Von Püntikern und Pünten — Wenn Duden und Google versagen
(reload vom 6.1.2006)
Nicht immer gelingt es uns mit Hilfe des Dudens oder der Suchmaschine Google eine Erklärung für Schweizerdeutsche Wörter zu finden. So auch bei diesem Wort. Der Duden schweigt sich völlig aus dazu. Unser begrenzte hochdeutsche Wortschatz kennt zwar die „Pinte“, als Synonym für eine kleine Kneipe, oder als englische Masseinheit für Bier, z. B. als „a pint of Lager (franz. „une pinte“) “ = 0,568 261 25 Liter (die acht Nachkommastellen nicht vergessen, sonst wird der Brite sauer) (Quelle: ). Aber hilft uns das in diesem Fall irgendwie weiter?
Im Norden Deutschlands sind sie da besser dran, dort gibt es noch an manchen Orten die Pünte als Schwebefähre oder als Bootstyp:
1. Bezeichnung für eine Schwebefähre
2. Bezeichnung für einen offenen Prahm der Ems mit umlegbarem Mast und Trapezsegel, der gesegelt oder getreidelt wurde. Die „Emspünte“ oder „Harener Pünte“, wurde noch Ende des 19. Jahrhunderts gebaut.
3. die ortsübliche Bezeichnung für eine historische am Seil handgezogene Fähre
(Quelle Wiki: )
(Quelle Foto: haus-buschholzplatz.de Eine Pünte ist ein Fähre in Deutschland)
Es findet sich kein Foto bei Google-Schweiz, es hilft auch kein Leo.org beim Übersetzen. Dabei lasen wir am 27.12.05 im Tages-Anzeiger auf Seite 12:
Pünten aufgebrochen
In Seen haben Einbrecher in der Nacht auf Sonntag mindestens zehn Püntenhäuser aufgebrochen und Geld sowie Ess- und Trinkwaren gestohlen. Ein Häuschen steckten sie in Brand (…).
Google will uns bei der Eingabe von „Püntenhäuser“ regelmässig zu „Entenhäusern“ überreden. Aber die Schweiz ist doch nicht Entenhausen, und warum sollten Enten auf dem Teich denn Geld, Ess- und Trinkwaren in ihren Häusern aufbewahren?
In der Zeitung „De Toessemer“ (herausgegeben von der Sozialdemokratischen Partei Töss) vom März 2005 finden sich gleich eine ganze Reihe von Variatonen von diesem Wort:
Die Pünten und die Püntehäuser
Die Püntensaison
Das Püntenfest
Die Püntenpächterreise (mit zwei prächtigen Ps!)
Das Püntenjahr
Die Püntiker
(Quelle: 05_1/DeToessemer_maerz_2.pdf)
Nirgends findet sieh hier ein Wort der Erklärung, was Püntiker eigentlich so treiben. Wir hoffen aber inständig, es ist nichts Illegales und alle haben ihren Spass dabei.
Auf der Suche nach weiteren Erklärungen wurde unsere Verwirrung nur noch grösser:
Die PPK ist zum Schluss gekommen, dass die Püntenhäuser ergänzt werden können durch Wiesen und dass die Püntenhäusersiedlung im ähnlichen Sinne ausgeweitet werden könne. In der PPK herrschte die Meinung, dass dies ein moderater Vorschlag wäre. Die Anwohner unterhalb der Püntenhäuser haben sich zu einer Interessengemeinschaft zusammengeschlossen und sich gegen diese Umzonung gewendet, da diese gegen den Richtplan verstosse.
(Quelle:)
Um Püntenhäuser zu verstehen, müssten wir zunächst eimal rausfinden, was PPK bedeutet:
Wiki hilf!
PPK:
Das Wort PPK bezeichnet
eine russische Techno-Band, siehe PPK (Band).
eine Handfeuerwaffe, siehe PPK (Handfeuerwaffe).
die Parteiamtliche Prüfungskommission zum Schutze des nationalsozialistischen Schrifttums
(Quelle Wiki:)
Na prima! Russischer Techno, eine Handfeuerwaffe und Schutz für nationalsozialistisches Schriftum. Das kann es ja nicht sein. Aber wenig später werden wir nochmals fündig:
Womit jetzt zwar eine Schweizer Abkürzung mehr kennen aber immer noch nicht wissen was Pünten sind. Was könnten wir noch tun in unserem Bemühungen, die Artikel des Tages-Anzeigers zu verstehen? Wir fragen einen Schweizer! Und siehe da, was wir schon lange irgendwo tief im Innersten vermutet haben: Püntiker sind Besitzer eines Schrebergartens! Wir hegten diesen Verdacht, allerdings wurde in machen Quellen sowohl über Püntenhäuser, als auch über Schrebergärten berichtet, ohne dass beide Dinge in irgendeinem Zusammenhang zu stehen schienen.
Darauf jetzt ein Pinte in der Pinte auf die Püntiker gehoben!
Wir haben dem Duden Unrecht getan. Er kennt sehr wohl die Pünte, allerdings in einer anderen Schreibweise mit „B“:
Bünt, die; -, -en [→vgl. Beunde] (schweiz.): eingezäuntes Stück Land; Schrebergarten.
Beun|de, die; -, -n [mhd. biunde, ahd. biunt(a)] (südd., schweiz.): eingezäuntes Stück Land.
Juli 29th, 2008 at 1:29
Richtig. Familien ohne Garten neben dem Haus können eine Pünt mieten und gehen dann in den Schrebergarten Gemüse anpflanzen. Aber dass es Bünt hiesse, habe ich – ehrlich gesagt – noch nie gehört.
Schöne Ferien und Gruss in den Norden,
Stella
Juli 29th, 2008 at 1:59
O Jens, herzlichen Dank! Du beantwortest meine Frage, ehe ich sie jemandem stellen konnte: was Beunde bedeutet.
Und jetzt wo Dus erwähnst: Im nördlichen Kanton Zürich (Weinland) ist eine Pünt ein Gartenblätz für Gemüse und zum Teil auch für Schnittblumen, der im Gegensatz zum Hausgarten weit weg vom Haus entfernt liegt. Eine Pünt ist meist nicht eingezäunt. Als Pünt verwendet man ein Stück Land mit gutem Boden, das für die landwirtschaftliche Bewirtschaftung zu klein ist.
Soeben bin ich von Nidau bei Biel nach Hause gekommen. Dort habe ich im Open-Air-Cinema im Schlosspark den Scorsese-Film von den Stones (Shine A Light). Super!
Auf der Fahrt dahin fiel mir im nördlichen Berner Seeland ein Strassenname mehrmals auf: Beunden, Beundenweg, Beundenstrasse und ich fragte mich, was das wohl bedeute und ob man das „Boinde“ oder „Be-unde“ ausspreche. Nun ist das Rästsel schon gelöst. Das ist Service – und das aus dem fernen Amrum!
Juli 29th, 2008 at 7:47
Ich kenne das Wort auch aus meiner Kindheit, allerdings als „Bünte“ mit „B“. Was war ich doch ein dudenkonformes Kind!
Juli 29th, 2008 at 9:22
Ja, diese Pünten, ein eigenwilliges Wort! Müsste man eigentlich mal im Idiotikon nachschlagen, da gäbe es bestimmt noch viele interessante Dinge dazu zu entdecken!
Dass eine Pünte in Deutschland eine Fähre ist, scheint ja noch kurioser zu sein… (auf jeden Fall für Schweizer).
Juli 29th, 2008 at 12:43
Der Name Pünt für den Schrebergarten wird im Zürcher-Weinland und vor allem in der Region Winterthur und eben auch im Tösstal gebraucht.
In der Stadt Zürich kennt man das nicht.
Juli 29th, 2008 at 13:10
also ich als schweizer wusste bis dato auch nicht, was eine pünte, püntiker ist. schrebergarten ist schrebergarten und der besitzer dazu ist ein schrebergartenbesitzer (meine mom hatte mal einen und auch da bin ich dem wort nie begegnet).
Juli 29th, 2008 at 16:57
@all. Also, ich kannte den Ausdruck. Der wird bei uns aber eher für ( Schrebergarten) Land verwendet, das Landwirtschaftlich nicht genuzt werden kann, weil es zu klein ist für eine rationelle Bewirtschaftung oder abgelegen, eingeklemmt zwischen Eisenbahn und Strasse u s w liegt.
@all: Ich hatte vor ein paar Tagen einen Hilferuf gestartet, ich kopiers nochmals rein.
Hilfe! Liebe Deutschlehrer hier drinnen… wie heisst das jetzt richtig?? während DEN oder DER Ferien??
Juli 29th, 2008 at 19:20
Zitat Marroni: wie heisst das jetzt richtig?? während DEN oder DER Ferien??
Nach während steht Genitiv, also heisst es während der Ferien.
Juli 29th, 2008 at 23:23
hallo Marroni, das ist auch davon abhängig, ob Du Ferien machst oder Urlaub erhältst.
Anstatt, trotz, während , wegen sind die wichtigsten Präpositionen, die den Genitiv regieren
… aber wie ist das heutzutage, die Leute grüssen nicht mehr anständig, tragen auch im Winter Spitzenunterhöschen und verwenden den Dativ. Aber tönt es nicht einfach e chli finer zu hören: während meiner Ferien anstelle von während meinem Urlaub. Und wie hört sich dann erst „während meinen Ferien“ an…
Und noch etwas „spricht“ für den Genitiv: Die Schwaben benutzen drozz em Verbodd von Kaiser Karl fleissig dem Dativ … nur welche Schweizer wollen schon Schwaben sein?
Juli 30th, 2008 at 7:25
An Marroni
Ich bin zwar nicht Deutschlehrer, habe aber einen dicken Duden (Ausgabe 2003) in Buchform auf dem Pult meines Arbeitsplatzes stehen.
Hier der relevante Eintrag unter „während“:
…
II [Präp. Mit Gen.] bezeichnet eine Zeitdauer, in deren Verlauf etwas stattfindet o.Ä.: im [Verlauf von]: es hat während des ganzen Urlaubs geregnet; w. des Krieges lebten sie im Ausland; w. zweier Tage (an zwei Tagen) geführte Verhandlungen; [ugs. auch mit Dativ:] w. dem Essen darfst du nicht sprechen; [nur schweiz. In Verbindung mit «dauern»:] die Veranstaltung dauert nur während einiger Stunden (einige Stunden lang); [mit Dativ, wenn bei einem stark gebeugten Subst. Im Pl. der Gen. formal nicht zu erkennen ist oder wenn ein weiteres stark gebeugtes Subst. (Genitivattr.) zwischen «während» u. das von ihm abhängige Subst. tritt:] w. Ausflügen in die Umgebung, w. fünf Jahren, Monaten (fünf Jahre, Monate lang); während des Ministers aufschlussreichem Vortrag;
…
Hier die Zusammenfassung, die ich als Deutschschüler daraus interpretiere: Im Normalfall solltest du es also von Genitiv gefolgt schreiben (während der Ferien). Schreibst du aber umgangssprachlich (während den Ferien) oder brauchst du einen etwas besonderen Fall kann es mit Dativ sein.
Reicht das vorläufig?
Juli 30th, 2008 at 17:30
Sieh mal an, da gibt es in Oberrieden, am linken Zürichsee-Ufer doch eine Schulanlage Pünt.
http://www.nzz.ch/nachrichten/zuerich/bundesraete_lassen_zuerich_links_liegen_1.795293.html
womit auch bewiesen wäre, dass wir ZürcherInnen den Begriff Pünt sehr wohl kennen.
Juli 31st, 2008 at 1:22
Als Kind nimmt man Namen udn Wörter einfach so hin. Offenbar sich solche früh kennengelernten Wörter dann so fix mit dem jeweiligen Objekt verbunden (ämel bei mir, wie das Beispiel zeigt), dass sie nicht mehr losgelöst davon erkannt werden. Dank Stella fällt es mir nun wie Schuppen von Augen, dass „mein“ Schulhaus Pünt in Uster natürlich auch von einer Pünt her benamst wurde. Also ein Beleg auch fürs Zürcher Oberland.
Juli 31st, 2008 at 9:22
Also, da MUSS ich doch noch was schreiben. ( Innerer Zwang ). Sowohl in Uster als auch in Oberrieden steht eine Original Edelkastanie (( Castanea Sativa )) beim Schulhaus. ( Die mit den langen, schmalen, zackigen Blättern, essbare Früchte, bitte nicht verwechseln mit der gemeinen Rosskastanie. (( Aesculus Hyppocastanum )).Wers nicht glaubt, kommt am 2 Januar 09 um 11.00 in die Schulanlage Pünt, Oberrieden, ich zeig dann den Baum. ( KEIN WITZ ))
Juli 31st, 2008 at 22:43
Bünde oder Pünt ist der korrekte Ausdruck für einen kleinen „Blätz“ Land, auf dem man anpflanzt, was in der Familie so gebraucht wird und wo man auch die Feierabende oder Wochenenden verbringt. Der Begriff Schreber-Garten stammt aus Deutschland und hat den Namen von einem Arzt aus Leipzig, hat also mit der Schweiz nichts zu tun. Heute nennt man die Pünte oder Beude aber meistens Schrebergarten, weil sich dieser Begriff eingebürgert hat.
August 5th, 2008 at 16:08
Der Begriff hat sich eingebürgert. Auch wieder eine ziemlich bezeichnendes
Beispiel des helvetischen Sprachgebrauchs. Ich bin für eine Initiative gegen die Einbürgerung von Wörtern!
August 6th, 2008 at 20:42
@ Daniel B.
Unterstütze die Initiative auch, aber bitte das zu erwartende Resultat beachten, da es möglicherweis so sein könnte:
De. Be…. ha. s… e…..ür…… Auc. w…er e..e ziem…. b…ichn…es
….piel d.s helvetischen S……….uchs. I.h bin f.r e..e Init…ive g…n d.e E……eru.g v.n W…ern!
Bemerkung: Dat ist wohl Schweizerkäse?
August 13th, 2008 at 11:18
Ich komme aus Deutschland und habe eine Frage über die Schweiz (da wo google versagt). Vielleicht hast du Infos bzw. ein Lexikon. Ich habe nichts gefunden.
Wer war der Waadtländer Flieger Guex?
Ein Denkmal wurde 1928 am Gotthardtpass errichtet, aber mehr Informationen gibt es nicht.
Danke für evtl. Info
Igor