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Hier dürfen Sie einen Haufen machen — „äufnen“ in der Schweiz

(reload vom 11.2.06)

  • Hier dürfen Sie einen Haufen machen — „äufnen“ in der Schweiz
  • Wir bekamen Post von einem aufmerksamen Deutschen Leser der Blogwiese, der über einen Begriff der Schweizerdeutschen Schriftsprache stolperte:

    Ich habe es im Radio gehört, es ging um die Welt-Klimakonferenz und man werde für einen bestimmten Zweck einen Fonds „äufnen„.

  • Mit „H“ oder ohne „H“ vor dem Vokal
  • Rein phonetisch erinnert das Wort an „häufen“, mit ein paar Umstellungen und einem vorangestellten „h“. Dies beobachten wir im Alemannischen auch bei den Kartoffeln, die mal mit „h“ als „H-erdäpfel“, und mal ohne „h“ als „Erdäpfel“ benannt werden. Oder hat hier ein Welsch-Schweizer versucht, Hochdeutsch zu sprechen. „Isch ‚abe ‚ier heinen ‚aufen Geld ange-`äuft“? In Lausanne hörte ich mal im Radio, wie ein Sprecher den alten Song „Our house“ von Crosby, Stills, Nash & Young“ mit „Hour ‚ouse“ ansagte. Und aus „Wieviel Uhr ist es?“ wurde bei unseren französischen Freunden mitunter „Wieviel Huhr(e) ist es“. Dafür kriegen wir Deutschen die Wortverkettung im französischen Satz nicht hin machen abgehackte hässliche Pausen im Sprachfluss.

  • Wo braucht man das Wort „äufnen“?
  • Mal schauen, ob das nur gesprochene Sprache ist, oder ob man das auch schreiben kann in der Schweiz. Man kann, sogar in einem Gesetzestext findet sich das Wort:

    Die Schweizerische Eidgenossenschaft ist verpflichtet, diese Sammlungen auf eigene Kosten zweckentsprechend aufzustellen, zu unterhalten, zu verwalten und zu äufnen.
    (Quelle:)

    Nur aus dem Zusammenhang ist das Wort für uns nicht verständlich. Google-Schweiz bietet 4’910 Fundstellen, das muss was Wichtiges sein!

    Auch im Tages-Anzeiger wird es erwähnt, dann hat es also alle Weihen der Schweizer Schriftkultur:

    (…) frei verfügbares Kapital in Form von Wertschriften sowie zusätzliches Vorsorgekapital in der zweiten Säule über Einkäufe fehlender Beitragsjahre zu äufnen.
    (Tages-Anzeiger vom 26.03.04)

    Als letzte Zuflucht greifen wir zum Duden. Der alte Schlauberger weiss es wieder, das hätten wir ihm echt nicht zugetraut:

    äufnen (sw. V.; hat) [mhd. ūfenen = erhöhen, zu: ūf, 1 auf] (schweiz.):
    [ver]mehren; (Kapital, Geld) bilden, ansammeln:
    eine Sammlung, ein Kapital ä.; Wie ist sicherzustellen, dass der durch staatlich verordnetes Zwangssparen geäufnete Sozialfonds von bald 25 Milliarden Dollar nicht missbraucht wird? (NZZ 13. 10. 84, 5).
    (Quelle: Duden)

    Also kein „Haufen“ sondern „auf-tun“ , „auf-nehmen“ steckt da drin, und es geht ums Fachvokabular für die Vermehrung von Geld. Jetzt wissen wir auch, warum wir das Wort nicht kannten. Wir kennen uns besser aus mit dem Fachvokabular für die Vernichtung von Geld, nicht für seine Vermehrung.
    P.S.:
    Wir fragten ein paar Schweizer Muttersprachler in unser Umgebung, ob sie uns erklären können, was „äufnen“ bedeutet. Konnten sie nicht. Wir sind beruhigt, denn es scheint, es gibt doch mehr Fachleute für die Geldvernichtung als für die Geldvermehrung.

    

    5 Responses to “Hier dürfen Sie einen Haufen machen — „äufnen“ in der Schweiz”

    1. Helena Says:

      Was? Wie bitte? Äufnen???
      Ich als Schweizerin habe das Wort auch noch nie gehört!

      PS: ich hatte als Kind Dyskalkulie (Rechenschwäche) und diese Anti-Spam-Tests stressen mich echt heute noch 😮

    2. Graggsel Says:

      Bei Google.ch sind es inzwischen 4’900 Fundstellen: http://www.google.ch/search?hl=de&q=%C3%A4ufnen&btnG=Suche&meta=cr%3DcountryCH
      In 2 3/4 Jahren hat sich der Gebrauch dieses Wortes offenbar vervielfältigt.

    3. Sonne Says:

      Vervielfältigt?? *staun*

      Am 11-02.06 schreibt Jens, es sind 4’910 Fundstellen und heute sind es noch 4’840 Fundstellen.

    4. solanna Says:

      Ich wurde einmal von einem tüchtigen Journalisten auf einen Druckfehler aufmerksam gemacht: äufnen. Wie es wohl richtig hätte heissen müssen, dass ein so verqueres Wort entstanden sei?

      Ich meinerseits staunte, dass ein Journalist dieses deutsche Wort nicht kenne. Offenbar war er in bester Gesellschaft. Dass es im Norden genauso wenig bekannt sein könnte – darauf wäre ich wirklich nie gekommen.

    5. Brun(o)egg Says:

      Äufnen? Bin überrascht, dass dieser Begriff nur Wenigen bekannt und in D praktisch nicht bekannt ist. Das war für uns in der Schule im Deutschunterricht – vor ganz langer Zeit – einer der Begriffe an denen wir gescheitert sind. 1. die Bedeutung und zweitens die Schreibweise: eufnen oder so.