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Gisplig, gispelig und Dizzy Gillespie

(reload vom 5.3.06)

  • Gisplig oder gispelig?
  • Am 16.02.06 lasen wir im Tages-Anzeiger den schönen Satz:

    „Er begrüsste nicht die zwanzig Medienleute, die die Szene völlig beherrschen. Nein, dieser laute, gisplige Medienpulk ist im 1000-Seelen-Dorf Aesch fehl am Platz.“

    Der Gisplige Medienpulk
    Jetzt wird es schwierig. Wie lässt sich rausfinden, was „gisplig“ bedeutet? Im Duden ist es nicht zu finden, nur Google bringt ein paar Belege, die Teils mit e wie „gispelig“, Teils ohne e wie „gisplig“ geschrieben werden.
    Nur im Wörterbuch der Brüder Grimm findet sich ein Eintrag.
    Der Gispel:

    GISPEL, m., süd- und westmitteldt. wort, vgl. gispel ‚kind, das mit füszen und händen nie ruhig ist‘ MARTIN-LIENHART 1, 240a, ‚unruhiger mensch mit fast fieberhaft lebhaften bewegungen‘ STAUB-TOBLER 2, 482; anders, vielleicht in mischung mit gimpel, ‚halbnärrischer, dummer mensch, einfaltspinsel‘ UNGER-KHULL steir. 293b, ‚eitler …, geistig minderwertiger mensch‘ rhein. wb. 2, 1245; so auch seit dem 17. jh. literarisch belegt bei obd. autoren im sinne von ’narr, dummkopf‘, meist mit gutmütig-jovialem unterton: ein einfältiger gispel thäte sich mit einer schönen, doch verruften und beschreiten dirn … in eheverlöbnis ABELE V. LILIENBERG gerichtshändel 2 (1658) 78; du unbesunnener gispel ABR. A S. CLARA Judas 1 (1686) 222; ja, sag ich zu mir, bist ein schöner gischpel, willst andern leuthen ein vollgschancktes tintenfassl verehrn und kanst selber itze ninx schreybn J. J. SCHWABE tintenfässl (1745) A 3b; potzblitz! … sieht er nicht, gispel, dasz wir unserer sieben sind? L.
    (Quelle: Grimms Wörterbuch)

    Es muss also „nervös“ und „unruhig“ bedeuten, und wie wir bei Grimm lesen, dies bereits seit dem 17. Jh. und noch länger.
    Ob die unruhige Spielart von Dizzy Gillespie auch etwas mit diesem „Gispel“ zu tun hat? Aber da stehen die Ls ja vorn und nicht hinten, also sicher keine Verwandschaft.

    

    4 Responses to “Gisplig, gispelig und Dizzy Gillespie”

    1. Mare Says:

      ich hätte jetzt gesagt, „gispel“ oder „gwispel“ ist eher üblich im Tafeljura (Schwarzbubenland, Baselbiet).

    2. Brun(o)egg Says:

      Statt Gispelig gibts in Teilen der Schweiz auch noch das Wort Figgerig. (Ein Scheln der Schlechtes denkt). Zudem gibts den Gispel. Wenn jugendlich meist Ritalin gebremst.

      Wünsche allen hier Schreibenden ruhige, kalorienarme Festtage.

    3. Stella Says:

      Meine Mutter verwendete den Ausdruck Gispel noch häufig für uns Kinder. Inzwischen – sie lebt seit über dreissig Jahren nicht mehr – habe ich ihn nie mehr gehört. Aber im Sinn hiess „Du bisch en Gischpel“ ungefähr: Du bist ungeduldig, unruhig, aber auch tolpatschig. Sie verwendete diesen Begriff beispielsweise, wenn wir ungeduldig etwas umgestossen oder zerbrochen hatten. Und so leite ich auch „gisplig“ ab von Gispel.
      Frohe Weihnachten.

    4. solanna Says:

      Ich hätte gedacht, dass „Gischpel“ ein generell schweizerdeutscher Begriff ist, den alle verstehen. Es ist tatsächlich ein zappeliger Mensch, der dabei unbeabsichtigt ab und zu auch noch Schaden anrichtet (z.B. ein Glas umstösst oder durch unerwartete Bewegungen jemanden anstösst, der dann etwas verschüttet).

      Ich denke tatsächlich, dass es sich bei den Gispeln oft um Personen handelt, die an AD(H)S (Aufmerksamkeits(-Hyperaktivitäts-)Syndrom leiden.

      Ich habe gerade ein Beispiel erlebt: am 24. Dezember war der 12-jährige Neffe nett, umgänglich, ruhig, denn er hatte wie an Schultagen Ritalin bekommen.

      Am 25. Dezember wollte er das Ritalin nicht nehmen, weil er Angst hatte, dieses bremse seinen Appetit und er könne nicht das ganze Weihnachtsschlemmermenü essen, auf das er sich so freute. Obwohl er sich offensichtlich Mühe gab, war er dann unausstehlich, zappelte dauernd mit den Beinen, schoss auf, fuchtelte mit den Armen, stiess Dinge um, schwatzte in alles drein und jammerte schliesslich, jetzt sei es bestimmt zu spät, um Ritalin zu nehmen, weil dieses wohl nicht schnell genug doch noch wirke. Er tat mir leid.

      Ich weiss, dass es viele Leute gibt, die behaupten, man gebe den Kindern einfach Ritalin, um sie ruhig zu stellen. Wer selber mehrmals erlebt hat, wie betroffenen Kindern und ihrem Umfeld durch dieses verschreibungspflichtige Medikament geholfen wird, äussert sich kaum mehr so undifferenziert.