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Noch ein kleiner Nachbar von Deutschland — Warum Skandinaven Dänemark so lieben

  • Der Kaufmannshafen
  • Seit einigen Wochen arbeite ich von Montags bis Freitags in Kopenhagen, „København“, der „Kaufmannshafen“, der Hauptstadt Dänemarks.
    Kopenhagen im Winter 2010
    Alles ist anders als in Norwegen. Durch die Nähe zum Wasser blieben die Temperaturen auch in diesem Eiswinter 2010 meist um den Gefrierpunkt, während in Oslo das Thermometer schon mal auf Minus 20 Grad fiel im Januar. Das erste, was ich beim Verlassen des Hauptbahnhofs in der Stadt erblickte, waren Tanzbars und Stripteaselokale im Bahnhofsviertel. Die Mädels sind alle etwas blass, und natürlich durchweg blond.

    Nightclub in Kopenhagen

    Dänemark ist eine beliebte Rotlicht-Destination für Schweden und Norweger, denn im prüden Oslo ist jede Form von Prostitution verboten. Die Dänen sehen das gelassener. Nicht die Prositution ist verboten, sondern die Zuhälterei.
    Nightclub GOGO
    (Das ist ein Nightclub in Kopenhagen, kein CoOp)

    Weinverkauf in Kopenhagen
    Das nächste, was mir auffiel, war die grosse Auswahl an bezahlbaren Bieren und Weinen in jedem hundsgemeinem Supermarkt, oder spät abends in den SevenUp-Läden. Es findet sich jede Menge „Hvidvin“ (Weisswein) und “ rødvin“, sowie eine Auswahl Deutscher Biere. Was man hier allerdings überhaupt nicht kennt ist die Unart der Bayern und Franzosen, helles Bier mit Limonade zu vermischen und das als „Radler“ oder „Panaché“ zu verkaufen.

    Deutsche Biere auch in Kopenhagen
    In Oslo wäre dieser liberale Umgang mit Alkohol undenkbar. Alkohol gibt es dort nur bis 20 Uhr im Supermarkt oder in staatlichen Monopolladen, oder überteuert in der Bar.

  • Doppelt soviel saufen wie die Schweden
  • Die Norweger und Schweden kommen daher gern zum Saufen nach Dänemark, was den Alkoholverbrauch pro Kopf und Jahr nach oben treibt. Während die Deutschen bei 10.2 Liter im Europäischen Durschschnitt liegen (umgerechnet in reinem Alkohol pro Erwachsener und Jahr) und Frankreich zusammen mit Irland bei 13.4 Liter das Säuferfeld anführt, vernichten die Dänen immerhin 12 Liter pro Jahr, und damit doppelt soviel wie Schweden und Norweger (jeweils 6 Liter). Zwei der 12 Liter gehen garantiert auf das Konto der Besucher aus Schweden. Denn Malmö liegt nur eine Autostunde entfernt. Durch die 2000 eingeweihte Öresundbrücke sind Kopenhagen und Malmo quasi zu einer Megastadt zusammengewachsen. Der Service in Kopenhagen liegt in schwedischer Hand. Hotelangestellte und Servicepersonal in Restaurants sind oft aus Schweden. Das ist uns aus Zürich vertraut, wo in der gleichen Sparte vorwiegend Ostdeutsche arbeiten.
    Dänen gehen gern auf dem Stroget - Strich
    Die lange Fussgängerzone Kopenhagens heisst „Strøget„, zu Deutsch „Strich“. Und dort kann man anschauen, wie Einheimische und Touristen mit grossem Vergnügen „auf dem Strich“ gehen.

    (Teil 2 Morgen: „Hvad fik du“ ist keine Frage nach dem Sexualpartner)

    

    15 Responses to “Noch ein kleiner Nachbar von Deutschland — Warum Skandinaven Dänemark so lieben”

    1. Aggel Says:

      Soso, jetzt treibt sich der Wiese in DK rum 😉
      Ursprünglich bin ich als Norddeutscher (KI) und länger (3 Jahre) in CH (Bern) arbeitender auf dein Blog gestossen.
      Nun habe ich zufällig auch einige Zeit in Malmö (S) gearbeitet und auch schon als Student einige Monate in DK gelebt.

      Jetzt wir es ja WIRKLICH spannend ….

      Würde mich freuen, wenn du auch deine Eindrücke über möglicherweise unterschiedliche Formen der Zusammenarbeit bloggen würdest. Ich bin sicher daß es da reichlich „Stoff“ gäbe.

      Nun wieder genauer den RSS Feed lesend
      Axel

    2. rca Says:

      Ich bin so frech: København und rødvin. Ein P in einem dänischen Wort, ein Plosivgeräusch in einem Städtenamen, das geht doch nicht. Haben die Dänen überhaupt Plosivgeräusche? Hab ich noch nie gehört 🙂

      Für unterhaltsame Dänisch-Immersion empfehle ich immer die zwei Filme „I kina spiser de hunde“ und „Gamle mænd i nye biler“.

      Dänisch. Die Sprache ohne Konsonanten. Fantastisch.

      [Anmerkung Admin: Danke für den Hinweis, schon geändert. Das erste „ø“ habe ich noch eingefügt, das „b“ hatte ich übersehen, und beim Rotwein war ich zu faul, das Sonderzeichen erneut zu suchen. Ist mühsam auf einer Schweizer Tastatur. Mit den Plosivgeräuschen hast du recht. Selbst „ikke“ klingt hier wie „igge“ oder „igg“. ]

    3. Smilla Says:

      Deutsche haben eine Affinität zu Ländern, die zahlenmäßig höchstens 10% von deren Einwohnern aufweisen. Damit verbinden sie Ruhe und Ordnung. Wenn es dann um den Spitzensteuersatz von 63% geht, lässt die Liebe meist schnell nach. Generell will der Deutsche am liebsten das größte gemeinsame Vielfache kleiner Länder: Ausbildungsmöglichkeiten wie in Skandinavien, wo 70% eines Jahrgangs Abitur machen, das ganze dann möglichst mit niedrigen Steuern (Schweiz oder Luxemburg), nebenbei neidet er die Monarchie, die für Deutschland undenkbar wäre und weint, dass Klima und Umgebung nicht so mediteran sind wie auf Malta.

    4. Werner Says:

      Saufen wie die Schweden!
      Dazu kann ich auch ein nettes Erlebnis beisteuern. Vor Jahren war ich einige Wochen auf Montage in Arhus und suchte ein Hotel. Schließlich fand ich eins und der Wirt sagte mir gleich: „Aber am Wochenende mußt Du ausziehen, da kommen die Schweden zum Saufen.“ Na gut, bin ich am Wochenende nach Deutschland und habe von dort für die dänischen Kollegen Schnaps und Zigaretten mitgebracht. – Interessant ist auch, daß die Schweden sagen, die Finnen saufen wie die Löcher und wiederum die Dänen sagen, die Schweden saufen wie die Löcher.

    5. neuromat Says:

      „mit niedrigen Steuern (Schweiz)“: sag mal ernsthaft – und darf ich auf einer Antwort bestehen – wie setzt sich die Besteuerung in der Schweiz zusammen und zu welchen Sätzen und mit welcher Progression und welchen Spitzensteuersatz kannst Du dann ausrechnen???

    6. Guggeere Says:

      @ Werner
      Was du schreibst, hat was: In der Schweiz blicken die Weniger- und Nichtsäufer mit Irritation bis Verachtung nach Norden auf die deutsche Saufkultur mit ihren Hofbräuhäusern und Oktoberfesten. Und ein Romanist erzählte mir mal, in Italien sei «Svizzero» ein Ausdruck für «Säufer».
      Eine europäische Variante der Nord-Süd-Problematik, sozusagen.

      [Anmerkung Admin: Nach Norden? Doch eher nach Osten, denn dort liegt München, von der Schweiz aus gesehen. Nebenbei gesagt kenne ich mehr Schweizer, die schon auf dem Oktoberfest waren, als Norddeutsche, die dies von sich behaupten können. Versuch mal mit im morgendlichen ICE von Zürich nach München zur Zeit des Oktoberfestes einen Sitzplatz zu bekommen. Keine Chance 🙂 ]

    7. Ostwestfale Says:

      @neuromat
      economiesuisse hat 2006 eine Studie zur Steuerbelastung im internationalen Vergleich erstellt. Danach hatte die Schweiz im Jahr 2004 eine Fiskalquote von knapp 29% (D: ca 35%). Schließt man jedoch die Zwangsbeiträge der Sozialversicherungen mit in die Rechnung ein erhält man für die Schweiz eine Fiskalquote von über 42% (D: ca 36%)
      -> http://www.economiesuisse.ch/web/de/PDF%20Download%20Files/dosspol_StWettb_20060213.pdf

    8. Brun(o)egg Says:

      @ Ostwestfale

      Wer den Zahlen der Economieswiss glaubt ist auf jeden Fall der Beschissene. Wenn ich 42% bezahlen müsste, würde ich auswandern. Nach Deutschland.

    9. neuromat Says:

      @ Ostwestfale

      Danke. Die Zahlen sind zwar etwas älter. Aber damals waren die Vorurteile ja die gleichen.

      Könntest Du einen Kredit aufnehmen und grosszügig Werbeflächen anmieten, Banner für Flugzeuge, Warnschilder in Grenznähe – etwa ab Karlsruhe – anbringen lassen.
      Text: Vorsicht! In der Schweiz zahlen Sie mehr Steuern!!

      Nicht zu vergessen, die AHV Beiträge in Bezug auf die zu erwartende Ausschüttung (dieser zusätzlichen Steuer).

    10. neuromat Says:

      @ admin

      ja und was meinst Du, wo sie zum „Skifahren“ hinfahren. Ischgl heisst das glaube ich. Aber offiziell war da natürlcih noch nie ein Schweizer! Eigentlich kenne ich somit viele Nicht-Schweizer Schweizer. dabei ist das doch völlig unnötig, macht sie doch für einmal sympathisch, wenn sie sich den Genüssen der feindlichen Nachbarn ergeben.

    11. Brun(o)egg Says:

      @ neuromat

      Wir waren schon auf dem Vor-Balkan im Osten Skilaufen. Man wird da wie ein Weltwunder begutachtet: Schweizer in Ö beim skifahren?! Und ich muss sagen obwohl Vor-Balkan, das Servicepersonal spricht deutsch im Gegensatz zur Schweiz, die Pisten sind gut, die Leute sehr aufmerksam, das Essen ein bisschen schwer, aber liebevoll zubereitet, usw. usf.
      Eine echte Wohltat zum Vergleich mit Schweizer Skiorten. Leider.

    12. Brun(o)egg Says:

      Nachtrag

      Es ging ja um die saufenden Wikinger jeglicher Provenienz: Wir empfehlen Ö. Soviel Obstler wie einem da nachgeschossen wird bekommt gar nicht runter.

    13. Guggeere Says:

      @ Brunoegg
      „Wenn ich 42% bezahlen müsste, würde ich auswandern.“
      Aha! Sosooo! Ich sage nur: Schwarzgeld! 🙂

    14. neuromat Says:

      worum es mir in der Frage geht ist doch:

      Ueberall wird doch offensichtlich so getan, als zahle man in der Schweiz keine Steuern. Wir zahlen hier in der Schweiz Steuern. Das sogenannte „Paradies“ bezieht sich auf Pauschalbesteuerungen, die nach merkwürdigen Kriterien festgelegt werden.

      Hingegen darf der KMUler seine Erklärungen bis auf den Rappen genau abgeben. Wer immer noch glaubt, die passe auf einen Bierdeckel, der zeige mir das zugehörige Glas. Es würde den saufenden Wikingern zusagen.

    15. Allmechtna Says:

      Mich schockt’s.

      In Dänemark arbeiten, aber von den Menschen als „Skandinaven“ sprechen? 😉
      Genau wie von Portugesen, oder Italienser, oder Monacosen? ;))

      SkandinavIER sind das.