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Über die unfreiwilligen Haustiere der Schweizer — einen Aff haben

(reload vom 18.10.06)
Wir erhielten eine E-Mail mit folgendem Satz:

(…) ging ich ins Au Premier und hatte ein Fondue zum Nachtessen, nur der Fendant hatte Zapfen. Anschliessend hatte ich einen Aff.

Zugegeben, der Satz war künstlich zusammengestellt aus Helvetismen um unser Sprachvermögen zu testen. Und tatsächlich, da war plötzlich ein Tier aufgetaucht, das wir so noch nicht kannten in der Schweiz: Den „Aff“. Na klar, das ist ein Affe, dem ist nur der Endungsvokal abhanden gekommen.

Diese Art der Kurzfassung ist weltweit beliebt. „Ich hab dich gern“ statt „ich habe dich gern“. In der Arabischen Sprache nennt man dieses Weglassen der Endungsvokale beim Sprechen übrigens „Pausa-Sprechen“, geschrieben werden Vokale sowieso nicht, nur im Koran oder um Zweifelsfällen zu vermeiden ist es üblich, mit Vokalzeichen anzudeuten, ob ein „u“, „i“ oder „a“ gemeint ist. Ein „o“ oder „e“ haben die Araber in der Schrift nicht. Mohammed ist heisst eigentlich Muhammad. Die Schweizer sprechen auch gern Pausa und schlucken nicht nur den Endungsvokal, sondern noch eine ganze Menge Flüssigkeit dabei.

Unser Mailschreiber hatte also nach dem Genuss eines Fendants mit Zapfen (vgl. Blogwiese) plötzlich ein Haustier, ein exotisches noch dazu, nämlich einen Affen.
Haben Sie auch einen Affen?
(Foto hotzeltopf.de)

Ganz so verbreitet scheint dieses Schweizer Haustier dann doch nicht zu sein, jedenfalls nicht in verschrifteter Form. Ein Ironie liebender Schweizer mit deutlichem Mundaufsperr-Syndrom schrieb:

Aber ich hatte nach einer halben Flasche Bauchweh 🙂 Mein „Freund“, ( 🙂 ) würde ich mal sagen, da ich es nicht genau wusste, hatte bestimmt einen „Aff“ 🙂 Der trinkt so viel…
(Quelle: Kidscat.ch)

Später erfuhren wir noch diese Geschichte per Mail:

Als [meine Frau] klein war, wurde regelmässig gesagt, dass der Nachbar letzte Nacht wieder mit einem Aff nach Hause gekommen sei. Da haben die Kinder, wenn die Wohnungstüre der Nachbarwohnung mal offen war, schnell hineingeschaut, ob ein Affe drin sei…

So langsam ahnten wir, was es mit dem „Affen haben“ bei den Schweizer so auf sich hat. Und letzte Gewissheit verschafft uns das vielseitige Züri-Slängikon beim Stichwort „betrunken sein

eine sitze haa, eis a de Fichte ha, eis am Sänder ha, eis am Sänder haa, eis am Tee haa, en Aff, en Atomsiech, en Balari haa, en Balloon haa, en Hammer, en Knick i de Optik, en Lumpe im Gsicht ha
(Quelle: zuri.net)

Da war er, der Aff, haben Sie ihn gesehen? Zwischen Tee, Ballon und Hammer versteckt.
Es findet sich diese Redewendung zur Bestätigung auch ganz offiziell auf Dialektwoerter.ch

(en) Aff ha = betrunken sein
(Quelle: dialektwoerter.ch)

Was folgern wir daraus? Die Kater in der Schweiz, die fangen ganz klein an als Affen, und mutieren dann in der Nacht still und heimlich vor sich hin zu männlichen Katzen. Oder sie verschwinden ganz.



5 Responses to “Über die unfreiwilligen Haustiere der Schweizer — einen Aff haben”

  1. Gris-Gris Says:

    Die Kurzfassung „Aff“ mag spezifisch schweizerisch sein – nicht aber der Ausdruck „einen Affen (sitzen) haben“ …

    … seis als Folge von übermässigem Alkoholgenuss…

    … seis als Folge von Drogenentzug (dann auch: „auf dem Affen sein“; engl. „cold turkey“).

    Jedenfalls habe ich das schon so gehört in nicht-schweizerischen Kreisen.

  2. Marroni Says:

    Wie ihr sicher alle wisst……heisst der „ AFF“ auch Militärtornister. Die alten Modelle, Leder, Fell, Rechteckig, absolut unsterblich, man sieht die Bergbauern Heute noch mit den Dingern auf dem Rücken. Gefunden auf Google Bilder,“ Felltornister Aff „ eingeben.

  3. Egon Says:

    einen Affen sitzen haben kennt oder kannte man auch in anderen deutschsprachigen Regionen, da hat Gris-Gris recht.

    Ist nur völlig veraltet. Aber das ist ein ja auch reload. Das mit dem „auf dem Affen sein“ oder einen „Affen bekommen“ würde man eher mit „nervös werden“ übersetzen. Sagt heute eigentlich auch kein Mensch mehr.

  4. AnFra Says:

    Ja, der Schweizer Aff. Wer hat ihn erfunden? Die Preußen!
    Da werden sich aber 57,5 % der Schweizerstimmbürger freuen.
    Der Schweizer Aff, ein dütscher Preuß.

    Bis ins 18. JH haben die Soldaten das Essen und Sachen in Umhängetaschen getragen. Bei der neu strukturierten Heeresorganisation wurden zunächst „Rücksäcke“, später neuartige „Tornister“ und nach den napolionischen Kriegen wurde zu diesem besagten „Tornister“ auch noch eine „Felddecke“ mit ins Feld genommen.
    Und diese Felddecke birgt auch die Lösung zum Namen „Affe“ für den militärischen Tornister. Denn bis zum 1. WK 1914 haben die meisten Armeen diese Felddecke auf der linken Schulter liegend, an der Brust nach rechts vorne und am Rücken nach rechts hinten getragen. So blieb die rechte Schulter frei und beim Schießen gab es durch die Felddecke keine Störungen.
    Später wurde die Felddecke mit am Tornister befestigt und ab dem 1. WK (mindestens bei den dt. Truppen) oben am Tornister sowie an der linken und rechten Seite gezurrt.

    Und nun die Frage mit dem Affen:
    In der o.g. Zeit war die allgemeine Vorstellung über Piraten derartig, dass der Pirat natürlich immer einen kleinen Affen oder einen Papageien auf seiner Schulter hatte.
    Siehe: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/7/71/Piratey%2C_vector_version.svg

    Die zusammengerollte Felddecke lag also auf der linken Schulter des Soldaten und hatte eine Analogie eines Piraten mit einem „Affen“ erzeugt.
    Tornister – Felddecke – linke Schulter – Aufsatz – ergibt „Affe“.

    Umhängetasche / Brotbeutel, „echter“ Rucksack und Munitionstasche 1813:
    http://www.grosser-generalstab.de/tafeln/knoe02/knoe02_18.html

    Tornister mit Felddecke als „Affe“ 1830:
    http://www.grosser-generalstab.de/tafeln/knoe02/knoe02_50.html

    Deutsch-dänischer Krieg 1864:
    http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:1864_erstuermung-der-dueppeler-schanzen-deutsch-daenischer-krieg.jpg&filetimestamp=20051126194752

    Deutsch-österreichischer Krieg 1866:
    http://de.wikipedia.org/wiki/Datei:1866_prinz-friedrich-karl-bei-koeniggraetz_1b-640×428.jpg

    Deutsch- französischer Krieg 1870:
    http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:Dt-FrzKrieg1870SturmAufSpichererHoehenBeiSaarbruecken.jpg&filetimestamp=20071020051400

    1. WK, dt. Soldat 1914
    http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:Bundesarchiv_Bild_183-R25206,_Berlin,_Erster_Sold_nach_der_Mobilmachung.jpg&filetimestamp=20081204180450

    Nun die Auflösung, warum manch ein Züricher nach der Minarett-Abstimmung und dem Genuss von 12 Schweizerbieren oder 6 bajuwarischen Mass mit nem „Aff“ heimkommt:
    Der offene Mund ist ne „Klaffe“, die hängende Unterlippe ist ne „Laffe“ und der ganze Typ sieht aus wie ein „Affe“.
    Aff

    PS:
    Nach Darwin gibt’s nun keine Zweifel von der Verwandtschaft zwischen dem Affen und einem Züricher Stammtischbruder, äh- einem Menschen.

  5. AnFra Says:

    Hier eine Ehrenrettung, warum der obige Orang nicht unbedingt mit jedem Züricher Stammtischbruder verglichen werden möchte.

    Der Sinnspruch beim Alkoheimgang mit einem Affen hat m. E. nichts mit der „Tiergattung Affe“ zu tun. Wenn man die Stammwurzel des Begriffes „Affe“ wertfrei untersucht, gelangt man zur der Wortfamilie um den Begriff offen, geöffnet, aufgerissen, aufgemacht.

    Hier die vereinfachte Ableitung: dt. „offen“ (ital. „aperto“) lässt sich auf alts. „opan“, mnd. „apen“, altfränk. „epen“ für die Verwendung von u. a. für das Schließende, Verschlossene, Aufgemachte, Geöffnete uam. zurückführen. Eine sinnvolle direkte Verbindung zum Affen kann man hier nicht sofort erkennen.

    „Klaffe“: Geöffnetes, Kerbe, Spalte, Einschnitt, Öffnung. „gaffen“: Beim Schauen den Mund aufmachen. „Gaffleute“ verächtlich für Kaufleute: Die beim Anbieten ihrer Handelswaren mit Geschrei und Gesichtsmimik diese Sachen anpreisen. „Laffe“: Aus offenem Mund irgend etwas heraushängendes, etwas herunter, herab oder weghängendes Ding. (Hinweis: Die laffige Habsburgerlippe:
    http://de.wikipedia.org/wiki/Habsburgerlippe ) und für hohl, ausgehöhlt, konkav.

    Gaffmaul=Gähnmaul: Beim Gähnen den Mund weit aufmachen. Maulaffe: Mit weit offenem Mund glotzen / gaffen. Schlaraffe: Müßiggänger, dem in den weit geöffnetem Mund die gebratenen Täubchen hineinfliegen.

    Jedoch scheint der Affe eine gewissen Ähnlichkeit mit uns Menschen zu haben. Der Name des Affen in den rom. Sprachen kommt aus dem ital. „simius, simia“ und diese aus dem altgriech. „simoz“ für „Stumpfnase“. Und hier schließt sich der Kreis: Der Menschenaffe und der Mensch, beide also „Stumpfnasen“, sind manchmal schon arg ähnlich / gleichartig, also . engl. similar, ital. somigliante, lat. similis / simile und altgriech. simoz.

    PS.
    Wenn der suffene Mensch mit seinem weit aufgerissenen Mund und der laffenden Zunge auf Vieren kriecht und einen Affen hat, mindestens dann ist er affin zu seinem stumpfnasigem Verwandtem, dem Menschen-Affen.

    Menschenaffen-Affenmenschen
    oder der Aufnahmeantrag
    oder die Rache des kleinen Mannes

    Kommt nach Haus ein Mensch mit einem Affen,
    Augen und Mund, aufgerissen wie weite Klaffen.
    Sabbert viel Zeug über seine tiefhängende Laffe,
    lallt, gibt mir Wasser zu trinken aus der Karaffe.

    Denkt der Schweizernachbar, das wird ein Spass,
    wenn verweigert wird dem Aff der Schweizerpass.
    Circusarbeit ist dann angesagt mit einem Trottinett,
    gibt Stress und ist unerwünscht wie so ein Minarett.