„Das war nicht so gut“ — Dänische Knappheit und Deutscher Konjunktiv

November 1st, 2010
  • Dänische und Deutsche Höflichkeit
  • Die Deutschen in der Schweiz sind oft erstaunt über die Höflichkeit, die sie bei Schweizern erleben, und ecken selbst oft an, wenn sie zu direkt und kurz angebunden sofort zur Sache kommen und sich damit nicht an lokale Gesprächskonventionen halten. Auf der Webseite www.dk-forum finden wir einen Beitrag, in dem zu lesen ist, dass es auch zwischen Dänen und Deutschen unterschiedliche Auffassung von Höflichkeit gibt. Nur mit umgedrehten Vorzeichen (Schweizer dürfen hier „gekehrten Vorzeichen“ einfügen).
    Das Rathaus von Kopenhagen
    (Foto: Kopenhagen Rathaus im Januar 2010)

    Dänische Touristenbüro-Mitarbeiter sind sprachlich bei weitem nicht höflich genug – wenn sie deutsche Touristen informieren. Gleichzeitig übersehen die Deutschen jedoch oft, daß die Dänen in einer anderen Weise Ausdruck für Höflichkeit geben – z. B. mit einem kleinen Lächeln. Dies zeigt eine große Untersuchung von Gesprächen zwischen deutschen Touristen und Angestellten bei dänischen Touristenbüros. Die Untersuchung ist von Elin Fredsted von der „Syddansk Universitet“ durchgeführt worden. (…)
    Elin Fredsteds Untersuchung enthüllt, daß dänische Touristenbüro-Mitarbeiter große Schwierigkeiten damit haben, deutsche Gespräche in einer formell höflichen Weise einzuleiten oder zu beenden, so wie es die Deutschen erwarten. Häufig überspringen die Dänen die höflichen Sprachrituale. Die Angestellten beantworten auch selten ein „danke“ oder einen Abschiedsgruß der deutschen Touristen. Darüber hinaus haben die dänischen Touristenbüro-Mitarbeiter Schwierigkeiten ein Bedauern oder eine Entschuldigung in einer konventionell höflichen Weise auszudrücken, so wie die Deutschen es gewohnt sind.
    (Quelle für dieses und die weiteren Zitate: dk-forum.de)

    Lässt sich daraus vielleicht nun die Theorie ableiten, dass die Menschen immer wortkarger und direkter werden, je weiter man in den Norden vorstösst? Sich in Finnland somit jede Höflichkeitsfloskel ganz erübrigt? Laut dem Beitrag fehlt es an „verbaler Höflichkeit“ bei Dänen:

    Die Gespräche in der Untersuchung sind auf Tonband und Video aufgenommen worden – und hier gibt es ein kleines Beispiel:
    „Deutscher Mann: Wir sind am Sonntag eingezogen (…) und es gibt einige technische Probleme. Die Toilette zieht nicht so gut.
    Dänischer Touristenbüro-Mitarbeiter: Das war nicht so gut. Ihre Schlüsselnummer?“
    Der Satz „Das war nicht so gut“ ist typisch dänisch, drückt aber gar nicht den gleichen Grad des Bedauerns auf Deutsch aus wie in der dänischen Sprache. Aus dem Untersuchungsmaterial geht außerdem hervor, daß keiner der dänischen Touristenbüro-Mitarbeiter die spezielle Höflichkeitsform der deutschen Grammatik (Konjunktiv II) beherrscht.

    Wie geht noch mal Konjunktiv II? „Könnten Sie das für mich machen?“ „Hätten Sie einen Moment Zeit?“ „Ich hätte gern ein Bier“ , zitieren wir bei Wikipedia:

    Die Möglichkeitsform dient hier dazu, um den Wunsch oder den Anspruch auf Erfüllung förmlich abzumildern.
    (Quelle: Wikipedia)

    Also nix mit direkter Ausdrucksweise. Das „Abmildern“ wird hier als typisch Deutsch empfunden. Das Fehlen dieser Höflichkeitsform ist bei Dänen normal, doch bei Deutschen extrem unhöflich:

    Die Dänen können daher als ziemlich schroff und kurz angebunden aufgefaßt werden. Hier folgt ein anderer Auszug – wörtlich und sprachlich unvollkommen – aus einem dänischen Touristenbüro:
    „Deutsche Dame: Wo ist eine Bank? (Der dänische Mitarbeiter zeigt ihr die Bank auf der Karte)
    Deutsche Dame: Wie lange Öffnungszeiten?
    Touristenbüro-Mitarbeiter: bis 16 Uhr.
    Deutsche Dame: Und die Hauptstr. nach Tondern? (Der Touristenbüro-Mitarbeiter zeigt es auf der Karte)“
    Der dänische Mitarbeiter ist sehr wortkarg und benutzt auch keine höflichen verbalen Ausdrücke bei der Überreichung der Materialien, z. B. „Bitte schön“.

    Im nächsten Abschnitt sieht die Studie sogar Ähnlichkeiten zum Schweizerdeutschen:

    „Von meinen Abschriften der Gespräche in den Touristenbüros konnte ich sehen, daß Deutsch wortreicher als Dänisch ist. Es gibt eine ähnliche Untersuchung zwischen Hochdeutsch und Schweizerdeutsch. Hier zeigte es sich, daß Schweizerdeutsch wortarmer in Verbindung mit Einleitungen und Abschlüssen von Gesprächen ist. Dies könnte daher verursacht sein, daß die Schweizer und Dänen jahrhundertelang in kleinen, überschaubaren ländlichen Einheiten gelebt haben – wo man selten das Bedürfnis hatte, Gespräche mit Fremden einzuleiten – und deshalb nicht so viele verbalen höflichen Sprachrituale hierfür hätten.

    Hier irrt der Autor aber gewaltig. Wir empfinden gerade, dass die klassische Gesprächeinleitung im Schweizerdeutschen und der Abschluss von Gesprächen sehr ausführlich begangen wird: „Ist das so gut? Haben Sie sonst noch eine Frage? Mol, das ist gut so. Auf Wiederluege etc. etc.“
    Dänemark ist ja auch ziemlich weit weg von der Schweiz, und die Berge sind nicht so hoch dort. Ob es da tatsächlich Ähnlichkeiten in der Wortknappheit der Völker gibt? Was passiert eigentlich, wenn ein Schweizer nach Dänemark kommt oder ein Däne in die Schweiz? Brauchen Sie dann einen Deutschen als Kultur-Vermittler?

    Eine Dronning wird 70 — Herzlichen Glückwunsch zum Fødselsdag

    April 16th, 2010
  • Tillygge med fødselsdagen, Grete!
  • Dänemark ist heute ein Königreich und gleichzeit seit 1849 eine Demokratie, genauer gesagt eine „konstitutionelle Monarchie“, früher als die meisten Länder Europas. So ein Königreich braucht einen King, in Dänemark wäre das ein „Kong“, doch da sitzt eine „Drohne“ auf dem Thron, die Dronning Margrethe II, die heute am 16. April ihren siebzigsten Geburtstag feiert. Herzlichen Glückwunsch zum Fødselsdag! Tillygge med fødselsdagen, Grete!

    Königin Margerethe von Dänemark
    Foto Margrethe II. (Quelle: Wikipedia)
    Vollständig heisst sie Margrethe Alexandrine Þórhildur Ingrid, wobei der dritte Vornamen aus Island stammt. Phipu darf den Namen jetzt gern in die Berner Version übertragen. Wir sind gespannt.

    Sie entstammt dem Hause Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg und hat neben ihrer Rolle als dänische Königin auch als Grafikerin und Malerin eine gewisse Bekanntheit erlangt. Sie hat verschiedene Briefmarken gezeichnet und Bücher illustriert, unter anderen 1977 – unter dem Pseudonym Ingahild Grathmer – die dänische Ausgabe des Herrn der Ringe von J. R. R. Tolkien. Weiter ist sie in Dänemark eine anerkannte Designerin von Kirchengewändern, Theaterkostümen und Bühnenbildern. Im Jahr 2009 entwarf sie erstmals Kostüme und Dekor für einen Film, Die wilden Schwäne nach Hans Christian Andersens gleichnamigem Märchen.
    (Quelle: Wikipedia)

    Königliche Oper in Kopenhagen
    (Foto: Königliche Oper in Kopenhagen auf der Insel Holmen)

    Spontan fallen uns bei dem hübschen Wort „Fødelstag“ die „fremden Fötzel“ in der Schweiz ein, doch da besteht keine sprachliche Verwandtschaft. Margrethe II ist beim Volk sehr beliebt. Sie spricht 5 Sprachen und hat drei Universitätsabschlüsse. Ausserdem geht sie gern in die Oper, was seit dem Jahr 2000 sehr einfach ist, weil sie das neue Kopenhagener Opernhaus „Operaen“ quasi in Sichtweite zu ihrer Winterresidenz Schloss Amalienborg hat. Nur kann sie da nicht zu Fuss hingegen, denn es liegt auf einer künstlichen Insel auf der anderen Seite des Hafens. Ob sie mit einem königlichen Ruderboot fährt oder doch die dänische Kriegsmarine aufbietet?

    Ihre Winterresidizenz gegenüber der Oper ist Schloss Amalienborg. Es ist das einzige öffentliche Gebäude in Dänemark, in dem legal geraucht werden darf, denn Dronning Margrethe II ist leidenschaftliche Kettenraucherin und brachte es in guten Jahren auf 80 Zigis am Tag, doch da sie nie auf dem Balkon mit einer Zigarette gesehen geht man davon aus, dass sie im Haus im Laster fröhnt. Immerhin raucht sie seit 2007 nicht mehr in der Öffentlichkeit oder bei Fernsehauftritten.

  • What rhymes with Queen?
  • In England erzählen sich Anti-Royalisten gern den Joke: „What is the great thing about the word ‚Queen‘? It rhymes with ‚guillotine’ “. Könnte in Dänemark nicht passieren. Zwar bekommt die Königin im Jahr ein Gehalt von ca. 8.2 Millionen Euro, was eine Menge Gehalt ist, aber nichts im Vergleich zu den Einnahmen der Tourismusindustrie, die Royalisten- und Monarchie-Fans aus aller Welt nach Kopenhagen strömen lassen, um dort eine zünftige Wachablösung zu sehen oder den dänischen Wimpel zu schwenken, wenn sich das Geburtstagskind heute irgendwo blicken lässt.

    Unisex-Toiletten und bitte keine Frauenform — Alltag in Dänemark

    März 26th, 2010
  • Nicht mehr nach Männlein und Weiblein getrennt
  • Was man in Kopenhagen häufig vorfindet in Restaurants oder öffentlichen Gebäuden sind „Unisex-Toiletten“, die sowohl von Männlein als auch von Weiblein benutz werden dürfen. Ob es dadurch weniger Schlangen und Wartezeiten im Sanitärbereich gibt, konnte ich jedoch nicht feststellen.

  • Männliche Berufsbezeichnung auch für Frauen
  • Eine Dänin erzählte mir, dass hier keine Frau besonders Wert darauf legt, mit einer auf spezifisch „weibliche“ Berufsbezeichnung benannt zu werden. Die Lehrerinnen sind von Beruf einfach „Lehrer“, und die Managerinnen nennen sich „Manager“. Benennt man sie mit der explizit weiblichen Form, fühlen sie sich hingegen diskriminiert. Verkehrte Welt, wenn wir an die vielen Regelungen in der Schweiz denken, stets beide Formen zu verwenden, falls vorhanden. Aber hier sind ja auch 70% der Frauen berufstätig.

    Sieben von zehn Däninnen haben Vollzeitstellen. Die Frauen stellen 48 Prozent der gesamten Arbeitskraft im Land. Es gibt kaum noch Hausfrauen in Dänemark. 52 Wochen lang bezahlt der Staat Elternurlaub, 18 für die Mutter, zwei für den Vater, 32 weitere zur freien Verfügung. 96 Prozent aller dänischen Kinder im Vorschulalter besuchen eine der dicht gestreuten Tagesstätten. Ein Betreuungsplatz für ein Kind — frei nutzbar an fünf Tagen pro Woche von 7 bis 17 Uhr — kostet den symbolischen Betrag von 350 Franken. Pro Monat.
    (Quelle: Das Magazin.ch)

    Für irgendwas müssen die 52% Steuern ja ausgegeben werden.

    Hast du auch deine Vitamintablette eingenommen? — Dänische Essensgewohnheiten

    März 25th, 2010

    Vitamintabletten zur Frokost
    Das zweite Frühstück ist in Dänemark die „Frokost“, weil man am Morgen echt verrückt=mad wird beim „Morgenmad“, dem ersten Frühstück. In Norwegen sagen die Menschen „Lunch“ dazu, wenn es ab 11 Uhr zum Essen geht.

    Wichtiger Bestandteil dieser vorgezogenen Mittagsmahlzeit um 11:30 Uhr in Dänemark ist die Vitamintablette. In der Kantine steht sie in Gläsern auf jedem Tisch, und jeder meiner dänischen Kollegen greift dazu. Gesponsorte Gesundheitsfürsorge für alle.
    ?Vitaminpille am Mittag
    Wenn nun einer grad die Grippe hat, und er langt in dieses offene Glas mit seinen verseuchten Fingern hinein, na dann wird es richtig lecker.

  • Die Schweizer haben Jodtabletten
  • Fast so wie die Schweizer mit den Jodtabletten im Nuklearfall, welche im nächsten Schulhaus gelagert werden. Vorsorge ist alles. Dann man her mit diesem Viagra für alle. In der Tageszeitung „Politiken“ sahen wir dann diese Anzeige, die uns daran erinnern möchte, bloss nicht die Vitamintablette zu vergessen:

    Har du husket din Vitaminpille

    Har du husket din Vitaminpille? Hast du deine Vitaminpille vergessen? Niemals!

    Hakenkreuz als Logo einer Biermarke — Die Carlsberg Brauerei in Dänemark

    März 24th, 2010
  • Hakenkreuze und Bierbrauen
  • Im Stadtteil Vesterbro besuchte ich die Brauerei Carlsberg.
    Brauerei Carlsberg in Kopenhagen
    Am alten Brauereigebäude der dänischen Traditionsmarke Carlsberg in Kopenhagen gibt es etwas, zumindest für deutsche Augen, sehr Ungewöhnliches zu bestaunen:
    Brauerei Carlsberg in Kopenhagen
    Hakenkreuze, eine ganze Reihe davon. Sie wurden allerdings lange vor der Naziherrschaft in Deutschland dort angebracht und erinnern daran, dass das „Svastik“ oder Sonnenkreuz ein ziemlich altes Symbol ist, das man schon immer aus Indien kennt.

    Die Verwendung vieler Swastiken in dieser Brauerei, geht noch auf eine Zeit lange vor Hitler zurück. Sogar bevor Hitler geboren war, nahm J. C. Jacobsen die Swastika als das Firmenzeichen für seine neue Biermarke an. Dieses Firmenzeichen wurde verständlicherweise 1940 fallengelassen.

    (Quelle: swastika-info.com)

    Es findet sich auch auf den zwei Elefanten, die am Eingangsportal die Last des Gebäudes tragen. Die Brauerei Carlsberg verwendete das Symbol als Logo für eine Biermarke, bis dann den Kunden der Geschmack daran verging. Die Hakenkreuze in der Hausfront blieben jedoch.

    Elefanten der Carlsberg Brauerei

    Auch hier ein grosses Hakenkreuz, wie es in Indien auch heute noch sehr beliebt ist:
    Elefant an der Carlsberg Brauerei
    (Foto privat: Elefant am Eingang der Karlsberg Brauerei)