Die Schweizer und ihre Schusswaffen — Widerstand gegen die 3 Millionen Waffen in Schweizer Privathaushalten

September 22nd, 2009

(reload vom 30.8.06)

  • 3 Millionen Waffen in Schweizer Privathaushalten
  • Gegen die Aufbewahrung des Sturmgewehrs in privaten Haushalten hat sich seit Sommer 2006 vermehrt Widerstand in der Schweiz organisiert. Zu oft wurde bei Familiendramen diese Waffe dafür eingesetzt, um Probleme radikal zu lösen. Die Zeitschrift „annabelle.ch“ lancierte 2006 dazu eine Petition:

    Die meisten Morde in der Schweiz geschehen innerhalb der Familie. Fast die Hälfte dieser Bluttaten werden mit Schusswaffen verübt. Bis zu drei Millionen Schusswaffen – Armeewaffen inklusive – lagern in privaten Haushalten. annabelle meint: Waffen gehören nicht in die Familie! In der Herbstsession steht das Waffengesetz im Nationalrat zur Debatte. Deshalb lanciert annabelle die Petition «Keine Schusswaffen zu Hause».
    (Quelle: annabelle.ch)

    Das Foto dazu finden wir extrem gelungen:
    Waffen gehören nicht in die Familie
    (Quelle Foto: annabelle.ch)
    Welch friedliches Bild einer Schweizer Familie!

    In dem Artikel aus annabelle heisst es:

    Rekord bei Familienmorden
    Angesichts dieser ersten Ergebnisse der Nationalfonds-Studie zeichnet sich ein trauriger Rekord ab: Zwar kennt die Schweiz wenig Strassen- oder Gangkriminalität, wie sie in vielen Ländern üblich ist.Doch werden bei uns im Verhältnis zur Gesamtzahl aller Tötungsfälle mehr Familiemorde begangen als etwa in den USA. Die Opfer sind vor allem Frauen sowie Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren, die Täter fast immer Männer.Über die Motive der Täter ist wenig bekannt. Das
    liegt zum einen daran, dass sich viele Männer nach dem Mord an ihrer Familie selbst richten, zum anderen, dass die Akten in diesen Fällen oft zu schnell geschlossen werden.
    (Quelle: annabelle.ch)

    Foto Annabelle
    (Foto annabelle.ch)
    Wir haben dieses Thema auf der Blogwiese bisher ausgespart, wenn in regelmässigen Abständen wieder in den Zeitungen von einem Familiendrama berichtet wurde, bei dem diese Waffen zum Einsatz kamen. Zwar wird dann jeweils betont, dass es sich bei den verwendeten Waffen nicht immer um Sturmgewehre oder Armeepistolen handelte, beruhigen kann diese Feststellung jedoch nicht.

  • Auch bei Selbstmorden werden die Waffen verwendet
  • Auch dies ist eine Zahl, die in der Schweiz gern unter den Teppich gekehrt wird. Es ist ein Tabuthema, vom Selbstmord mit einer Armeewaffe zu sprechen. Wir haben im persönlichen Berufsumfeld erlebt, dass der Sohn eines Kollegen Selbstmord mit seinem Sturmgewehr beging. In den Zeitungen wurde von der Waffe danach nichts geschrieben.

    In annabelle heisst es dazu:

    Auch die hohe Suizidrate in der Schweiz scheint direkt mit der Verfügbarkeit von Schusswaffen zusammenzuhängen.In einer Studie,die im Herbst erscheinen wird,weist Gerichtspsychiater Andreas Frei nach, dass jeder dritte männliche Selbstmörder in der Schweiz eine Schusswaffe benutzt hat, zwei Fünftel davon waren Armeewaffen. Damit hat die Schweiz, zusammen mit Finnland, nach den USAdie zweithöchste Rate an Schusswaffensuiziden in der Welt.
    (Quelle: annabelle.ch)

    Kann eine Sprache „klarer“ sein als eine andere?

    September 10th, 2009

    (reload vom 25.08.06)

  • Sind Französisch und Arabisch „klarer“ als Deutsch?
  • In Frankreich herrscht der Glaube an die „Clarté de la langue française“, eine Klarheit, die nie bewiesen wurde oder bewiesen werden kann. Die einfache Syntaxabfolge von Subjekt-Prädikat-Objekt sorgt für klare Gedankengänge, während beispielsweise auf Deutsch die Verben den Sinn eines Satzes erst ganz am Ende offenbaren:

    Der Mann, der gestern nachmittag mitten in der Stadt an der Kreuzung einen Unfall verursacht hatte, ist gestorben.

    Spannung bis zum Schluss. Im Arabischen fangen Sätze grundsätzlich mit dem Verb an: Es starb der Mann, der…

    Ist Arabisch daher „klarer“ als Deutsch? Anderseits hat das Arabische nur zwei Zeiten: Gegenwart und Vergangenheit. Zukunft wird mit einer Vorsilbe ausgedrückt. Verschachtelte Vorzeitigkeiten ins Arabische zu übersetzen ist daher ein Ding der Unmöglichkeit oder muss umschrieben werden.

    Bis auf die Feststellung, dass in der Französischen Klassik das Vokabular radikal reduziert und von allem, was nach Dialekt oder Argot aussah, „gereinigt“ wurde, bleibt nicht viel vom Anspruch einer „klaren Sprache“. Auch Französisch „lebt“ Sprache weiter, schafft neue Wörter, importiert von anderen Sprachen und entwickelt munter eigene Argot-Ausdrücke.

  • Kein Haben oder Sein notwendig
  • In den Arabischen Ländern herrscht eine ganze ähnliche Diglossie wie in der Deutschschweiz. Gesprochen wird nur Dialekt, also Ägyptisch, Tunesisch, Syrisch etc. Geschrieben wird auf „Hoch-Arabisch“, der heiligen Sprache des Korans. Lernt nun ein Islamwissenschaftler fleissig Hocharabisch und bereist zum ersten Mal ein Arabisches Land, so kann es zu sehr skurrilen Situation kommen, wenn er nun auf Hocharabisch in einem Strassencafe etwas bestellt: „Oh Ober, bringen Sie mir bitte eine Tasse Kaffee“ klingt genauso fehl am Platz, wie wenn im Berner Oberland ein Japaner plötzlich auf Hochdeutsch zur Bedienung sagen würde: „Hätten Sie bitte die freundliche Güte, mir ein Glas Bier zu bringen„.

    Die „Hoch“- Arabische Schriftsprache kommt praktisch ohne die Verben „haben“ oder „sein“ aus. Anstatt „Ich habe ein Auto“ sagt der Araber: „Bei mir Auto“, und die Sache ist sonnenklar. Anstatt: „Ich bin Student“ sagt er „ich Student“, und auch hier benötigt niemand ein Verb, um den Satz zu verstehen. Wir fragen uns dann nur, wir Erich Fromms Werk „Haben und Sein“ (1976) dann auf Arabisch übersetzt wurde.

    Munros einsacken in Schottland

    September 7th, 2009
  • Nur 45 Viertausender in der Schweiz, aber 277 Dreitausender in Schottland
  • Gehen Sie gern in die Berge, wohlmöglich gleich ins Hochgebirge, und besteigen möglichst viele Gipfel? In der Schweiz mag es ein anstrengendes und erstrebenswertes Ziel für ambitionierte Gipfelstürmer sein, möglichst alle 45 Viertausender zu erklimmen. Wir kommen gerade von einer Reise aus den schottischen Highlands. Dort trifft man allerorts eine ganz spezielle Sorte von Sammlern: Die „Munro-Bagger“ (bagging = „einsacken, in die Tasche stecken“). Man erkennt sie leicht an dem mitgeführten Spezial-Handbuch aus den 50ern, in der vierten Auflage von 1997, in dem alle 277 schottischen Berggipfel präzise beschrieben werden, die höher als 3000 Füsse hoch sind.

    Munro’s Tables
    (Quelle: Amazon. Der offizielle Guide „Munro’s Tables“)

  • Rauf auf 3000 Füsse
  • Klingt hoch, doch umgerechnet sind das nur 914 Meter. Ein gewisser Sr. Hugh T. Munro hat diese Liste 1891 zusammengestellt, ist aber selbst am Vorhaben, sie alle zu besteigen, kläglich gescheitert. Das gelang erst 1900 durch Reverend Archibald Eneas Robertson, und nun ist es Volksport in Schottland, möglichst alle persönlich aufzusuchen um sie dann „abzuhaken“. Stolz werden am Abend in der Herberge die Häkchen präsentiert, und es wird erzählt, dass man heute wieder 3-4 davon geschafft hat und dabei neun Stunden im Regen und Nebel mit einer Sichtweite von max. einem Meter unterwegs war.

    Munros bei Braemar
    (Quelle Foto: Private Aufnahme — Ein seltener Tag mit guter Sicht in den Highlands bei Braemar)

  • Heute schon in Autan gebadet?
  • Munro-Bagger sind ein ganz spezielles Völkchen. Sie könnten ja leicht behaupten, oben gewesen zu sein. Wer merkt das schon, denn schottische Berggipfel haben weder ein Kreuz zum Abfotografieren noch ein Gipfelbuch zum Eintragen. Auch Wegmarkierungen gibt es kaum. Kartenlesen und Kompassbenutzung will geübt sein in den unwirtlichen Highlands. Auf der Isle of Skye, wo sich allein 12 Munros befinden, ist das besonders schwer, weil das Gestein so eisenhaltig ist, dass jede Kompassnadel verrückt spielt. Echte Munro-Bagger gehen bei jedem Wetter los, verbringen neun Stunden im Dauerregen und stellen sich dann abends in die Wartschlange für die warme Dusche. Hoch sind Munros nicht, aber oft nur nach langem Fussmarsch zu erreichen. Falls es nicht in Strömen regnet werden die Munro-Bagger von Abermillionen schottischen Mini-Mücken geplagt, auch „Midges“ genannt. Man sieht sie nicht, so klein sind sie, aber man spürt die Bisse dieser nur 1-2 mm grossen Plagegeister sofort an jeder freien Körperstelle. Am liebsten gehen sie in die Ohren. Na, juckt es jetzt grad bei Ihnen? Mehrmals täglich in Autan baden hilft ungemein.

  • Munro-Bagger und Munro-Banging
  • In der Welt der Munro-Bagger sind etliche Rekorde gemacht worden: Kathy Murgatroyd war die erste Frau, die sie alle bestieg. Der erste 70jährige und der erste 10jährige sind überliefert, ebenso der erste Hund, der mitsamt Herrchen auf allen Gipfeln war. Der Rekord liegt bei 66 Tagen. Das sind 4.19 Gipfel pro Tag. Munro-Bagger zählen nicht nur Munros, sondern auch sich selbst. Über 4‘000 sind weltweit bekannt, und in jedem Jahr werden es mehr, fein säuberlich vom Scottish Mountaineering Club aufgelistet als offizielle „Munroists“. Von Spöttern werden sie statt als „Munro-Bagger“ gern auch als „Munro-Banger“ bezeichnet, was zu erklären nicht ganz jugendfrei ist.

  • Hast du alle Ticks?
  • Entspannt wurde uns beim Abendessen in einer Bergherberge am Fusse der Munros verkündet, wer „seine Munros“ schon vor 20 Jahren alle im Sack hatte, und wer sie sogar zweimal besuchte, was den Kauf eines neuen Handbuchs notwendig machte, für die frischen Häkchen in der Liste. Diese Häkchen heissen auf Englisch „tick“, und so manch Munroist hatte einen solchen nicht nur in seinem Munro-Guide.

    Auf dem letzten Gipfel wird übrigens gefeiert, mit Sekt und Gipfelfrühstück. Danach beginnt die Jagd nach den „Marilyns“. So nennt man die Gipfel mit mindestens 490 Fuss Höhenunterschied zur Umgebung, und von denen gibt es 1‘214 Stück in Schottland, manche Munros gehören auch dazu, was das Vorhaben etwas beschleunigt. Und, haben Sie für den nächsten Sommer schon was vor? Autan und Kugelschreiber für die „ticks“ gibt’s billig in jedem Drogeriemarkt, die Schotten kennen sich da aus.

    Erfahrungen von deutschen Einwanderern in der Deutschschweiz — Ein Fragebogen aus Manchester

    Juni 19th, 2009
  • Umfrage aus Manchester
  • Wir erhielten eine nette Mail von Jonathan Morris aus dem Vereinigten Königreich, genauer gesagter aus Manchester. Offensichtlich hat sich bereits bis dorthin das entspannte Verhältnis von Schweizern und Deutschen herumgesprochen, denn es geht um die „Erfahrungen von deutschen Einwanderern in der Deutschschweiz“. Mit 260 000 Antworten könnte Jonathan rechnen. Hoffentlich sind viele Blogwiese-Leserinnen und -Leser darunter!

    Ich studiere Deutsch an der Universität Manchester, England, und arbeite momentan an meiner Magisterarbeit. Diese Arbeit hat zum Ziel, die Erfahrungen von deutschen Einwanderern in der Deutschschweiz genauer zu untersuchen. Die Ergebnisse der ausgefüllten Fragebögen sollen in meiner schriftlichen Abhandlung zusammenfassend dargestellt werden.

    Sollten Sie Interesse an den Ergebnissen meiner Untersuchung haben, dann lassen Sie es mich bitte wissen. Ich schicke Ihnen gerne ein elektronisches Exemplar der Arbeit.

    Die Beteiligung in dieser Studie ist völlig freiwillig und anonym. Schicken Sie mir bitte eine E-Mail, wenn Sie sich später umentschließen und nicht mehr teilnehmen wollen. Die ausgefüllten Fragebögen werden nur von mir eingesehen und auf meinem Computer gespeichert. Nach dem Einsendeschluss der Arbeit werde ich alle Fragebögen löschen. Allerdings könnten Auszüge der schriftlichen Abhandlung später publiziert werden.

    Bitte beantworten Sie die folgenden Fragen. Falls Sie Ihre eigenen Bemerkungen hinzufügen wollen, dann können Sie natürlich mehr schreiben. Sie können die passenden Aussagen ankreuzen [X] oder die nicht passenden Aussagen vom Text löschen. Bitte beachten Sie, dass Sie alle Änderungen speichern, bevor Sie das Dokument zurück schicken!

    Den interessanten Fragebogen gibt es hier zum Runterladen: Fragebogen aus Manchester (Word-Dokument)

    Bitte als Word-Dokument abspeichern und dann an diese E-Mail Adresse zurückschicken: fragebogenmanchester@googlemail.com

    Wir wünschen Jonathan viel Erfolg für seine Magisterarbeit (ich dachte, sowas gibt es seit Bologna gar nicht mehr?) und hoffen mit ihm auf viele ausgefüllte Rückantworten!

    Sind Sie auch manchmal galt oder rindrig? — Sprachexkursion auf die Alp

    April 9th, 2009

    (reload vom 28.04.06)

  • Was ist ein Maiensäss
  • Wir lasen im Tages-Anzeiger, dem Fachblatt für das Alpwesen, in einem Bericht über die Terrassenlandschaft des Maggiatals:

    Über Generationen hinweg haben sie die abschüssige Flanke des Rovanatals terrassiert – bis zu den Maiensässen hinauf. Entstanden ist eine eindrückliche Kulturlandschaft.
    (Quelle: Tages-Anzeiger vom 20.04.06, S. 4)

    Als alte Flachländer haben wir selbstverständlich keine Ahnung, was ein „Maiensäss“ ist und müssen den Duden befragen:

    Maiensäß, das; -es, -e
    [2. Bestandteil schweiz. Säß, Sess (mhd. sesse)= unterste Stufe einer Alm] (bes. schweiz.): Weide, auf die das Vieh im Mai gebracht wird, bevor es auf die Almen weiterzieht.

    Nicht „veraltet“, nicht „landschaftlich“ aber ein „besonders schweiz“ vergibt die Duden Redaktion als Prädikat für dieses Wort. Bei der Suche nach der Bedeutung entdeckten wir ein Fachlexikon für Ausdrücke des Alpwesens. Dort wird erklärt:

    Maiensäss
    auch Vorsäss. Höhenstufe zwischen Heimbetrieb und Alp, die im Frühsommer und Herbst (d.h. vor und nach der Alp) mit dem Vieh beweidet und während der Alpzeit gemäht wird. Maiensässe dienen zum Ausfüttern der Nutztiere, werden aber zusehends von ferienbetreibenden Menschen belegt.
    Quelle: zalp.ch

    Im Bergdorf Jenaz, in der Nähe von Landquart, wurde ein Maiensäss am 2. Oktober 1943 von amerikanischen Bomben getroffen. So berichtet die Prättigauer Zeitung:

    Luftkämpfe über uns
    „Wie aus Jenaz berichtet wird, fielen zahlreiche Bomben in die Maiensässe in Valdavos. Mehrere Ställe wurden teilweise zusammengeschlagen, verschoben oder versanken in Bombentrichtern. Auf der Weide wurden 12 Stück Vieh getötet, wovon 8 Stück des Ldm. Chr. Bärtsch – Vetsch.“

    Was war geschehen?
    Die Alliierten griffen bereits mit der Luftwaffe in das Geschehen im mitteleuropäischen Raum ein. So waren an diesem Tag amerikanische Bomber, sog. fliegende Festungen, über die deutsche Grenze geraten. Sie wurden von deutschen Abfangjägern, von den legendären Messerschmitts gestoppt, und über die Schweizergrenze bis über das Prättigau verfolgt. Es handelte sich um sieben amerikanische Bomber, bestückt mit je fünf Bomben zu 500 Pfund, die ihre verheerende Last nicht in das vorgesehene Ziel bringen konnten. Sie mussten, wollten sie den schnellen Jägern entkommen, ihren Ballast abwerfen, taten dies auch in ihrer ehrlichen Überzeugung über unbewohntem Gebiet, eben im Valdavos. Die wenigen Ställe galten für die Piloten kaum als Wohnstätten. Wie durch ein Wunder waren keine Menschenleben zu beklagen. Etliche Bauern betreuten zu dieser Zeit noch ihr Vieh in diesem Gebiet
    (Quelle: jenaz.ch)

    Wie stiessen im Internet auf den Ort Jenaz, weil die dortige „Weideordnung“ sich uns als eine wahre Fundgrube für sprachliche Entdeckungen auftat. Die Fachsprache der Alp muss gelernt sein, bevor auch nur ein Satz einer Alpordnung verstanden werden kann. Falls Sie nun der Ansicht sind, einen relativ grossen Schweizerdeutschen Wortschatz zu besitzen und bis jetzt noch mit jedem in Schriftdeutsch geschriebenen Werk klarzukommen, dann lesen Sie bitte aufmerksam weiter, denn wir zitieren voller Erfurcht und Erkenntnisdrang:

    Die Alpen und die Sommerweiden in den Maiensässen sowie die Sommerheimweiden können – mit eigenem Vieh – im Verhältnis zur eigenen Grundfutterbasis bestossen werden. Die Gemeinde kann im bisherigen Rahmen (ca. 100 Mesenstösse) Alpen pachten, die den eigenen gleichgestellt sind.

    Grundsätzlich sind Niedergelassene und Bürger gleichberechtigt; sollte sich eine Überbestossung ergeben, so hat bei gleicher Grundfutterbasis der Bürger das Vorrecht. (…) Leere Mesen müssen besamt werden, oder es muss zusätzlich zum Hirtlohn Fr. 50.– bezahlt werden.

    Sömmerungsanspruch haben sommergalte Kühe, sofern diese bis Ende September 9 Monate trächtig sind; [und] Rinder, wobei solche, die bis Ende September 9 Monate trächtig sind, das Vorrecht haben.

    Erfolgen mehr Anmeldungen als Stösse zur Verfügung stehen, können pro Betrieb höchstens zwei Stück gesömmert werden. Rindrig gewordene Tiere müssen in eine andere Alp verstellt werden.
    (Quelle: jenaz.ch)

    Was beim „Besamen von leeren Mesen“ ganz genau passiert, fragen wir lieber nicht. Jedenfalls kostet es Fr. 50, zusätzlich zum Hirtenlohn, wenn man es nicht tut. Merkwürdig. Auch sommergalt und richtig rindrig sind wir vielleicht öfter als wir ahnen? Vor allem wenn wir lange nicht gesömmert wurden? Galt die Kuh früher mehr, wenn sie galt war, oder galt sie weniger? „Galt“ kennt zum Glück der Duden:

    galt (Adj.) [1vgl. gelt] (südd., österr., schweiz.):
    (von Kühen, Ziegen) keine Milch gebend:
    eine galte Kuh.

    Das Adjektiv „rindrig“ kennen die Österreicher übrigens eher als „Fasnachtfieber“. Es ist ein Synonym für „läufig“, „brünstig“, auch als „stierig“ bekannt (Quelle), wenn die Kuh zum Stier will. Kein Wunder, dass es diese spezialisierte Webseite mit einem Nachschlagewerk für die Fachsprache der Alp gibt. Hand aufs Herz: Wussten Sie zuvor, was ein „Alpstoss“, „Kuhstoss“ oder „Mesenstoss“ ist?

    Stoss:
    Futterbedarf eines Tieres während 100 Tagen Alpdauer; wird meist in Grossvieheinheiten angegeben (…)

    Oder dass die Liste der alpenden Tiere „Alpenrodel“ genannt wird? Wir hatten ja schon den Gantrotel (vgl. Blogwiese), allerdings mit „t“ und nicht mit „d“ geschrieben.
    Fräulein Rottenmeier:
    Das Fräulein Rottenmeier spricht kein Älpisch
    Wie fragte „das Heidi“ das Fräulein Rottenmeier, als sie zusammen nach Frankfurt fuhren: „Muss ich jetzt Hochdeutsch sprechen“? Es hätte das Heidi als Vertreterin der Älpler und Älplerinnen lieber das Fräulein Rottenmeier fragen sollen: „Verstehen Sie Alpisch?“