicher mit ihren kürzeren hilflos gegenüber und konnten gar nicht mit Kämpfen beginnen bis Winkelried sich ein Herz fasste, resp möglichst viele gegnerische Spiesse sich zur Brust nahm und dadurch seinen Mitstreitgenossen eine Lücke in der gegnerischen Phalanx öffnete. Sein „sorget für mein Weib und Kinder“ hat somit den Nachteil der ungleich langen Spiesse wieder wett gemacht.

    17. Gizmo Says:

      ‘Gnocchi’ sprach sie ‘Gnodschi

      logisch es heisst ja auch lamboordschini, aber wer ausser den Franken kann schon das r korrekt rollen vor dem ghi?

      drum tut es mich wundern (tut wundern, auch nicht schlecht oder?) das die mehrzahl der deutschen gnokki sagen… gnodschi ist doch viel cooler…