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Zähneputzen auf dem Herrenklo

Woran erkennt Mann definitiv, dass er in der Schweiz arbeitet?
Richtig: An den zähneputzenden Männern auf dem Herrenklo in der Mittagspause!

Zähneputzen lohnt sich in der Schweiz

In der Schweiz werden die Zahnarztkosten nicht von der Krankenkasse bezahlt, sondern jeder muss selbst dafür aufkommen. Dadurch ist der Krankenversicherungbeitrag im Vergleich zu Deutschland sensationell niedrig.

Ein Rechenbeispiel: Als wir von Deutschland vor 5 Jahren fortgezogen sind, bezahlte ich für die Familie ca. 1.000 CHF (damals 1.200 DM) an Beiträgen, hier in der Schweiz komme ich auf knapp die Hälfte. Das liegt an einer Selbstbeteiligung, die in der Schweiz ausgerechnet Franchise genannt wird, was ganz und gar nichts mit dem gleichnamigen Geschäftsmodell des Konzessionskaufs zu tun hat. Sie ist wählbar, und je grösser, desto niedriger die Beiträge. Bei mir sind es 2.000 CHF im Jahr. Bis zu diesem Betrag zahle ich meine Arztrechnungen selbst, erst danach erstattet die Krankenkasse. Das gilt natürlich nicht für Kinder, bei denen wird grundsätzlich 90% der Kosten ganz ohne Franchise erstattet, und sogar eine Zahnversicherung ist möglich, wenn man sie nur frühzeitig abschliesst, bevor eventuelle Kieferorthophädierechnungen für Zahnspangen etc. anfallen. Für Unfallkosten gibt es eine eigene zusätzliche Pflichtversicherung.

Aber vor allem ist der Beitragsatz so niedrig, weil man hier den Zahnarzt selbst bezahlt. So ähnlich wie den Tierarzt für den Hund in Deutschland. Für beides gibt es keine oder keine bezahlbare Versicherung.

Wer für seine Zähne selbst bezahlt, weiss sehr schnell, was einmal Karies reparieren so kostet, und kommt dann auch gleich ganz schnell auf den Trichter, wie man diese Kosten enorm senken kann: Durch regelmässige Zahnpflege nach den Mahlzeiten, auch am Arbeitsplatz!

Darüber hinaus gibt es in der Schweiz einen Berufsstand, den man in Deutschland kaum kennt: Die Dentalhygieniker.

Dentalhygieniker bei der Arbeit

Das sind meistens Fachfrauen fürs Zahnstein-Entfernen und Polieren der Zähne. Billiger als ein studierter Zahnarzt, und sicherlich besser ausgebildet als eine Sprechstundenhilfe, die sonst diesen Job leider nur recht leidlich in Deutschland macht. Warum auch gründlich arbeiten, man will sich doch seine Kundschaft noch erhalten, wenn man direkt für den Zahnarzt arbeiten.

In der Schweiz ist das aufgabenmässig getrennt voneinander, wenn auch viele Dentalhygieniker die Praxisräume eines Zahnarztes nutzen.

Stichwort Zahnarzt: Dort muss man sich einiges bieten lassen, so z. B. „aufgeboten“ zu werden. Das Aufgebot hat aber nicht zu bedeuten, dass man hier heiratet und sein Aufgebot bestellt oder in die Schlacht zieht, als letztes Aufgebot. Aufgeboten zu werden heisst lediglich: „Wir rufen Sie wieder an, wenn sie kommen sollen“. Daher die Frage am Ende des Zahnarztbesuchs: „Sollen wir Sie wieder aufbieten„? Also lasst euch das einfach bieten, es tut nicht weh, aufgeboten zu werden.



23 Responses to “Zähneputzen auf dem Herrenklo”

  1. Gaby Libanon Says:

    Oh doch, und wie das weh tut! Mindestens dem Portemonnaie. Und: Wir Schweizer stöhnen ob der Krankenkassenprämien und da kommt einer von außen und sagt, das sei billig… Jaja, alles eine Frage der Perspektive.

  2. Sandra Says:

    a propos krankenkasse und so… es gibt ja jetzt die möglichkeit, sein tier krankenversichern zu lassen…

  3. quassel Says:

    he! wie komme ich hierhin?????

  4. Joe B. Says:

    Die meisten zahnärztlichen Behandlungen sind wegen Vernachlässigung und weniger wegen Erkrankung nötig.

    Ob wir eine Vernachlässigungs-Versicherung gründen sollten?

    Besser die Zähne am Klo-Lavabo (Spültisch) zu reinigen als am Trinkwasser-Automaten im Büro.

  5. Helena Says:

    Ich sehe irgendwie nicht ein, warum ich Mittags meine Zähne NICHT putzen soll. Sollte doch egal sein, ob die Krankenkasse für Zahnarztkosten aufkommt oder nicht, mir sind meine Zähne wichtig. Sollte das nicht normal sein? Ist doch irgendwie „gruusig“, nach dem Essen – gerade nach dem üppigen Mittagsmahl – die Zähne nicht zu reinigen?!

  6. Bruno Says:

    Es ist falsch zu behaupten Franchise nichts mit dem Geschäftmodell zu tun hat. Bitte den Verweis auf Wikipedia richtig lesen. Zudem wurde der Beitrag in Wikipedia von einem nichtFranzosen erstellt. Im weiteren wird Franchise immer mehr ersetzt durch Selbstbehalt. in 20 Jahren ist es verschwunden.

  7. predo Says:

    @Bruno
    Also zwischen Franchise und Selbstbehalt machen wir in der Apotheke doch einen Unterschied. Die Franchise ist derjenige Betrag, den man pro Jahr selber ausgeben muss, bevor die Krankenkasse zum Zug kommt. Der Selbstbehalt ist der Prozentanteil jeder Rechnung, der selbst nach dem Erreichen der Franchise noch selber zu bezahlen ist (etwas pauschal gesagt 10%).

  8. micusuisse Says:

    ich habe über zehn Jahre in der BRD gewohnt und gehöre mittlerweile auch zum Club der „Zähneputzer vom Herrenklo“. (Wow, das tönt ja besser als die „Sennerin vom Wörthersee“). Naja, irgendwie muss man ja der Kosteninflation im Alltag entgegenarbeiten, denn mit einer kompletten Kauleiste lächelt es sich netter als mit einem „abebrönntem Walliserdörfli“!!

  9. Sylvie Says:

    Als letzte Tat in Deutschland habe ich kurz vorm Auswandern in die Schweiz eine Zahnzusatzversicherung abgeschlossen. Die kostet mich zwar 120,- Euro monatlich, lohnt sich aber erheblich, da ich alle Schweizer Zahnarzt- und Dentalhygienekosten zu 100% rückerstattet bekomme.
    Vorraussetzung ist ein Konto in Deutschland.
    Wer Interesse hat:
    Bayerische Beamtenversicherung (BBV)
    Thomas-Dehler-Str. 25
    81732 München

  10. Urs von T. Says:

    herrlich diese texte und lehrreich.alles sehr witzig.ich glaube aber, dass der schweizer eher vom WC spricht ,wenn er das schiisii meint, als vom Klo.
    in überigen bin ich der meinung,dass dieses höchstallemannisch (schweizerdeutsch) viel urspunglicher und genauer ist als unsere hochdeutsch
    beispiel;d=weinberg-wein gibt es dort nicht
    ch;=rebberg-dort wachsen reben!

  11. ton Says:

    …aber Weintrauben wachsen dort..;-)

  12. Phipu Says:

    an Urs von T. und Ton
    … und wenn die Weintrauben mal getrocknet sind, sind das nicht etwa mit der Ursprungsfrucht zusammenhangslose „Rosinen“, sondern „Wiibeeri“ (Weinbeeren).

  13. Nicole Says:

    was kostet eigentlich so eine zahnsteinentfernung beim dentalhygieniker?
    hab das sonst immer in deutschland machen lassen.

  14. Olav Says:

    gemäss den Fallbeispielen auf http://www.healthy.ch.vu von in der Schweiz Krankenversicherten kann es einem in der CH angst werden

  15. Reiner Says:

    Und wie sprechen die Schweizer jetzt das Wort „Franchise“ aus? Auf die englische Art? Oder doch eher Französisch? Oder gibt es eine ulkige Schweizerdeutsche Fassung?

    Und wie verhalten sich die Schweizer Zähneputzer zu den wissenschaftlichen Erkenntnissen, dass das Putzen der Zähne direkt nach einer Mahlzeit den Zähnen manchmal mehr schadet als nützt? Nach dem Genuss saurer Speisen und Getränke z.B.? http://www.dental-world.de/news_faqs/news_fr.htm

  16. nath Says:

    Wir benutzen das „landeseigenen“ Französisch um das Wort „Franchise“ auszusprechen…. das ergibt dann sowas wie „Fronschiis“ (die alles mit zugehaltener Nase „gesäuselt“!)
    Und die Sache mit dem Nutzen und Schaden, wenn man die Zähne sofort nach dem Essen putzt, hat sich bereits rumgesprochen…aber du weisst, manches braucht in der Schweiz etwas länger!

  17. Christian Says:

    Beim besten Willen lässt sich kein Zusammenhang zwischen dem Geschäftsmodell und dessen Bedeutung in der Schweiz herstellen. Das Wort ist franz. Ursprungs und bedeutet Abgabe bzw. Selbstbeteiligung. Allerdings vom Ursprung des Wortes lässt sich nicht auf das Geschäftsmodell schließen.

  18. Ginanovella Says:

    Vielleicht müsste man aber auch mal zusammenrechnen was das Zähneputzen kostet (Zeit arbeit + Bürste + Zahnpasta +Wasser)X3 X 365 Tage) und mit Karies kämen wir nun doch billliger weg?.. ich meine bis der Zahl rausfault dauerts doch einige Jahre:-) *Grusel:-)*.. Übrigens.. das gleiche Putzprozedere findet auch auf dem Frauenklo statt;-)

  19. Felix Says:

    Auch ich habe in meiner Schweizer Krankenkasse CONCORDIA eine Zusatzversicherung für Zahnarztkosten.
    Für Fr. 43.50 pro Monat mit einem Selbstbehalt von 25% und einem Maximalbeitrag von Fr. 1500.- pro Kalenderjahr.
    Auch dies hat sich gelohnt!

  20. Heidi Says:

    Klar putzen die Deutschen die Zähne nach dem Mittagessen auch!

    Hoffe ich doch!?!

    Wenn nicht, könnte dies der Grund sein, warum Deutsche Andern die Türe nicht aufhalten:

    Angst, dass der eigene Mundgeruch entdeckt wird!

    …immer diese Ausländer….;-)

  21. Ute Says:

    Ja, die Frauen putzen ja auch ständig ihre Zähne.
    Aber ganz besonders erstaunlich finde ich, daß in der Schweiz die Männer nach dem Essen im Mitarbeiterrestaurant ( bei uns wäre das wohl eine Kantine) anfangen sich in mit einem Zahnstocher in den Zähnen herumzupuhlen – das ist doch obereklig, ODER?

    [Anmerkung Admin: Das kann man noch steigern http://www.blogwiese.ch/archives/292 ]

  22. Swissmike Says:

    Ich putze nie; ich liebe den säuerlichen Geschmack bei mir und den anderen Kollegen ;-))

  23. Eva Says:

    Ich fand den Artikel recht gut. Vor allem, weil auf die Prophylaxe verwiesen wird, was sehr wichtig ist. Wenn man öfters eine professionelle Mundreinigung machen lässt, muss man nicht teuere Zahnbehandlungen danach bezahlen. Das Team um meinen Zahnarzt in Zürich (http://www.zahnarzt-team-zuerich.ch/) hat mich sofort darauf hingewiesen.