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Wer trollt sich bei der Trölerei

  • Der Troll im Netz und als Souvenir
  • Ein Troll ist ein putziges Wesen, das meist im Verborgenen lebt und ganz schön nerven kann, speziell in Diskussionsforen oder Blog-Kommentaren. Die genaue Troll-Definition findet sich bei Wikipedia hier.

    Eigentlich sind Trolle im Norden beheimatet, sind Teil der germanischen Mythologie und in Norwegen, Schweden Dänemark oder Island Teil der Folklore und aus dem Souvenirhandel nicht wegzudenken.

    Troll als Souvenir in Oslo
    (Troll als Souvenir in Oslo. Quelle: Privates Foto)

  • Die Trölerei in der Schweiz
  • Doch auch in die Schweiz verirrt sich das Verhalten eines Trolls, hierzulande als „Trölerei“ bezeichnet. So lasen wir im Tages-Anzeiger vom 11.04.09:

    Trölerei im Tagi
    Es ging um das Verhalten der Südschneiser, die am 25.06.06 für eine knappe Stunde den Verkehr auf der Rheinbrücke in Kaiserstuhl blockierten (vgl. Blogwiese).

    Bei Google.ch fanden wir weitere 297 Belegstellen für „Trölerei“.

    Beispiel:

    „An Trölerei grenzende Argumentation“

    Trölerei
    (Quelle: strafprozess.ch)

  • Trölerei im Gesetz
  • Und sogar eine hübsche Definition in einer Gesetzesänderung:

    Trölerei = zum vornherein aussichtslose Einsprache; bewusst unwahre Behauptungen; bewusst verspätete Einsprache zwecks Prozessverzögerung. Gründe sind alles Schutzbehauptungen zu Verzögerungszwecken.

    (Quelle: dbu.tg.ch)

    Die Schweizer „Trölerei“ ist also eine absolut ernst zunehmende juristische Angelegenheit. Sie kann mit „Trölbusse“ geahndet werden:

    Überdies kann in allen Fällen, wo böser Wille vorliegt, Trölbusse verhängt oder auch der Fehlbare zu strafrichterlicher Ahndung verzeigt werden, sofern dieselbe vorher angedroht war.

    (Quelle: gesetzesammlung.bs.ch)

    Die Verwandtschaft zur auch in deutschen Netzen bekannten „Trollerei“ ist offensichtlich. Diese hat es jedoch nicht in das komplexe Juristendeutsch hinein geschafft. Fragen wir den Duden nach „Trollerei“, so fragt er zurück „Meinten Sie Tollerei“? Nein, meinten wir nicht, toll ist ein Troll nicht.

  • Trollerei oder Trollen?
  • Auf der Webseite des deutschen Verlags Heise aus Hannover wird der Unterschied zwischen „Trollerei und „Trollen“ erklärt:

    Im Unterschied zum reinen Trollen ist die Trollerei mit Scherzen durchsetzt, die aber leider meist nur von einem echten Kenner der Materie zuverlässig erkannt werden können.

    (Quelle: Heise.forenwiki.de)

    So trollt er sich, der Troll, zusammen mit der „Trölerei“ in der Schweiz, und der „Trollerei“ in Deutschland.

    

    7 Responses to “Wer trollt sich bei der Trölerei”

    1. Phipu Says:

      Zugegeben, da ich mich selten mit der Justiz herumschlage (-n muss), kannte auch ich „Trölerei“ als offizielles Schweizerhochdeutsches Fachwort nicht.
      Meine Suche hat dann Folgendes ergeben:

      Im folgenden Link wird man dazu verführt, in Grimms Wörterbuch nachzuschauen. Und dies „erst noch“ mit der angepassten regional abweichenden Verschriftung:
      http://strafprozess.ch/anwalts-bashing-aus-lausanne/

      Wie so oft ist Grimms Wörterbuch ( http://germazope.uni-trier.de/Projects/WBB/woerterbuecher/dwb/wbgui?lemid=GA00001 ) eine wahre Fundgrube für die Geschichte dieser Wörter und deren Verwandtschaft. Da der im obigen Link (strafprozess.ch) angegebene Wörterbucheintrag „für einmal“ nicht ellenlang ist, kann ich ihn auch gleich hier übernehmen:
      DROLLEREI, f.
      1. trölerei das verdrehen des schlichten sinns durch geschwätz und redekünste, weil dies bei rechtshändeln vorkommt, auch processiersucht STALDER 1, 308. TOBLER 154a. drölerei subterfugia et praetextus frivoli SCHILTER 242a. OBERLIN 253, betrug SCHMID Schwäb. wörterb. 142. schwed. trolleri zauberei IHRE 960.
      2. ohne böse nebenbedeutung heiszt drollerei munteres, scherzhaftes treiben, schalkstreich, närrischer schwank, engl. drollery, franz. drôlerie …

      Hier noch der zweite Sinn des Verbs „trohlen, tröhlen“, was schon mehr Schreibplatz verschlingt:
      2) in übertragener bedeutung: sequi lites sich rächtshendlen vnderwinden, trölen FRISIUS a. a. o. 1203a. in diesem sinne nur schweizer. bezeugt, gewöhnlich in der umgelauteten form, gelegentlich auch umlautlos wie in Basel, s. SEILER a. a. o. zu den bei drollen 7, teil 2, 1429, gegebenen belegen, unter denen die verweise auf mhd. trüllen und auf auszerdeutsche parallelen zu unrecht stehen, ist als älteste bezeugung anzuführen:
      ich merk schon, was die urteil git.
      sönd denn wir die sach verlieren
      und denn gen Rom appellieren,
      so ist es in unserm vermögen nit;
      dann disem volk ist wol darmit,
      dasz man den handel trölt und trybt,
      dasz uns nit ein haller blybt
      NICL. MANUEL 280 Bächtold;
      ferner dröhlen neben tröhlen bei PESTALOZZI 2, 33 Buch.-Spranger-Stettb., bzw. 2, 407.
      in zusammensetzungen im sinne von tröhlen 1: tröhlbach, -baum, -fasz u. a. m., s. STAUB-TOBLER 4, 955; 4, 1428; 1, 1054; im sinne von tröhlen 2: tröhlhandel, -schulden, -sucht ebda 2, 1399; 8, 656; 7, 286. im gleichen sinne in ableitungen wie tröhlhaft, tröhlig prozeszsüchtig STALDER schweizer. 1, 308; trö(h)lung s. unter drollung teil 2, 1432; trö(h)lerei s. unter drollerei 1, teil 2, 1430, wo der verweis auf schwed. trolleri zu streichen ist; tröhlerisch dasselbe wie tröhlig PESTALOZZI 3, 357 Buch.-Spranger-Stettb.

      In diesem Umfeld fällt mir wieder das Verb ein, das meine Grossmutter noch benützte, jüngere Generationen jedoch nicht mehr: „Mir isch öppis abedrolet“ (mir ist etwas heruntergefallen). Heute hört man nur noch „gheit“ für „gefallen“. Da aber unter „trollen“ oder „trohlen“ so vieles steht, kann man sich hier den gewünschten Sinn fast aussuchen, z.B. „rollen“ oder „davonmachen“.

      Und dann lernen wir gleich auch noch, dass die Person, die gerne „trölt“ oder „Trölerei betreibt“ eben nicht ein „Troll“ ist, sondern ein „Tröhler“ oder „Tröler“:
      TRÖHLER, m., nomen agentis zu tröhlen 2: 1) litigiosus ein tröler, der gerne trölet vnd stätz im rechten ligt FRISIUS (1556) 775a; einer, der gern prozessiert STALDER
      schweizer. 1, 308:

      [Anmerkung Admin: Einfach klasse, Phipu. Vielen Dank! ]

    2. AnFra Says:

      Immer Ärger mit den Trollen. Wenn man ihnen näher kommen möchte, sehen sie klein aus, wenn man sich von ihnen entfernt, sehen sie groß aus. Wie der „Scheinriesen Herrn Tur Tur“ in der Geschichte „Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer“ von Michael Ende.

      Und hier liegt auch der springende Punkt. Durch die Darstellung von @Phipu ist nun m. E. diese Doppelfunktion / Zwitterstellung der Trolle etwas schemenhaft erkennbar.
      Von einem bestimmten, hier südgermanischen Standpunkt aus gesehen sind sie „trollige“ Wesen, also große, massige Wesen, die einen watscheligen, plumpen und ungeschlachten Gang haben, recht derb, roh und sogar dumm sind. Sie wanken, wiegen, kullern und torkeln sie sich durch das Leben.
      Andererseits von einem anderen, hier skandinavischen Standpunkt aus gesehen, sind sie wiederum körperlich kleine Wesen mit großem Kopf und einem dicken Bauch und haben sehr kurze Beine.

      Sie sind Doppelwesen in ihrer Erscheinung, je nach Sicht und Standpunkt des Betrachters. Dies entspricht auch ihrer Wesensart: Einfach nicht richtig zu fassen.
      Aber nun die wichtigste Auffälligkeit: Sie haben überdimensionale Füße!
      In vielen dt., slaw. und nordeurp. Märchen haben Trolle, Kobolde und „wichtelartige“ Wesen kurze Beine mit oft großen Füßen. Diese Eigenart ist sogar beim Kobold „Pumuckl“ zu erkennen. Bei ihm ist der Körper klein, jedoch menschenähnlich proportioniert, die Füße jedoch als Auffälligkeit sind auch etwas übergroß. Durch diese kurzen Beine und die großen Füße haben diese Trolle und Wichtel eine gewisse „trollige“ Gehweise.
      Und hier liegt eventuell auch die Gleichartigkeit der Wortherkunft. Da die Südgermanen ca 1.500 bis 2.000 Jahre vor dem Auftauchen des Begriffes des skandinafischen Namens „Troll“ ab dem 17. / 18. JH sich von den im Norden Europas verbliebenen Volksgruppierungen trennten, ist folgende „wilde“ Theorie möglich:
      Diese beiden Begriffe „troll, trollig“ für den oberdeutschen Begriff und der neuere „Troll“ für den skandinavischen Wichtel, Wald- oder Hausgeist stammen aus der selben sprachlichen und sinninhaltlichen Urquelle. Denn es gibt eine zwingende Logik: Der „Troll“ ist als Waldwesen, auch wenn er selten die menschlichen Behausen be- und heimsucht, darauf angewiesen, im sumpfig-nassem und schneereichen Gelände sich sicher und überall bewegen zu können, damit er nicht von den normalen sterblichen Menschen gefasst werden kann. Er muss also auf einem großen Fuß leben und hat dadurch einen entenartigen Gang.
      Als Kurzfuß macht er zwangsläufig „watsch-watsch“ und die übrigen elfenartigen Wesen als Langfüße „hoppedi-dei“.

      Der Troll ist immer und überall- aber niemals greifbar.

    3. Egon Says:

      dat jeht auch einfach: Tröll heisst Maul oder Schnauze. So soll de Troll (den wir ja alle kenn) sin Tröll halte.

    4. Brun(o)egg Says:

      Ich steh auf Wolpertinger. Die sind handfester.

    5. AnFra Says:

      @ Brun(o)egg

      Der Bruno, ein Fan der Walpurgisnacht?

      Dieses Tier ist sicherlich ein wilder Begleiter der Kobolde, Trolle und Hexen bei den Heimsuchungen in der Nacht vom 30.April zum 1. Mai. Andererseits kann man den Wolpertinger = Walperdinger = Welperdinger recht gut auch anders zurechtbiegen.
      Es könnte z. B. der Wel = Wolf und per = Bär, also ein Wolfsbär-Seiender, sein.
      Was natürlich die Bayern besonders erzürnt, ist die grässlichste Möglichkeit: Der Wolperdinger könnte jedoch auch ein norddeutsches Wesen, z. B. ein Nachkomme oder Getreuer der sächsischen Welfen sein. München, eine reale norddeutsche („preußische“) Stadtgründung.
      Pfui deifi. Da erbricht sich jeder Münchner.
      Dann kann der Wolperdinger tatsächlich nur noch eine Chimäre sein.

    6. Georges Says:

      Um noch etwas Verwirrung zu stiften:
      Es gibt in der schweizerischen Juristensprache auch den Trödelvertrag, bzw. die Trödelei (siehe zB google: „BGE 89 II 214“)

      Ein Tröldelvertrag liegt vor, wenn der Vertrödler dem Trödler einen Gegenstand zum Weiterverkauf an Dritte übergibt und vereinbart wird, das der Trödler den Weiterverkauf in eigenem Namen und auf eigene Rechnung betreibt.

      Bei den Begriffen Trölerei und Trödelei habe ich als Jurist immer Mühe, die richtige Formulierung zu finden.

    7. Peter Says:

      „Tue nöd tröle“ sagte mir meine Zürcher Grossmutter mit Innerschweizer Wurzeln früher manchmal, wenn ich nicht schnell genug war. Gemeint war natürlich das ich nicht trödeln, also mich beeilen soll.
      Sie verwendete auch den Begriff „umetröle“, was sich wahrscheinlich am besten mit „herumhängen“ übersetzen lässt.

      Das führt natürlich zur Frage ob und wie sich trölen von trödeln unterscheidet, wenn überhaupt.

      Wie lautet eigentlich der standarddeutsche, bzw. juristensdeutsche Begriff für Trölerei? Wird das mit „absichtliche Verzögerung“ umschrieben oder gibt es da auch einen speziellen Begriff?