Ganten auf der Gant
Ein Ganter ist eine männliche Gans. In Freiburg heisst die grösste Lokalbrauerei Ganter. Aber was ist eigentlich „ganten“ und eine „Gant“? Laut Duden sind das schweizerdeutsche Wörter für „versteigern“ und „Versteigerung“. Eine solche findet jedes Jahr im September in Bülach statt. Gestohlene und gefundene Fahrräder werden versteigert. Die meisten wechseln für 5-20 Franken ihren Besitzer. Interessant sind die rechtlichen Grundlagen für so eine Versteigerung: Unter anderem heisst es auf einem ausgeteilten Handzettel:
- Keinerlei Garantie oder Nachwährschaft.
Der Versteigerer entschlägt sich jeder Verantwortung bei allfälligen Abhandenkommen oder Untergang des zugeschlagenem Steigerungsguts.
Ich möchte mir den Satz erklären lassen vom Versteigerer. Wo können den hier Fahrräder untergehen, ich sehe gar keinen Teich? Doch der entschlägt sich seiner Erklärungspflicht und ich gebe es auf, Schweizer Schriftdeutsch zu verstehen. Ein Blick ins Obligationsrecht (korrekt heisst es „Obligationenrecht„) zum Thema Ganten bringt noch zahlreiche weitere schöne Wörter zu Tage:
Es gibt sogar eine Fahrnisgant, bei der Holz, Gras oder Obst der Gemeinde versteigert werden können.
Mein absolutes Lieblingswort ist der Gütergantroteldoppel, von dem es im Obligationsrecht heisst:
-
„Das Original eines Gütergantrotels übergibt die Gantbeamtung dem Grundbuchamt, das Doppel dem Verganter. Bei einer Fahrnisgant dagegen ist das Original dem Verganter zuzustellen, während die Abschrift in der Verwahrung der Gandbeamtung verbleibt“
Das plötzliche d im letzten Gand ist kein Schreibfehler, sondern offensichtlich historisch gewachsen.
Oktober 18th, 2005 at 12:54
Nun, bitte nicht weinen! Die Ohnmacht ist beim Durchschnittsschweizer etwa gleich hoch wie beim Deutschen, wenn es um Schweizer Beamtendeutsch geht. Das ist eine Sprache für sich und hat oft mit der Realität nichts zu tun…
Oktober 21st, 2005 at 13:03
Ich denke, das Schweizer Beamtendeutsch ist für die Schweizer leichter verständlich, als das Beamtendeutsch in Deutschland für die Deutschen… 😉
Oktober 21st, 2005 at 16:18
das ist ja der oberhammer!!! *totlach* so was hab ich selbst als schweizerin noch nie gehört!!!
April 3rd, 2006 at 17:18
Sandra Says, dänn sötsch doch mol wider is Obligationerächt go läsä. Oder lisisch mol di EU-Veribarig: Übereinkommen über ein gemeinsames Versandverfahren. Dänn häsch e mol richtigs Beamtedüütsch.
April 7th, 2006 at 10:37
Wikipedia http://de.wikipedia.org/wiki/Gant klärt vieles.
Man beachte die Erwähnungen ’süddeutsch‘ und östrreichisch!
Juni 27th, 2006 at 8:15
Hier kann man Gaby nur recht geben.
August 1st, 2006 at 14:56
Hoi zäme,
Es gibt in der deutschen Umgangssprache noch den Ausspruch „etwas verquanten“, soll heissen, unter dem Wert verkaufen, das dem Verb „verganten“ von der Bedeutung her nahesteht. Die lateinische Herkunft von „-gant-“ (von „quantum“) ist also recht wahrscheinlich…
Exzellenter Blog – hab mich selten so amüsiert!
Juni 8th, 2007 at 14:34
Uah?!
Da verstehste ja kein Wort!
Juli 27th, 2008 at 19:23
Mir fällt dazu noch der Roman von Max Frisch ein, „Mein Name sei Gantenbein“. Ist „Gantenbein“ so etwas wie „Ramschknochen“ oder ein „Boinerkarle“ (schwäbisch, „Gebeine-Karl“ = Skelett, bildhaft verwendet für den Tod“), den man billig bei ebay ersteigern kann?
rätselt Ralf